Das weitere Loos des Königes Laomedon und seiner Tochter Hesione ist schon von uns berichtet worden*). Ihm folgte sein Sohn Priamus in der Regierung. Dieser vermählte sich in zweiter Ehe mit Hekuba oder Hekabe, der Tochter des phrygischen Königes Drymas. Ihr erster Sohn war Hektor. Als aber die Geburt ihres zweiten Kindes herannahete, da schaute Hekuba in einer dunkeln Nacht im Traume ein entsetzliches Gesicht. Ihr war, als gebäre sie einen Fackelbrand, der die ganze Stadt Troja in Flammen setze und zu Asche verbrenne. Erschrocken meldete sie diesen Traum ihrem Gemahle Priamus. Der ließ seinen Sohn aus erster Ehe, Aesakus mit Namen, kom¬ men, welcher ein Wahrsager war, und von seinem mütterlichen Großvater Merops die Kunst Träume zu deuten erlernt hatte. Aesakus erklärte, seine Stiefmutter Hekuba werde einen Sohn gebären, der seiner Vaterstadt zum Verderben gerei¬ chen müsse. Er rieth daher, das Kind, das sie erwartete, auszusetzen. Wirklich gebar die Königin einen Sohn, und die Liebe zum Vaterland überwog bei ihr das Muttergefühl. Sie gestattete ihrem Gatten Priamus, das neugeborne Kind einem Sklaven zu geben, der es auf den Berg Ida tragen und daselbst aussetzen sollte. Der Knecht hieß Agelaus. Dieser that wie ihm befohlen war; aber eine Bärin reichte dem Säugling die Brust und nach fünf Tagen fand der Sklave das Kind gesund und munter im
*) Erster Band, S. 252-254.
Priamus, Hekuba und Paris.
Das weitere Loos des Königes Laomedon und ſeiner Tochter Heſione iſt ſchon von uns berichtet worden*). Ihm folgte ſein Sohn Priamus in der Regierung. Dieſer vermählte ſich in zweiter Ehe mit Hekuba oder Hekabe, der Tochter des phrygiſchen Königes Drymas. Ihr erſter Sohn war Hektor. Als aber die Geburt ihres zweiten Kindes herannahete, da ſchaute Hekuba in einer dunkeln Nacht im Traume ein entſetzliches Geſicht. Ihr war, als gebäre ſie einen Fackelbrand, der die ganze Stadt Troja in Flammen ſetze und zu Aſche verbrenne. Erſchrocken meldete ſie dieſen Traum ihrem Gemahle Priamus. Der ließ ſeinen Sohn aus erſter Ehe, Aeſakus mit Namen, kom¬ men, welcher ein Wahrſager war, und von ſeinem mütterlichen Großvater Merops die Kunſt Träume zu deuten erlernt hatte. Aeſakus erklärte, ſeine Stiefmutter Hekuba werde einen Sohn gebären, der ſeiner Vaterſtadt zum Verderben gerei¬ chen müſſe. Er rieth daher, das Kind, das ſie erwartete, auszuſetzen. Wirklich gebar die Königin einen Sohn, und die Liebe zum Vaterland überwog bei ihr das Muttergefühl. Sie geſtattete ihrem Gatten Priamus, das neugeborne Kind einem Sklaven zu geben, der es auf den Berg Ida tragen und daſelbſt ausſetzen ſollte. Der Knecht hieß Agelaus. Dieſer that wie ihm befohlen war; aber eine Bärin reichte dem Säugling die Bruſt und nach fünf Tagen fand der Sklave das Kind geſund und munter im
*) Erſter Band, S. 252–254.
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Priamus, Hekuba und Paris.
Das weitere Loos des Königes Laomedon und ſeiner
Tochter Heſione iſt ſchon von uns berichtet worden *).
Ihm folgte ſein Sohn Priamus in der Regierung. Dieſer
vermählte ſich in zweiter Ehe mit Hekuba oder Hekabe,
der Tochter des phrygiſchen Königes Drymas. Ihr erſter
Sohn war Hektor. Als aber die Geburt ihres zweiten
Kindes herannahete, da ſchaute Hekuba in einer dunkeln
Nacht im Traume ein entſetzliches Geſicht. Ihr war, als
gebäre ſie einen Fackelbrand, der die ganze Stadt Troja
in Flammen ſetze und zu Aſche verbrenne. Erſchrocken
meldete ſie dieſen Traum ihrem Gemahle Priamus. Der
ließ ſeinen Sohn aus erſter Ehe, Aeſakus mit Namen, kom¬
men, welcher ein Wahrſager war, und von ſeinem mütterlichen
Großvater Merops die Kunſt Träume zu deuten erlernt hatte.
Aeſakus erklärte, ſeine Stiefmutter Hekuba werde einen
Sohn gebären, der ſeiner Vaterſtadt zum Verderben gerei¬
chen müſſe. Er rieth daher, das Kind, das ſie erwartete,
auszuſetzen. Wirklich gebar die Königin einen Sohn, und
die Liebe zum Vaterland überwog bei ihr das Muttergefühl.
Sie geſtattete ihrem Gatten Priamus, das neugeborne
Kind einem Sklaven zu geben, der es auf den Berg Ida
tragen und daſelbſt ausſetzen ſollte. Der Knecht hieß
Agelaus. Dieſer that wie ihm befohlen war; aber eine
Bärin reichte dem Säugling die Bruſt und nach fünf
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*)
Erſter Band, S. 252–254.
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/29>, abgerufen am 24.11.2024.
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