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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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1. Kapitel. Jagdrecht und Jagdpolizei.
bekommen, als infolge der Beseitigung des Jagdrechts auf fremdem
Grunde und Boden alle jene Grundeigentümer, deren Besitz die Minimal-
grösse eines selbständigen Jagdbezirkes erreicht, nunmehr das Jagd-
recht und damit die Möglichkeit erhalten haben, sich in ausgiebiger
und erfolgreicher Weise durch die Art und Weise der Jagdausübung
oder bei Verpachtung der Jagd durch entsprechende Bedingungen gegen
Wildschaden zu schützen.

Ein Ersatz des Wildschadens kommt daher nur für jene Grund-
eigentümer in Frage, welchen die Ausübung des ihnen formell zustehen-
den Jagdrechts auf ihrem Besitze versagt ist, also hauptsächlich für
die kleinen ländlichen Besitzer in den gemeinschaftlichen Jagdbezirken.

Der Anspruch auf Wildschadenersatz fehlt daher auch in allen
jenen Staaten, welche dem Grundbesitzer keine Beschränkung hinsicht-
lich der Ausübung des Jagdrechtes durch Forderung einer bestimmten
Minimalgrösse auferlegen. In Frankreich und Italien muss ein Er-
satz des Wildschadens nur geleistet werden, wenn ein Verschulden vor-
liegt nach den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuchs
über Schadenersatz.

Bezüglich der Besitzer der einem gemeinschaftlichen Jagdbezirke
angehörigen Grundstücke ist allgemein anerkannter Grundsatz, dass sie
gegen zu weitgehende Beschädigungen durch den Wildstand geschützt
werden sollen, allein es besteht zur Zeit weder bezüglich des Masses,
in welchem dieser Schutz gewährt werden soll, noch bezüglich der
hierbei anzuwendenden Mittel volle Übereinstimmung.

Aus früherer Zeit hat sich die Befugnis, bestimmte Hilfsmittel zum
Abschrecken und Vertreiben des Wildes anzuwenden, allgemein er-
halten. 1) Ebenso kann häufig die Behörde auf erhobene Beschwerde
des Besitzers von dem Jagdberechtigten Abminderung eines übermässigen
Wildstandes verlangen und, falls diesen Anordnungen nicht Folge ge-
leistet wird, unter Umständen dem Beschädigten innerhalb gewisser
Grenzen die Befugnis, sich selbst zu schützen, einräumen. 2)


1) Preussen, Jagdpolizeigesetz vom 7. III. 1850, § 21: Durch Klappern, auf-
gestellte Schreckbilder, sowie durch Zäune kann ein jeder das Wild von seinen Be-
sitzungen abhalten, auch wenn er auf diesen zur Ausübung des Jagdrechtes nicht
befugt ist. Zur Abwehr des Rot-, Dam- und Schwarzwildes kann er sich auch
kleiner oder gemeiner Haushunde bedienen.
2) Preussen, Jagdpolizeigesetz, § 23: Wenn die in der Nähe von Forsten
belegenen Grundstücke, welche Teile eines gemeinschaftlichen Jagdbezirkes bilden,
oder solche Waldenklaven, auf welchen die Jagdausübung dem Eigentümer des sie
umschliessenden Waldes überlassen ist, erheblichen Schäden durch das aus der
Forst austretende Wild ausgesetzt sind, so ist der Landrat befugt, auf Antrag der
beschädigten Grundbesitzer, nach vorhergegangener Prüfung des Bedürfnisses und
für die Dauer desselben den Jagdpächter selbst während der Schonzeit zum Abschusse
des Wildes aufzufordern. Schützt der Jagdpächter, dieser Aufforderung ungeachtet,
die beschädigten Grundstücke nicht genügend, so kann der Landrat den Grund-

1. Kapitel. Jagdrecht und Jagdpolizei.
bekommen, als infolge der Beseitigung des Jagdrechts auf fremdem
Grunde und Boden alle jene Grundeigentümer, deren Besitz die Minimal-
gröſse eines selbständigen Jagdbezirkes erreicht, nunmehr das Jagd-
recht und damit die Möglichkeit erhalten haben, sich in ausgiebiger
und erfolgreicher Weise durch die Art und Weise der Jagdausübung
oder bei Verpachtung der Jagd durch entsprechende Bedingungen gegen
Wildschaden zu schützen.

Ein Ersatz des Wildschadens kommt daher nur für jene Grund-
eigentümer in Frage, welchen die Ausübung des ihnen formell zustehen-
den Jagdrechts auf ihrem Besitze versagt ist, also hauptsächlich für
die kleinen ländlichen Besitzer in den gemeinschaftlichen Jagdbezirken.

Der Anspruch auf Wildschadenersatz fehlt daher auch in allen
jenen Staaten, welche dem Grundbesitzer keine Beschränkung hinsicht-
lich der Ausübung des Jagdrechtes durch Forderung einer bestimmten
Minimalgröſse auferlegen. In Frankreich und Italien muſs ein Er-
satz des Wildschadens nur geleistet werden, wenn ein Verschulden vor-
liegt nach den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuchs
über Schadenersatz.

Bezüglich der Besitzer der einem gemeinschaftlichen Jagdbezirke
angehörigen Grundstücke ist allgemein anerkannter Grundsatz, daſs sie
gegen zu weitgehende Beschädigungen durch den Wildstand geschützt
werden sollen, allein es besteht zur Zeit weder bezüglich des Maſses,
in welchem dieser Schutz gewährt werden soll, noch bezüglich der
hierbei anzuwendenden Mittel volle Übereinstimmung.

Aus früherer Zeit hat sich die Befugnis, bestimmte Hilfsmittel zum
Abschrecken und Vertreiben des Wildes anzuwenden, allgemein er-
halten. 1) Ebenso kann häufig die Behörde auf erhobene Beschwerde
des Besitzers von dem Jagdberechtigten Abminderung eines übermäſsigen
Wildstandes verlangen und, falls diesen Anordnungen nicht Folge ge-
leistet wird, unter Umständen dem Beschädigten innerhalb gewisser
Grenzen die Befugnis, sich selbst zu schützen, einräumen. 2)


1) Preuſsen, Jagdpolizeigesetz vom 7. III. 1850, § 21: Durch Klappern, auf-
gestellte Schreckbilder, sowie durch Zäune kann ein jeder das Wild von seinen Be-
sitzungen abhalten, auch wenn er auf diesen zur Ausübung des Jagdrechtes nicht
befugt ist. Zur Abwehr des Rot-, Dam- und Schwarzwildes kann er sich auch
kleiner oder gemeiner Haushunde bedienen.
2) Preuſsen, Jagdpolizeigesetz, § 23: Wenn die in der Nähe von Forsten
belegenen Grundstücke, welche Teile eines gemeinschaftlichen Jagdbezirkes bilden,
oder solche Waldenklaven, auf welchen die Jagdausübung dem Eigentümer des sie
umschlieſsenden Waldes überlassen ist, erheblichen Schäden durch das aus der
Forst austretende Wild ausgesetzt sind, so ist der Landrat befugt, auf Antrag der
beschädigten Grundbesitzer, nach vorhergegangener Prüfung des Bedürfnisses und
für die Dauer desselben den Jagdpächter selbst während der Schonzeit zum Abschusse
des Wildes aufzufordern. Schützt der Jagdpächter, dieser Aufforderung ungeachtet,
die beschädigten Grundstücke nicht genügend, so kann der Landrat den Grund-
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[316/0334] 1. Kapitel. Jagdrecht und Jagdpolizei. bekommen, als infolge der Beseitigung des Jagdrechts auf fremdem Grunde und Boden alle jene Grundeigentümer, deren Besitz die Minimal- gröſse eines selbständigen Jagdbezirkes erreicht, nunmehr das Jagd- recht und damit die Möglichkeit erhalten haben, sich in ausgiebiger und erfolgreicher Weise durch die Art und Weise der Jagdausübung oder bei Verpachtung der Jagd durch entsprechende Bedingungen gegen Wildschaden zu schützen. Ein Ersatz des Wildschadens kommt daher nur für jene Grund- eigentümer in Frage, welchen die Ausübung des ihnen formell zustehen- den Jagdrechts auf ihrem Besitze versagt ist, also hauptsächlich für die kleinen ländlichen Besitzer in den gemeinschaftlichen Jagdbezirken. Der Anspruch auf Wildschadenersatz fehlt daher auch in allen jenen Staaten, welche dem Grundbesitzer keine Beschränkung hinsicht- lich der Ausübung des Jagdrechtes durch Forderung einer bestimmten Minimalgröſse auferlegen. In Frankreich und Italien muſs ein Er- satz des Wildschadens nur geleistet werden, wenn ein Verschulden vor- liegt nach den allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuchs über Schadenersatz. Bezüglich der Besitzer der einem gemeinschaftlichen Jagdbezirke angehörigen Grundstücke ist allgemein anerkannter Grundsatz, daſs sie gegen zu weitgehende Beschädigungen durch den Wildstand geschützt werden sollen, allein es besteht zur Zeit weder bezüglich des Maſses, in welchem dieser Schutz gewährt werden soll, noch bezüglich der hierbei anzuwendenden Mittel volle Übereinstimmung. Aus früherer Zeit hat sich die Befugnis, bestimmte Hilfsmittel zum Abschrecken und Vertreiben des Wildes anzuwenden, allgemein er- halten. 1) Ebenso kann häufig die Behörde auf erhobene Beschwerde des Besitzers von dem Jagdberechtigten Abminderung eines übermäſsigen Wildstandes verlangen und, falls diesen Anordnungen nicht Folge ge- leistet wird, unter Umständen dem Beschädigten innerhalb gewisser Grenzen die Befugnis, sich selbst zu schützen, einräumen. 2) 1) Preuſsen, Jagdpolizeigesetz vom 7. III. 1850, § 21: Durch Klappern, auf- gestellte Schreckbilder, sowie durch Zäune kann ein jeder das Wild von seinen Be- sitzungen abhalten, auch wenn er auf diesen zur Ausübung des Jagdrechtes nicht befugt ist. Zur Abwehr des Rot-, Dam- und Schwarzwildes kann er sich auch kleiner oder gemeiner Haushunde bedienen. 2) Preuſsen, Jagdpolizeigesetz, § 23: Wenn die in der Nähe von Forsten belegenen Grundstücke, welche Teile eines gemeinschaftlichen Jagdbezirkes bilden, oder solche Waldenklaven, auf welchen die Jagdausübung dem Eigentümer des sie umschlieſsenden Waldes überlassen ist, erheblichen Schäden durch das aus der Forst austretende Wild ausgesetzt sind, so ist der Landrat befugt, auf Antrag der beschädigten Grundbesitzer, nach vorhergegangener Prüfung des Bedürfnisses und für die Dauer desselben den Jagdpächter selbst während der Schonzeit zum Abschusse des Wildes aufzufordern. Schützt der Jagdpächter, dieser Aufforderung ungeachtet, die beschädigten Grundstücke nicht genügend, so kann der Landrat den Grund-

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/334>, abgerufen am 27.11.2024.