Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierter Abschnitt.
man ein kleines Stückchen Aluminium zusetzt. Offenbar erfolgt hierdurch eine plötz-
liche Gasausscheidung. Das Aluminium verbindet sich mit dem freien Sauerstoff
und zerstört nebenbei die Sauerstoffverbindungen des Kohlenstoffes. Bei diesem
Vorgange wird zugleich die Ausscheidung des Wasserstoffes beschleunigt. Auch durch
Zusatz von Silicium erreicht man diese Wirkung. Da, wie hervorgehoben, die
stärksten Saigerungen bei sehr heißen Chargen und sehr dünnflüssigem Material
vorkommen, so müssen bei normaler Charge oder einer Charge mit "kaltem Gange"
die Saigerungen sich über einen größeren Raum verbreiten, wobei der Kern ein
dichteres Gefüge annimmt und die Sauerstoffverbindungen sich ringförmig um
denselben anlegen.

[Abbildung] Fig. 72.

Aetzprobe einer normalen Flußeisencharge.

Die hier stehenden Abbildungen
(Fig.71 bis Fig. 73) sind Reproduktionen
nach Aetzproben, welche A. Kühfus
ausgeführt hat und die das Vorgebrachte
in sehr anschaulicher Weise erläutern.

Für größere Güsse benützt man mit
Vorliebe die Cupolöfen. Dieselben
sind außen von Eisenplatten oder Ringen
bekleidet, innen tragen sie ein Futter
von Chamotteziegel und Chamottemörtel.
Der zur Anwendung kommende Wind
(Gebläseluft) ist nur mäßig gepreßt und
selten erhitzt. Unterhalb des zur Ver-
brennung der Kohlen dienenden Gestells
befindet sich ein Herdraum zur Aufnahme
des geschmolzenen Metalls. Mitunter ist
ein Vorherd angebaut, in welchem sich
eine größere Menge Metall ansammeln kann, doch muß dann ein Theil der Flamme
durchgeleitet werden, um das Metall warm zu erhalten. Man füllt den Ofen mit
Kohlen, entzündet diese und wärmt den Ofen bei langsamem Gebläsewechsel an, worauf
er schichtenweise mit Brennstoff und dem hinreichend zertheilten Roheisen besetzt wird.

Der ganze Bau wird auf eine gemauerte Unterlage oder auch auf einen Trag-
ring und Tragsäulen hochgestellt, um Gießlöffel oder Gießpfannen bequem unter
das Stichloch des Herdes bringen zu können. Letzteres ist mit einem Lehmpfropfen
geschlossen, der mittelst einer spitzen Eisenstange geöffnet wird, sobald man Guß-
metall braucht. Beim Säulenunterbau ist die Sohle des Ofens mitunter durch eine
in Charnieren bewegliche Platte gebildet, die nach Beendigung der Arbeit herunter-
gelassen wird, um Schlacke und Kohle herauszuziehen. Da besonders der Bodentheil
des Ofens stark leidet, macht man denselben beweglich, schließt den Schacht durch
einen Tragring ab und kann den Boden dann nach Beendigung des Schmelzens
leicht durch einen unterdessen reparirten Wechseltheil ersetzen.

Vierter Abſchnitt.
man ein kleines Stückchen Aluminium zuſetzt. Offenbar erfolgt hierdurch eine plötz-
liche Gasausſcheidung. Das Aluminium verbindet ſich mit dem freien Sauerſtoff
und zerſtört nebenbei die Sauerſtoffverbindungen des Kohlenſtoffes. Bei dieſem
Vorgange wird zugleich die Ausſcheidung des Waſſerſtoffes beſchleunigt. Auch durch
Zuſatz von Silicium erreicht man dieſe Wirkung. Da, wie hervorgehoben, die
ſtärkſten Saigerungen bei ſehr heißen Chargen und ſehr dünnflüſſigem Material
vorkommen, ſo müſſen bei normaler Charge oder einer Charge mit »kaltem Gange«
die Saigerungen ſich über einen größeren Raum verbreiten, wobei der Kern ein
dichteres Gefüge annimmt und die Sauerſtoffverbindungen ſich ringförmig um
denſelben anlegen.

[Abbildung] Fig. 72.

Aetzprobe einer normalen Flußeiſencharge.

Die hier ſtehenden Abbildungen
(Fig.71 bis Fig. 73) ſind Reproduktionen
nach Aetzproben, welche A. Kühfus
ausgeführt hat und die das Vorgebrachte
in ſehr anſchaulicher Weiſe erläutern.

Für größere Güſſe benützt man mit
Vorliebe die Cupolöfen. Dieſelben
ſind außen von Eiſenplatten oder Ringen
bekleidet, innen tragen ſie ein Futter
von Chamotteziegel und Chamottemörtel.
Der zur Anwendung kommende Wind
(Gebläſeluft) iſt nur mäßig gepreßt und
ſelten erhitzt. Unterhalb des zur Ver-
brennung der Kohlen dienenden Geſtells
befindet ſich ein Herdraum zur Aufnahme
des geſchmolzenen Metalls. Mitunter iſt
ein Vorherd angebaut, in welchem ſich
eine größere Menge Metall anſammeln kann, doch muß dann ein Theil der Flamme
durchgeleitet werden, um das Metall warm zu erhalten. Man füllt den Ofen mit
Kohlen, entzündet dieſe und wärmt den Ofen bei langſamem Gebläſewechſel an, worauf
er ſchichtenweiſe mit Brennſtoff und dem hinreichend zertheilten Roheiſen beſetzt wird.

Der ganze Bau wird auf eine gemauerte Unterlage oder auch auf einen Trag-
ring und Tragſäulen hochgeſtellt, um Gießlöffel oder Gießpfannen bequem unter
das Stichloch des Herdes bringen zu können. Letzteres iſt mit einem Lehmpfropfen
geſchloſſen, der mittelſt einer ſpitzen Eiſenſtange geöffnet wird, ſobald man Guß-
metall braucht. Beim Säulenunterbau iſt die Sohle des Ofens mitunter durch eine
in Charnieren bewegliche Platte gebildet, die nach Beendigung der Arbeit herunter-
gelaſſen wird, um Schlacke und Kohle herauszuziehen. Da beſonders der Bodentheil
des Ofens ſtark leidet, macht man denſelben beweglich, ſchließt den Schacht durch
einen Tragring ab und kann den Boden dann nach Beendigung des Schmelzens
leicht durch einen unterdeſſen reparirten Wechſeltheil erſetzen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0112" n="90"/><fw place="top" type="header">Vierter Ab&#x017F;chnitt.</fw><lb/>
man ein kleines Stückchen Aluminium zu&#x017F;etzt. Offenbar erfolgt hierdurch eine plötz-<lb/>
liche Gasaus&#x017F;cheidung. Das Aluminium verbindet &#x017F;ich mit dem freien Sauer&#x017F;toff<lb/>
und zer&#x017F;tört nebenbei die Sauer&#x017F;toffverbindungen des Kohlen&#x017F;toffes. Bei die&#x017F;em<lb/>
Vorgange wird zugleich die Aus&#x017F;cheidung des Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffes be&#x017F;chleunigt. Auch durch<lb/>
Zu&#x017F;atz von Silicium erreicht man die&#x017F;e Wirkung. Da, wie hervorgehoben, die<lb/>
&#x017F;tärk&#x017F;ten Saigerungen bei &#x017F;ehr heißen Chargen und &#x017F;ehr dünnflü&#x017F;&#x017F;igem Material<lb/>
vorkommen, &#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;en bei normaler Charge oder einer Charge mit »kaltem Gange«<lb/>
die Saigerungen &#x017F;ich über einen größeren Raum verbreiten, wobei der Kern ein<lb/>
dichteres Gefüge annimmt und die Sauer&#x017F;toffverbindungen &#x017F;ich ringförmig um<lb/>
den&#x017F;elben anlegen.</p><lb/>
              <figure>
                <head>Fig. 72.</head>
                <p> Aetzprobe einer normalen Flußei&#x017F;encharge.</p>
              </figure>
              <p>Die hier &#x017F;tehenden Abbildungen<lb/>
(Fig.71 bis Fig. 73) &#x017F;ind Reproduktionen<lb/>
nach Aetzproben, welche A. <hi rendition="#g">Kühfus</hi><lb/>
ausgeführt hat und die das Vorgebrachte<lb/>
in &#x017F;ehr an&#x017F;chaulicher Wei&#x017F;e erläutern.</p><lb/>
              <p>Für größere Gü&#x017F;&#x017F;e benützt man mit<lb/>
Vorliebe die <hi rendition="#g">Cupolöfen</hi>. Die&#x017F;elben<lb/>
&#x017F;ind außen von Ei&#x017F;enplatten oder Ringen<lb/>
bekleidet, innen tragen &#x017F;ie ein Futter<lb/>
von Chamotteziegel und Chamottemörtel.<lb/>
Der zur Anwendung kommende Wind<lb/>
(Geblä&#x017F;eluft) i&#x017F;t nur mäßig gepreßt und<lb/>
&#x017F;elten erhitzt. Unterhalb des zur Ver-<lb/>
brennung der Kohlen dienenden Ge&#x017F;tells<lb/>
befindet &#x017F;ich ein Herdraum zur Aufnahme<lb/>
des ge&#x017F;chmolzenen Metalls. Mitunter i&#x017F;t<lb/>
ein Vorherd angebaut, in welchem &#x017F;ich<lb/>
eine größere Menge Metall an&#x017F;ammeln kann, doch muß dann ein Theil der Flamme<lb/>
durchgeleitet werden, um das Metall warm zu erhalten. Man füllt den Ofen mit<lb/>
Kohlen, entzündet die&#x017F;e und wärmt den Ofen bei lang&#x017F;amem Geblä&#x017F;ewech&#x017F;el an, worauf<lb/>
er &#x017F;chichtenwei&#x017F;e mit Brenn&#x017F;toff und dem hinreichend zertheilten Rohei&#x017F;en be&#x017F;etzt wird.</p><lb/>
              <p>Der ganze Bau wird auf eine gemauerte Unterlage oder auch auf einen Trag-<lb/>
ring und Trag&#x017F;äulen hochge&#x017F;tellt, um Gießlöffel oder Gießpfannen bequem unter<lb/>
das Stichloch des Herdes bringen zu können. Letzteres i&#x017F;t mit einem Lehmpfropfen<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, der mittel&#x017F;t einer &#x017F;pitzen Ei&#x017F;en&#x017F;tange geöffnet wird, &#x017F;obald man Guß-<lb/>
metall braucht. Beim Säulenunterbau i&#x017F;t die Sohle des Ofens mitunter durch eine<lb/>
in Charnieren bewegliche Platte gebildet, die nach Beendigung der Arbeit herunter-<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en wird, um Schlacke und Kohle herauszuziehen. Da be&#x017F;onders der Bodentheil<lb/>
des Ofens &#x017F;tark leidet, macht man den&#x017F;elben beweglich, &#x017F;chließt den Schacht durch<lb/>
einen Tragring ab und kann den Boden dann nach Beendigung des Schmelzens<lb/>
leicht durch einen unterde&#x017F;&#x017F;en reparirten Wech&#x017F;eltheil er&#x017F;etzen.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0112] Vierter Abſchnitt. man ein kleines Stückchen Aluminium zuſetzt. Offenbar erfolgt hierdurch eine plötz- liche Gasausſcheidung. Das Aluminium verbindet ſich mit dem freien Sauerſtoff und zerſtört nebenbei die Sauerſtoffverbindungen des Kohlenſtoffes. Bei dieſem Vorgange wird zugleich die Ausſcheidung des Waſſerſtoffes beſchleunigt. Auch durch Zuſatz von Silicium erreicht man dieſe Wirkung. Da, wie hervorgehoben, die ſtärkſten Saigerungen bei ſehr heißen Chargen und ſehr dünnflüſſigem Material vorkommen, ſo müſſen bei normaler Charge oder einer Charge mit »kaltem Gange« die Saigerungen ſich über einen größeren Raum verbreiten, wobei der Kern ein dichteres Gefüge annimmt und die Sauerſtoffverbindungen ſich ringförmig um denſelben anlegen. [Abbildung Fig. 72. Aetzprobe einer normalen Flußeiſencharge.] Die hier ſtehenden Abbildungen (Fig.71 bis Fig. 73) ſind Reproduktionen nach Aetzproben, welche A. Kühfus ausgeführt hat und die das Vorgebrachte in ſehr anſchaulicher Weiſe erläutern. Für größere Güſſe benützt man mit Vorliebe die Cupolöfen. Dieſelben ſind außen von Eiſenplatten oder Ringen bekleidet, innen tragen ſie ein Futter von Chamotteziegel und Chamottemörtel. Der zur Anwendung kommende Wind (Gebläſeluft) iſt nur mäßig gepreßt und ſelten erhitzt. Unterhalb des zur Ver- brennung der Kohlen dienenden Geſtells befindet ſich ein Herdraum zur Aufnahme des geſchmolzenen Metalls. Mitunter iſt ein Vorherd angebaut, in welchem ſich eine größere Menge Metall anſammeln kann, doch muß dann ein Theil der Flamme durchgeleitet werden, um das Metall warm zu erhalten. Man füllt den Ofen mit Kohlen, entzündet dieſe und wärmt den Ofen bei langſamem Gebläſewechſel an, worauf er ſchichtenweiſe mit Brennſtoff und dem hinreichend zertheilten Roheiſen beſetzt wird. Der ganze Bau wird auf eine gemauerte Unterlage oder auch auf einen Trag- ring und Tragſäulen hochgeſtellt, um Gießlöffel oder Gießpfannen bequem unter das Stichloch des Herdes bringen zu können. Letzteres iſt mit einem Lehmpfropfen geſchloſſen, der mittelſt einer ſpitzen Eiſenſtange geöffnet wird, ſobald man Guß- metall braucht. Beim Säulenunterbau iſt die Sohle des Ofens mitunter durch eine in Charnieren bewegliche Platte gebildet, die nach Beendigung der Arbeit herunter- gelaſſen wird, um Schlacke und Kohle herauszuziehen. Da beſonders der Bodentheil des Ofens ſtark leidet, macht man denſelben beweglich, ſchließt den Schacht durch einen Tragring ab und kann den Boden dann nach Beendigung des Schmelzens leicht durch einen unterdeſſen reparirten Wechſeltheil erſetzen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/112
Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/112>, abgerufen am 05.05.2024.