Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Litaney. lebten Eltern/ an ungeschlachten und ungerathenen Kindern einenSchandfleck zum neuen Jahr verehren kan. Bey solchen beschimpfften Eltern heist es wol recht/ wie dort der Erklärung der Litaney. WAnn Unterthanen in höchsten Nöthen seyn/ und wissen nicht plica-
Litaney. lebten Eltern/ an ungeſchlachten und ungerathenen Kindern einenSchandfleck zum neuen Jahr verehren kan. Bey ſolchen beſchimpfften Eltern heiſt es wol recht/ wie dort der Erklaͤrung der Litaney. WAnn Unterthanen in hoͤchſten Noͤthen ſeyn/ und wiſſen nicht plica-
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Litaney.
lebten Eltern/ an ungeſchlachten und ungerathenen Kindern einen
Schandfleck zum neuen Jahr verehren kan.
Bey ſolchen beſchimpfften Eltern heiſt es wol recht/ wie dort der
HErꝛ Chriſtus ſagte: Selig ſind die Unfrucht baren/ und die Leiber die
nicht geſaͤuget haben/ Luc. 23. Cap. Bedencket doch ihr Muͤtter/ daß
Kinder ſeyn eine Gabe deß HErꝛn/ und Leibsfrucht ein Geſchenck.
Und dieſe Gabe hat Gott nicht dem Vater allein gegeben/ ſondern
auch der Mutter/ und wird nicht nur von dem Vater/ ſondern auch
von der Mutter Rechenſchafft fordern/ wie ſie dieſe Gabe in acht ge-
nommen haben? Laſſet hinfuͤro eure Kinder/ Knechte und Maͤgde
fleiſſig zur Bettſtunden kommen/ und laſt ſie Gott nicht nur ihre ei-
gene/ ſondern auch eure/ eures gantzen Hauſes/ dieſer gantzen Stadt/
und der gantzen Chriſtenheit/ Noth und Anligen in der Litaney vor-
tragen. Jch vermercke/ daß viel einfaͤltige Leute/ die gemeine Kirchen-
Geſaͤnge nicht verſtehen/ dann wann der Geſang/ Nun bitten wir
den heiligen Geiſt/ geſungen wird: So ſingen offtmals die Leute/ daß
in uns die Suͤnde nicht verzagen/ da ſie ſolten ſingen/ daß in uns
die Sinne nicht verzagen. Wann der Glaube geſungen wird/
ſo ſingen viel einfaͤltige Leute/ von dem heiligen Geiſt alſo: Und mit
Gaben gezieret ſchone. Da ſie ſolten ſingen/ und mit Gaben zie-
ret ſchone. O wie radbrechen ſie doch offtmals das Lied In dulci
jubilo? Die Ohren thun mir weh/ wann ich hoͤre die Knaben bey der
Leiche ſingen: Jam mœſta, quieſta querela. Ob viel gebratenes ſey
an den Lateiniſchen ſingen/ das in der Veſper geſchiehet/ (da die Kna-
ben die Lateiniſche Lieder ſingen/ nicht nur ohne Andacht/ ſondern
auch ohne Verſtand/ eben wie die Nonnen in den Kloͤſtern) davon
laſſe ich andere urtheilen. Wuͤnſchen moͤchte ich/ daß ein Prediger in
Hamburg die gebraͤuchlichſten Kirchenlieder/ dem gemeinen Volck
zu Nutz/ auff der Cautzel zu erklaͤren moͤchte vor ſich nehmen/ wie mein
hochgeliebter Herꝛ Collega Magiſter Vincentius Crull/ in der
Capell zu S. Gertraut einen guten Anfang darzu gemacht hat; Weil
ich auch vermercke daß viel Leut auch die Litaney nicht verſtehen/ als
habe ich den Kindern und Einfaͤltigen eine kurtze Erklaͤrung derſelben
mittheilen wollen. Wer ſie kuͤrtzer/ deutlicher und einfaͤltiger erklaͤren
kan/ der thu es.
Erklaͤrung der Litaney.
WAnn Unterthanen in hoͤchſten Noͤthen ſeyn/ und wiſſen nicht
wo auß oder ein/ ſo machen ſie eine unterthaͤnige Suppli-
cation, und bitten von ihrem Herꝛn gnaͤdige Huͤlffe oder
Rath. Eben alſo macht es die Chriſtliche Kirche hier auff Erden/
wann ſie in hoͤchſten Noͤthen iſt/ ſo ſtellet ſie eine unterthaͤnige Sup-
plica-
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