Feinden gereinigt. Von allen Seiten her brachten die Thebaner die Schilde der erlegten Feinde und andere Beute herbei und trugen sie triumphirend in die Stadt.
Kreons Beschluß.
Hierauf wurde an die Bestattung der Todten gedacht. Die Königswürde von Thebe war nach dem Tode der beiden gefallenen Brüder an ihren Oheim Kreon gekom¬ men, und dieser hatte nun über das Begräbniß seiner beiden Neffen zu verfügen. Sofort ließ er den Eteokles, als für die Vertheidigung der Stadt gefallen, mit könig¬ lichen Ehren und aller sonstigen Gebühr, feierlich zur Erde bestatten; alle Bewohner der Stadt folgten dem Leichenzuge, während Polynices unbegraben und in Unehren dalag. Dann ließ Kreon unter Herolds¬ ruf durch die ganze Stadt verkündigen, den Feind des Vaterlandes, der gekommen sey, die Stadt mit Feuer¬ gluth zu zerstören, sich am Blute der Seinigen zu sätti¬ gen, die Landesgötter selbst zu vertreiben, und was übrig bliebe, in Knechtschaft zu stürzen -- den weder zu beklagen, noch ihm ein Grab angedeihen zu lassen, vielmehr den Leichnam des Verfluchten unbegraben den Vögeln und Hunden zum Fraße zu übergeben. Zugleich gebot er den Bürgern selbst Aufsicht darüber zu führen, daß diese kö¬ nigliche Willensmeinung vollzogen würde, und stellte noch besondere Späher zu dem Leichname, welche dafür zu sorgen hatten, daß niemand käme, denselben zu steh¬ len oder zu begraben. Der Lohn dessen, der dieß doch
Feinden gereinigt. Von allen Seiten her brachten die Thebaner die Schilde der erlegten Feinde und andere Beute herbei und trugen ſie triumphirend in die Stadt.
Kreons Beſchluß.
Hierauf wurde an die Beſtattung der Todten gedacht. Die Königswürde von Thebe war nach dem Tode der beiden gefallenen Brüder an ihren Oheim Kreon gekom¬ men, und dieſer hatte nun über das Begräbniß ſeiner beiden Neffen zu verfügen. Sofort ließ er den Eteokles, als für die Vertheidigung der Stadt gefallen, mit könig¬ lichen Ehren und aller ſonſtigen Gebühr, feierlich zur Erde beſtatten; alle Bewohner der Stadt folgten dem Leichenzuge, während Polynices unbegraben und in Unehren dalag. Dann ließ Kreon unter Herolds¬ ruf durch die ganze Stadt verkündigen, den Feind des Vaterlandes, der gekommen ſey, die Stadt mit Feuer¬ gluth zu zerſtören, ſich am Blute der Seinigen zu ſätti¬ gen, die Landesgötter ſelbſt zu vertreiben, und was übrig bliebe, in Knechtſchaft zu ſtürzen — den weder zu beklagen, noch ihm ein Grab angedeihen zu laſſen, vielmehr den Leichnam des Verfluchten unbegraben den Vögeln und Hunden zum Fraße zu übergeben. Zugleich gebot er den Bürgern ſelbſt Aufſicht darüber zu führen, daß dieſe kö¬ nigliche Willensmeinung vollzogen würde, und ſtellte noch beſondere Späher zu dem Leichname, welche dafür zu ſorgen hatten, daß niemand käme, denſelben zu ſteh¬ len oder zu begraben. Der Lohn deſſen, der dieß doch
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Feinden gereinigt. Von allen Seiten her brachten die
Thebaner die Schilde der erlegten Feinde und andere
Beute herbei und trugen ſie triumphirend in die Stadt.
Kreons Beſchluß.
Hierauf wurde an die Beſtattung der Todten gedacht.
Die Königswürde von Thebe war nach dem Tode der
beiden gefallenen Brüder an ihren Oheim Kreon gekom¬
men, und dieſer hatte nun über das Begräbniß ſeiner
beiden Neffen zu verfügen. Sofort ließ er den Eteokles,
als für die Vertheidigung der Stadt gefallen, mit könig¬
lichen Ehren und aller ſonſtigen Gebühr, feierlich zur
Erde beſtatten; alle Bewohner der Stadt folgten
dem Leichenzuge, während Polynices unbegraben und
in Unehren dalag. Dann ließ Kreon unter Herolds¬
ruf durch die ganze Stadt verkündigen, den Feind des
Vaterlandes, der gekommen ſey, die Stadt mit Feuer¬
gluth zu zerſtören, ſich am Blute der Seinigen zu ſätti¬
gen, die Landesgötter ſelbſt zu vertreiben, und was übrig
bliebe, in Knechtſchaft zu ſtürzen — den weder zu beklagen,
noch ihm ein Grab angedeihen zu laſſen, vielmehr den
Leichnam des Verfluchten unbegraben den Vögeln und
Hunden zum Fraße zu übergeben. Zugleich gebot er den
Bürgern ſelbſt Aufſicht darüber zu führen, daß dieſe kö¬
nigliche Willensmeinung vollzogen würde, und ſtellte noch
beſondere Späher zu dem Leichname, welche dafür zu
ſorgen hatten, daß niemand käme, denſelben zu ſteh¬
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/394>, abgerufen am 23.11.2024.
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