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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei.
Fischzucht zur weiteren Pflege übergeben, und die erste hat ihr Ende
erreicht, sobald das Aussetzen der erbrüteten Fische, sei es nun in Auf-
zuchtgräben, Teiche, Bäche oder in Flüsse erfolgt ist.

Das Hauptobjekt der künstlichen Fischzucht bilden die Salmo-
niden,
während die natürliche Fischzucht ihren Schwerpunkt in der
Teichwirtschaft hat und in erster Linie die Karpfen, dann aber
auch verschiedene Salmoniden, ferner Zander, Schleie und noch einige
andere Fische züchtet.

Die künstliche Fischzucht ist zwar sehr alt, hat aber erst grössere
Verbreitung erlangt, seit die französische Regierung auf Anregung des
Embryologen Coste im Jahre 1848 die Errichtung einer grösseren Brut-
anstalt in Hüningen im Elsass anordnete; diese ist seit 1871 in das Eigen-
tum des deutschen Reiches übergegangen und wird von diesem weiter
bewirtschaftet. 1)

Seit 1850 hat die künstliche Fischzucht einen bedeutenden Auf-
schwung genommen 2); deren vollständige Entwickelung auf den heutigen
Stand ist ebenso der Thätigkeit der Fischereivereine und den Be-
mühungen mancher hervorragender Gelehrten und Fischzüchter, als
der ausgiebigen Unterstützung von seiten des Staates zu danken. In
Deutschland erfreut sich die künstliche Fischzucht in neuerer Zeit
einer besonderen Pflege von seiten der Staatsforstverwaltungen, in
deren Besitze sich ein grosser Teil der hierfür geeigneten Gewässer befindet.

Die künstliche Fischzucht hat bereits grosse und volkswirtschaftlich
höchst wichtige Erfolge aufzuweisen. Durch sie ist es erreicht worden,
dass die Forelle, welche aus den meisten Gewässern fast vollständig
verschwunden war, nunmehr wieder in immer zunehmendem Masse
sich findet.

Sehr hoch anzuschlagen ist aber auch die Einführung neuer wert-
voller Fischarten durch den internationalen Austausch künstlich befruch-
teter Fischeier. So sind amerikanische Fischarten (Regenbogenforelle
und Bachsaibling, Binnenseelachs, Schwarzbarsch u. a.) in Europa,
Forellen und Karpfen in Amerika eingeführt worden, norddeutsche
Coregonenarten gelangten in die süddeutschen Seen, der Schill aus dem
Donau- in das Rheingebiet; die norddeutschen Ströme sind mit Eiern
von Rheinlachsen wiederbevölkert worden. Namentlich bei den Lachsen
ist die künstliche Fischzucht von besonderer Bedeutung, weil dieselben
bei ihrer Wanderung weggefangen werden, bevor sie ihren Laich ab-
gesetzt haben, und so eine allmähliche Verarmung des betreffenden
Wasserlaufes zu befürchten wäre.


1) Von seiten des deutschen Reiches wird für die Fischbrutanstalt in Hüningen
ein jährlicher Zuschuss von 25000 M. gegeben.
2) In den Vereinigten Staaten wurden beispielsweise im Jahre 1889 aus 19 Brut-
anstalten 333 Millionen Fische und Eier verteilt.

1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei.
Fischzucht zur weiteren Pflege übergeben, und die erste hat ihr Ende
erreicht, sobald das Aussetzen der erbrüteten Fische, sei es nun in Auf-
zuchtgräben, Teiche, Bäche oder in Flüsse erfolgt ist.

Das Hauptobjekt der künstlichen Fischzucht bilden die Salmo-
niden,
während die natürliche Fischzucht ihren Schwerpunkt in der
Teichwirtschaft hat und in erster Linie die Karpfen, dann aber
auch verschiedene Salmoniden, ferner Zander, Schleie und noch einige
andere Fische züchtet.

Die künstliche Fischzucht ist zwar sehr alt, hat aber erst gröſsere
Verbreitung erlangt, seit die französische Regierung auf Anregung des
Embryologen Coste im Jahre 1848 die Errichtung einer gröſseren Brut-
anstalt in Hüningen im Elsaſs anordnete; diese ist seit 1871 in das Eigen-
tum des deutschen Reiches übergegangen und wird von diesem weiter
bewirtschaftet. 1)

Seit 1850 hat die künstliche Fischzucht einen bedeutenden Auf-
schwung genommen 2); deren vollständige Entwickelung auf den heutigen
Stand ist ebenso der Thätigkeit der Fischereivereine und den Be-
mühungen mancher hervorragender Gelehrten und Fischzüchter, als
der ausgiebigen Unterstützung von seiten des Staates zu danken. In
Deutschland erfreut sich die künstliche Fischzucht in neuerer Zeit
einer besonderen Pflege von seiten der Staatsforstverwaltungen, in
deren Besitze sich ein groſser Teil der hierfür geeigneten Gewässer befindet.

Die künstliche Fischzucht hat bereits groſse und volkswirtschaftlich
höchst wichtige Erfolge aufzuweisen. Durch sie ist es erreicht worden,
daſs die Forelle, welche aus den meisten Gewässern fast vollständig
verschwunden war, nunmehr wieder in immer zunehmendem Maſse
sich findet.

Sehr hoch anzuschlagen ist aber auch die Einführung neuer wert-
voller Fischarten durch den internationalen Austausch künstlich befruch-
teter Fischeier. So sind amerikanische Fischarten (Regenbogenforelle
und Bachsaibling, Binnenseelachs, Schwarzbarsch u. a.) in Europa,
Forellen und Karpfen in Amerika eingeführt worden, norddeutsche
Coregonenarten gelangten in die süddeutschen Seen, der Schill aus dem
Donau- in das Rheingebiet; die norddeutschen Ströme sind mit Eiern
von Rheinlachsen wiederbevölkert worden. Namentlich bei den Lachsen
ist die künstliche Fischzucht von besonderer Bedeutung, weil dieselben
bei ihrer Wanderung weggefangen werden, bevor sie ihren Laich ab-
gesetzt haben, und so eine allmähliche Verarmung des betreffenden
Wasserlaufes zu befürchten wäre.


1) Von seiten des deutschen Reiches wird für die Fischbrutanstalt in Hüningen
ein jährlicher Zuschuſs von 25000 M. gegeben.
2) In den Vereinigten Staaten wurden beispielsweise im Jahre 1889 aus 19 Brut-
anstalten 333 Millionen Fische und Eier verteilt.
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[343/0361] 1. Kapitel. Fischereirecht und Fischereipolizei. Fischzucht zur weiteren Pflege übergeben, und die erste hat ihr Ende erreicht, sobald das Aussetzen der erbrüteten Fische, sei es nun in Auf- zuchtgräben, Teiche, Bäche oder in Flüsse erfolgt ist. Das Hauptobjekt der künstlichen Fischzucht bilden die Salmo- niden, während die natürliche Fischzucht ihren Schwerpunkt in der Teichwirtschaft hat und in erster Linie die Karpfen, dann aber auch verschiedene Salmoniden, ferner Zander, Schleie und noch einige andere Fische züchtet. Die künstliche Fischzucht ist zwar sehr alt, hat aber erst gröſsere Verbreitung erlangt, seit die französische Regierung auf Anregung des Embryologen Coste im Jahre 1848 die Errichtung einer gröſseren Brut- anstalt in Hüningen im Elsaſs anordnete; diese ist seit 1871 in das Eigen- tum des deutschen Reiches übergegangen und wird von diesem weiter bewirtschaftet. 1) Seit 1850 hat die künstliche Fischzucht einen bedeutenden Auf- schwung genommen 2); deren vollständige Entwickelung auf den heutigen Stand ist ebenso der Thätigkeit der Fischereivereine und den Be- mühungen mancher hervorragender Gelehrten und Fischzüchter, als der ausgiebigen Unterstützung von seiten des Staates zu danken. In Deutschland erfreut sich die künstliche Fischzucht in neuerer Zeit einer besonderen Pflege von seiten der Staatsforstverwaltungen, in deren Besitze sich ein groſser Teil der hierfür geeigneten Gewässer befindet. Die künstliche Fischzucht hat bereits groſse und volkswirtschaftlich höchst wichtige Erfolge aufzuweisen. Durch sie ist es erreicht worden, daſs die Forelle, welche aus den meisten Gewässern fast vollständig verschwunden war, nunmehr wieder in immer zunehmendem Maſse sich findet. Sehr hoch anzuschlagen ist aber auch die Einführung neuer wert- voller Fischarten durch den internationalen Austausch künstlich befruch- teter Fischeier. So sind amerikanische Fischarten (Regenbogenforelle und Bachsaibling, Binnenseelachs, Schwarzbarsch u. a.) in Europa, Forellen und Karpfen in Amerika eingeführt worden, norddeutsche Coregonenarten gelangten in die süddeutschen Seen, der Schill aus dem Donau- in das Rheingebiet; die norddeutschen Ströme sind mit Eiern von Rheinlachsen wiederbevölkert worden. Namentlich bei den Lachsen ist die künstliche Fischzucht von besonderer Bedeutung, weil dieselben bei ihrer Wanderung weggefangen werden, bevor sie ihren Laich ab- gesetzt haben, und so eine allmähliche Verarmung des betreffenden Wasserlaufes zu befürchten wäre. 1) Von seiten des deutschen Reiches wird für die Fischbrutanstalt in Hüningen ein jährlicher Zuschuſs von 25000 M. gegeben. 2) In den Vereinigten Staaten wurden beispielsweise im Jahre 1889 aus 19 Brut- anstalten 333 Millionen Fische und Eier verteilt.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/361>, abgerufen am 02.05.2024.