Held gelegen, schuf er sein Scheinbild, um das sich nun Trojaner und Griechen mit wilden Schlägen und Stößen zankten. Nun ermahnte Apollo den Mars, daß er den frechen Tydiden, der die Götter selbst bekämpfe, aus der Schlacht zu entfernen strebe. Und der Kriegsgott, in der Gestalt des Thraziers Akamas, mischte sich im Getümmel unter die Söhne des Priamus und schalt sie: "Wie lange gönnet ihr den Griechen das Morden, ihr Fürsten? wollt ihr warten, bis um die Thore eurer Stadt selbst gekämpft wird? wißt ihr nicht, daß Aeneas auf dem Boden liegt? Auf und retten wir den edeln Genossen aus der Hand der Feinde!" So erregte Mars die Her¬ zen der Trojaner. Sarpedon, der Fürst der Lycier, näherte sich Hektor und sprach zu ihm: "Hektor, wohin ist dir dein Muth geschwunden? Rühmtest du dich doch jüngst, selbst ohne Verbündete, ohne Heeresmacht, mit deinen leiblichen Brüdern und Schwägern allein wolltest du Troja schirmen; nun aber sehe ich ihrer keinen in der Schlacht, sie schmiegen sich alle wie die Hunde vor dem Löwen, und wir Bundesgenossen allein müssen den Kampf auf¬ recht erhalten!" Hektor fühlte den Vorwurf tief im Herzen, er sprang vom Wagen, schwenkte die Lanze, durchwan¬ delte ermahnend alle Heldengeschwader und erweckte den tobenden Streit auf's Neue. Seine Brüder und alle Trojaner kehrten die Stirne dem Feinde wieder zu. Auch den Aeneas, mit Gesundheit und Kraft erfüllt, sandte Apollo wieder in den Kampf, daß er sich plötzlich unver¬ letzt den Seinigen wieder zugesellte. Alle freuten sich, aber Keiner nahm sich Zeit, ihn zu fragen, sie stürzten nur miteinander in die Schlacht.
Aber die Danaer, Diomedes, die beiden Ajax und
Held gelegen, ſchuf er ſein Scheinbild, um das ſich nun Trojaner und Griechen mit wilden Schlägen und Stößen zankten. Nun ermahnte Apollo den Mars, daß er den frechen Tydiden, der die Götter ſelbſt bekämpfe, aus der Schlacht zu entfernen ſtrebe. Und der Kriegsgott, in der Geſtalt des Thraziers Akamas, miſchte ſich im Getümmel unter die Söhne des Priamus und ſchalt ſie: „Wie lange gönnet ihr den Griechen das Morden, ihr Fürſten? wollt ihr warten, bis um die Thore eurer Stadt ſelbſt gekämpft wird? wißt ihr nicht, daß Aeneas auf dem Boden liegt? Auf und retten wir den edeln Genoſſen aus der Hand der Feinde!“ So erregte Mars die Her¬ zen der Trojaner. Sarpedon, der Fürſt der Lycier, näherte ſich Hektor und ſprach zu ihm: „Hektor, wohin iſt dir dein Muth geſchwunden? Rühmteſt du dich doch jüngſt, ſelbſt ohne Verbündete, ohne Heeresmacht, mit deinen leiblichen Brüdern und Schwägern allein wollteſt du Troja ſchirmen; nun aber ſehe ich ihrer keinen in der Schlacht, ſie ſchmiegen ſich alle wie die Hunde vor dem Löwen, und wir Bundesgenoſſen allein müſſen den Kampf auf¬ recht erhalten!“ Hektor fühlte den Vorwurf tief im Herzen, er ſprang vom Wagen, ſchwenkte die Lanze, durchwan¬ delte ermahnend alle Heldengeſchwader und erweckte den tobenden Streit auf's Neue. Seine Brüder und alle Trojaner kehrten die Stirne dem Feinde wieder zu. Auch den Aeneas, mit Geſundheit und Kraft erfüllt, ſandte Apollo wieder in den Kampf, daß er ſich plötzlich unver¬ letzt den Seinigen wieder zugeſellte. Alle freuten ſich, aber Keiner nahm ſich Zeit, ihn zu fragen, ſie ſtürzten nur miteinander in die Schlacht.
Aber die Danaer, Diomedes, die beiden Ajax und
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Held gelegen, ſchuf er ſein Scheinbild, um das ſich nun
Trojaner und Griechen mit wilden Schlägen und Stößen
zankten. Nun ermahnte Apollo den Mars, daß er den
frechen Tydiden, der die Götter ſelbſt bekämpfe, aus der
Schlacht zu entfernen ſtrebe. Und der Kriegsgott, in der
Geſtalt des Thraziers Akamas, miſchte ſich im Getümmel
unter die Söhne des Priamus und ſchalt ſie: „Wie
lange gönnet ihr den Griechen das Morden, ihr Fürſten?
wollt ihr warten, bis um die Thore eurer Stadt ſelbſt
gekämpft wird? wißt ihr nicht, daß Aeneas auf dem
Boden liegt? Auf und retten wir den edeln Genoſſen
aus der Hand der Feinde!“ So erregte Mars die Her¬
zen der Trojaner. Sarpedon, der Fürſt der Lycier, näherte
ſich Hektor und ſprach zu ihm: „Hektor, wohin iſt dir
dein Muth geſchwunden? Rühmteſt du dich doch jüngſt,
ſelbſt ohne Verbündete, ohne Heeresmacht, mit deinen
leiblichen Brüdern und Schwägern allein wollteſt du Troja
ſchirmen; nun aber ſehe ich ihrer keinen in der Schlacht,
ſie ſchmiegen ſich alle wie die Hunde vor dem Löwen,
und wir Bundesgenoſſen allein müſſen den Kampf auf¬
recht erhalten!“ Hektor fühlte den Vorwurf tief im Herzen,
er ſprang vom Wagen, ſchwenkte die Lanze, durchwan¬
delte ermahnend alle Heldengeſchwader und erweckte den
tobenden Streit auf's Neue. Seine Brüder und alle
Trojaner kehrten die Stirne dem Feinde wieder zu. Auch
den Aeneas, mit Geſundheit und Kraft erfüllt, ſandte
Apollo wieder in den Kampf, daß er ſich plötzlich unver¬
letzt den Seinigen wieder zugeſellte. Alle freuten ſich,
aber Keiner nahm ſich Zeit, ihn zu fragen, ſie ſtürzten
nur miteinander in die Schlacht.
Aber die Danaer, Diomedes, die beiden Ajax und
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/148>, abgerufen am 23.11.2024.
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