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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838.

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Theil zu nehmen. Dem Orakelspruche gehorsam, über¬
nahm Alkmäon den Oberbefehl, und verschob seine Rache
auf die Heimkehr. Er brachte nicht nur aus Argos selbst
ein ansehnliches Heer zusammen, sondern viel kampflustige
Krieger aus den Nachbarstädten vereinigten sich mit ihm,
und nun führte er eine ansehnliche Streitmacht unter
Thebe's Thore. Hier erneuerte sich durch die Söhne der
hartnäckige Kampf, wie er zehn Jahre früher von den
Vätern gekämpft worden war. Aber die Söhne waren
glücklicher als die Väter, und der Sieg entschied sich für
Alkmäon. In der Hitze des Streites fiel nur Einer der
Epigonen, Aegialeus, der Sohn des Königes Adrastus,
welchen der Anführer der Thebaner, Laodamas, des Eteo¬
kles Sohn, mit eigener Hand tödtete, dafür aber von
Alkmäon, dem Feldherrn der Epigonen, erschlagen wurde.
Nach dem Verluste ihres Führers und vieler Mitbürger
verließen die Thebaner das Schlachtfeld und flohen hin¬
ter ihre Mauern zurück. Hier suchten sie Rath bei dem
blinden Tiresias, dem Seher, der, jetzt wohl hundert Jahre
alt, noch immer in Thebe lebte. Er rieth ihnen den
einzigen Rettungsweg einzuschlagen, und, während sie ei¬
nen Herold mit Friedensaufträgen an die Argiver absen¬
deten, die Stadt zu verlassen. Sie gingen den Vorschlag
ein, fertigten einen Abgesandten an die Feinde ab, und
während dieser unterhandelte, luden sie ihre Kinder und
Frauen auf Wagen und flohen aus der Stadt. Im
Dunkel der Nacht kamen sie in eine Stadt Böotiens, die
Tilphussa hieß. Aus dem Quelle, der bei der Stadt floß,
that der blinde Tiresias, der selbst geflüchtet war, einen
kalten Trunk und starb. Noch in der Unterwelt wurde
der weise Seher ausgezeichnet. Er lief nicht gedankenlos

Theil zu nehmen. Dem Orakelſpruche gehorſam, über¬
nahm Alkmäon den Oberbefehl, und verſchob ſeine Rache
auf die Heimkehr. Er brachte nicht nur aus Argos ſelbſt
ein anſehnliches Heer zuſammen, ſondern viel kampfluſtige
Krieger aus den Nachbarſtädten vereinigten ſich mit ihm,
und nun führte er eine anſehnliche Streitmacht unter
Thebe's Thore. Hier erneuerte ſich durch die Söhne der
hartnäckige Kampf, wie er zehn Jahre früher von den
Vätern gekämpft worden war. Aber die Söhne waren
glücklicher als die Väter, und der Sieg entſchied ſich für
Alkmäon. In der Hitze des Streites fiel nur Einer der
Epigonen, Aegialeus, der Sohn des Königes Adraſtus,
welchen der Anführer der Thebaner, Laodamas, des Eteo¬
kles Sohn, mit eigener Hand tödtete, dafür aber von
Alkmäon, dem Feldherrn der Epigonen, erſchlagen wurde.
Nach dem Verluſte ihres Führers und vieler Mitbürger
verließen die Thebaner das Schlachtfeld und flohen hin¬
ter ihre Mauern zurück. Hier ſuchten ſie Rath bei dem
blinden Tireſias, dem Seher, der, jetzt wohl hundert Jahre
alt, noch immer in Thebe lebte. Er rieth ihnen den
einzigen Rettungsweg einzuſchlagen, und, während ſie ei¬
nen Herold mit Friedenſaufträgen an die Argiver abſen¬
deten, die Stadt zu verlaſſen. Sie gingen den Vorſchlag
ein, fertigten einen Abgeſandten an die Feinde ab, und
während dieſer unterhandelte, luden ſie ihre Kinder und
Frauen auf Wagen und flohen aus der Stadt. Im
Dunkel der Nacht kamen ſie in eine Stadt Böotiens, die
Tilphuſſa hieß. Aus dem Quelle, der bei der Stadt floß,
that der blinde Tireſias, der ſelbſt geflüchtet war, einen
kalten Trunk und ſtarb. Noch in der Unterwelt wurde
der weiſe Seher ausgezeichnet. Er lief nicht gedankenlos

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[380/0406] Theil zu nehmen. Dem Orakelſpruche gehorſam, über¬ nahm Alkmäon den Oberbefehl, und verſchob ſeine Rache auf die Heimkehr. Er brachte nicht nur aus Argos ſelbſt ein anſehnliches Heer zuſammen, ſondern viel kampfluſtige Krieger aus den Nachbarſtädten vereinigten ſich mit ihm, und nun führte er eine anſehnliche Streitmacht unter Thebe's Thore. Hier erneuerte ſich durch die Söhne der hartnäckige Kampf, wie er zehn Jahre früher von den Vätern gekämpft worden war. Aber die Söhne waren glücklicher als die Väter, und der Sieg entſchied ſich für Alkmäon. In der Hitze des Streites fiel nur Einer der Epigonen, Aegialeus, der Sohn des Königes Adraſtus, welchen der Anführer der Thebaner, Laodamas, des Eteo¬ kles Sohn, mit eigener Hand tödtete, dafür aber von Alkmäon, dem Feldherrn der Epigonen, erſchlagen wurde. Nach dem Verluſte ihres Führers und vieler Mitbürger verließen die Thebaner das Schlachtfeld und flohen hin¬ ter ihre Mauern zurück. Hier ſuchten ſie Rath bei dem blinden Tireſias, dem Seher, der, jetzt wohl hundert Jahre alt, noch immer in Thebe lebte. Er rieth ihnen den einzigen Rettungsweg einzuſchlagen, und, während ſie ei¬ nen Herold mit Friedenſaufträgen an die Argiver abſen¬ deten, die Stadt zu verlaſſen. Sie gingen den Vorſchlag ein, fertigten einen Abgeſandten an die Feinde ab, und während dieſer unterhandelte, luden ſie ihre Kinder und Frauen auf Wagen und flohen aus der Stadt. Im Dunkel der Nacht kamen ſie in eine Stadt Böotiens, die Tilphuſſa hieß. Aus dem Quelle, der bei der Stadt floß, that der blinde Tireſias, der ſelbſt geflüchtet war, einen kalten Trunk und ſtarb. Noch in der Unterwelt wurde der weiſe Seher ausgezeichnet. Er lief nicht gedankenlos

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/406>, abgerufen am 22.11.2024.