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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840.

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Mahle schirrte man die schönsten Rosse vor den Wagen,
der den jungen Gastfreund nach Sparta bringen sollte.
Die Schaffnerin legte Brod, Wein und andere Speisen
hinein, und Telemach bestieg den Wagensitz. Neben ihn
setzte sich Pisistratus in den Sessel, faßte die Zügel und
schwang treibend die Geißel. Die Rosse flogen dahin;
bald lag die Stadt Pylos hinter ihnen und den ganzen
Tag ging es im Fluge fort, ohne daß die Thiere zu
ruhen begehrten.

Als die Sonne sich zum Untergang neigte und die
Pfade schattiger wurden, kamen sie nach der Stadt Pherä,
wo ein edler Griechenheld, Namens Diokles, der Sohn
des Orsilochus, hauste. Dieser nahm die reisenden Für¬
stensöhne gastlich auf und sie ruheten in seiner Burg die
Nacht über. Am andern Morgen fuhren sie weiter durch
üppiges Waizenfeld und endlich mit dem Abendschatten
kamen sie zu der großen, zwischen Bergen gelegenen Stadt
Lacedämon oder Sparta.


Telemach zu Sparta.

Freunde und Nachbarn umgaben den Fürsten Me¬
nelaus zu Sparta im Pallaste beim fröhlichen Schmause;
ein Sänger rührte die Harfe im dichten Gedränge; zwei
Gaukler machten lustige Sprünge im Kreise; der Beherr¬
scher des Landes feierte das doppelte Verlobungsfest
zweier Kinder, der lieblichen Hermione, Helena's Tochter,
die damals dem muthigen Sohne des Achilles, Neoptolemus,

Mahle ſchirrte man die ſchönſten Roſſe vor den Wagen,
der den jungen Gaſtfreund nach Sparta bringen ſollte.
Die Schaffnerin legte Brod, Wein und andere Speiſen
hinein, und Telemach beſtieg den Wagenſitz. Neben ihn
ſetzte ſich Piſiſtratus in den Seſſel, faßte die Zügel und
ſchwang treibend die Geißel. Die Roſſe flogen dahin;
bald lag die Stadt Pylos hinter ihnen und den ganzen
Tag ging es im Fluge fort, ohne daß die Thiere zu
ruhen begehrten.

Als die Sonne ſich zum Untergang neigte und die
Pfade ſchattiger wurden, kamen ſie nach der Stadt Pherä,
wo ein edler Griechenheld, Namens Diokles, der Sohn
des Orſilochus, hauste. Dieſer nahm die reiſenden Für¬
ſtenſöhne gaſtlich auf und ſie ruheten in ſeiner Burg die
Nacht über. Am andern Morgen fuhren ſie weiter durch
üppiges Waizenfeld und endlich mit dem Abendſchatten
kamen ſie zu der großen, zwiſchen Bergen gelegenen Stadt
Lacedämon oder Sparta.


Telemach zu Sparta.

Freunde und Nachbarn umgaben den Fürſten Me¬
nelaus zu Sparta im Pallaſte beim fröhlichen Schmauſe;
ein Sänger rührte die Harfe im dichten Gedränge; zwei
Gaukler machten luſtige Sprünge im Kreiſe; der Beherr¬
ſcher des Landes feierte das doppelte Verlobungsfeſt
zweier Kinder, der lieblichen Hermione, Helena's Tochter,
die damals dem muthigen Sohne des Achilles, Neoptolemus,

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[86/0108] Mahle ſchirrte man die ſchönſten Roſſe vor den Wagen, der den jungen Gaſtfreund nach Sparta bringen ſollte. Die Schaffnerin legte Brod, Wein und andere Speiſen hinein, und Telemach beſtieg den Wagenſitz. Neben ihn ſetzte ſich Piſiſtratus in den Seſſel, faßte die Zügel und ſchwang treibend die Geißel. Die Roſſe flogen dahin; bald lag die Stadt Pylos hinter ihnen und den ganzen Tag ging es im Fluge fort, ohne daß die Thiere zu ruhen begehrten. Als die Sonne ſich zum Untergang neigte und die Pfade ſchattiger wurden, kamen ſie nach der Stadt Pherä, wo ein edler Griechenheld, Namens Diokles, der Sohn des Orſilochus, hauste. Dieſer nahm die reiſenden Für¬ ſtenſöhne gaſtlich auf und ſie ruheten in ſeiner Burg die Nacht über. Am andern Morgen fuhren ſie weiter durch üppiges Waizenfeld und endlich mit dem Abendſchatten kamen ſie zu der großen, zwiſchen Bergen gelegenen Stadt Lacedämon oder Sparta. Telemach zu Sparta. Freunde und Nachbarn umgaben den Fürſten Me¬ nelaus zu Sparta im Pallaſte beim fröhlichen Schmauſe; ein Sänger rührte die Harfe im dichten Gedränge; zwei Gaukler machten luſtige Sprünge im Kreiſe; der Beherr¬ ſcher des Landes feierte das doppelte Verlobungsfeſt zweier Kinder, der lieblichen Hermione, Helena's Tochter, die damals dem muthigen Sohne des Achilles, Neoptolemus,

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/108>, abgerufen am 25.11.2024.