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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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SERMON und Beschreibung
gleich dem Eysen alles mit rost überzogen und gefressen Der Erd-
boden ist nicht mehr so kräfftig/ wie vor Zeiten. Der Welt Kräffte
als deren Marck verschwindet/ veralten/ und die allgemeine Natur
und derer Zustand zerfellet.

Damit aber allhier ich die Freyheit beydes zu reden und
zu urtheilen/ gebrauche/ hat dieses des eytelen und leichtglaubigen/
Pöbels Gedicht/ etlicher derer so nicht sonderlich bekand/ authorität
als warhafftig eingeführet/ und bey frommen Hertzen die heyllose Ein-
bildung/ bey welcher ohne das mehr eine ohnvernünfftiger Hochmut/
als rechtschaffene Warheit befindet. Denn der höchste Schöpfer aller
dinge/ als Er anfangs den schönen Umbkreis Himmels und Erden ge-
ordnet/ hat er der Natur gewisse Gesetz vorgeschriben/ und aller Dinge
Ordnung und Ursache so fest verknüpfet/ in dem er alle Geschöpf nicht
durch Unvernunfft/ sondern hochweisesten Rath geordnet/ und die-
selbe durch eine innerliche immerwehrende Richtschnur fort gepflan-
tzet/ welche Göttliche Gewalt nicht weniger in dieser ihrer Erhaltung
sich blicken/ als in deren Erschaffung sich thätig erzeiget/ dergestalt/
daß wer glauben wolte/ daß der Welt Kräffte abnehmen/ dafür halten
müste/ als wenn die Göttliche Gewalt selbst aufhörete. Solches von
Gott zuschlissen/ seye als eine grosse Schmach ferne. Wir beteten
vergebens/ wir hoffeten auch Besserung vergebens/ wann alles so uns
begegnet/ ein von GOtt versehenes Unglück wäre. Das ist ja ein bö-
ser Gottes-Dienst/ darvon nichtes zu hoffen. Ob solche/ die
also schliessen/ GOtt nicht mehr Schmach oder Haß zu ziehen/ wolle
ein jeder recht Vernünfftiger bey ihme ermessen. Deß Himmels
Kreis hat noch seine ihme von GOtt verliehene Krafft/ es ist noch
der alte und einige Stern-Lauff/ die hell-leuchtende Sonn erwär-
met und erleüchtet noch alle Ding. Des Erdbodens Wärme brin-
get noch herfür seine Gewächs/ und das Liecht scheinet dem irdischen
Umbkreis nicht weniger als vorzeiten auch. Die jenige die dafür
gehalten/ daß dessen Cörper auff die Erde zerschmelzend falle/ derer
Bücher solte man mit dem nassen Schwamm/ die Uhrheber aber
mit Peitschen vertilgen und außlöschen. Die Erde hat noch ihre
Fruchtbarkeit/ welche wann sie mit Regen befeuchtet/ ihre Frucht
überflüssig darreichet/ daß sie vorzeiten mit grossen Erdbeben
zerschellet/ ist ausser allem Zweifel/ die hieran zweifflen/ schla-
gen auff die alte Geschichte/ nicht weniger bewegen zu Furcht
und Schrecken/ Donner-Wetter/ Plitz und Hagel/ als vor
Zeiten auch. Man sihet noch den Wunderfarben Regen-
Bogen. Es sind warhafftige Dinge/ so ich erzehle/

wolche

SERMON und Beſchreibung
gleich dem Eyſen alles mit roſt uͤberzogen und gefreſſen Der Erd-
boden iſt nicht mehr ſo kraͤfftig/ wie vor Zeiten. Der Welt Kraͤffte
als deren Marck verſchwindet/ veralten/ und die allgemeine Natur
und derer Zuſtand zerfellet.

Damit aber allhier ich die Freyheit beydes zu reden und
zu urtheilen/ gebrauche/ hat dieſes des eytelen und leichtglaubigen/
Poͤbels Gedicht/ etlicher derer ſo nicht ſonderlich bekand/ authorität
als warhafftig eingefuͤhret/ und bey frommen Hertzen die heylloſe Ein-
bildung/ bey welcher ohne das mehr eine ohnvernuͤnfftiger Hochmut/
als rechtſchaffene Warheit befindet. Denn der hoͤchſte Schoͤpfer aller
dinge/ als Er anfangs den ſchoͤnen Umbkreis Himmels und Erden ge-
ordnet/ hat er der Natur gewiſſe Geſetz vorgeſchriben/ und aller Dinge
Ordnung und Urſache ſo feſt verknuͤpfet/ in dem er alle Geſchoͤpf nicht
durch Unvernunfft/ ſondern hochweiſeſten Rath geordnet/ und die-
ſelbe durch eine innerliche immerwehrende Richtſchnur fort gepflan-
tzet/ welche Goͤttliche Gewalt nicht weniger in dieſer ihrer Erhaltung
ſich blicken/ als in deren Erſchaffung ſich thaͤtig erzeiget/ dergeſtalt/
daß wer glauben wolte/ daß der Welt Kraͤffte abnehmen/ dafuͤr halten
muͤſte/ als wenn die Goͤttliche Gewalt ſelbſt aufhoͤrete. Solches von
Gott zuſchliſſen/ ſeye als eine groſſe Schmach ferne. Wir beteten
vergebens/ wir hoffeten auch Beſſerung vergebens/ wann alles ſo uns
begegnet/ ein von GOtt verſehenes Ungluͤck waͤre. Das iſt ja ein boͤ-
ſer Gottes-Dienſt/ darvon nichtes zu hoffen. Ob ſolche/ die
alſo ſchlieſſen/ GOtt nicht mehr Schmach oder Haß zu ziehen/ wolle
ein jeder recht Vernuͤnfftiger bey ihme ermeſſen. Deß Himmels
Kreis hat noch ſeine ihme von GOtt verliehene Krafft/ es iſt noch
der alte und einige Stern-Lauff/ die hell-leuchtende Sonn erwaͤr-
met und erleuͤchtet noch alle Ding. Des Erdbodens Waͤrme brin-
get noch herfuͤr ſeine Gewaͤchs/ und das Liecht ſcheinet dem irdiſchen
Umbkreis nicht weniger als vorzeiten auch. Die jenige die dafuͤr
gehalten/ daß deſſen Coͤrper auff die Erde zerſchmelzend falle/ derer
Buͤcher ſolte man mit dem naſſen Schwamm/ die Uhrheber aber
mit Peitſchen vertilgen und außloͤſchen. Die Erde hat noch ihre
Fruchtbarkeit/ welche wann ſie mit Regen befeuchtet/ ihre Frucht
uͤberfluͤſſig darreichet/ daß ſie vorzeiten mit groſſen Erdbeben
zerſchellet/ iſt auſſer allem Zweifel/ die hieran zweifflen/ ſchla-
gen auff die alte Geſchichte/ nicht weniger bewegen zu Furcht
und Schrecken/ Donner-Wetter/ Plitz und Hagel/ als vor
Zeiten auch. Man ſihet noch den Wunderfarben Regen-
Bogen. Es ſind warhafftige Dinge/ ſo ich erzehle/

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[776/0818] SERMON und Beſchreibung gleich dem Eyſen alles mit roſt uͤberzogen und gefreſſen Der Erd- boden iſt nicht mehr ſo kraͤfftig/ wie vor Zeiten. Der Welt Kraͤffte als deren Marck verſchwindet/ veralten/ und die allgemeine Natur und derer Zuſtand zerfellet. Damit aber allhier ich die Freyheit beydes zu reden und zu urtheilen/ gebrauche/ hat dieſes des eytelen und leichtglaubigen/ Poͤbels Gedicht/ etlicher derer ſo nicht ſonderlich bekand/ authorität als warhafftig eingefuͤhret/ und bey frommen Hertzen die heylloſe Ein- bildung/ bey welcher ohne das mehr eine ohnvernuͤnfftiger Hochmut/ als rechtſchaffene Warheit befindet. Denn der hoͤchſte Schoͤpfer aller dinge/ als Er anfangs den ſchoͤnen Umbkreis Himmels und Erden ge- ordnet/ hat er der Natur gewiſſe Geſetz vorgeſchriben/ und aller Dinge Ordnung und Urſache ſo feſt verknuͤpfet/ in dem er alle Geſchoͤpf nicht durch Unvernunfft/ ſondern hochweiſeſten Rath geordnet/ und die- ſelbe durch eine innerliche immerwehrende Richtſchnur fort gepflan- tzet/ welche Goͤttliche Gewalt nicht weniger in dieſer ihrer Erhaltung ſich blicken/ als in deren Erſchaffung ſich thaͤtig erzeiget/ dergeſtalt/ daß wer glauben wolte/ daß der Welt Kraͤffte abnehmen/ dafuͤr halten muͤſte/ als wenn die Goͤttliche Gewalt ſelbſt aufhoͤrete. Solches von Gott zuſchliſſen/ ſeye als eine groſſe Schmach ferne. Wir beteten vergebens/ wir hoffeten auch Beſſerung vergebens/ wann alles ſo uns begegnet/ ein von GOtt verſehenes Ungluͤck waͤre. Das iſt ja ein boͤ- ſer Gottes-Dienſt/ darvon nichtes zu hoffen. Ob ſolche/ die alſo ſchlieſſen/ GOtt nicht mehr Schmach oder Haß zu ziehen/ wolle ein jeder recht Vernuͤnfftiger bey ihme ermeſſen. Deß Himmels Kreis hat noch ſeine ihme von GOtt verliehene Krafft/ es iſt noch der alte und einige Stern-Lauff/ die hell-leuchtende Sonn erwaͤr- met und erleuͤchtet noch alle Ding. Des Erdbodens Waͤrme brin- get noch herfuͤr ſeine Gewaͤchs/ und das Liecht ſcheinet dem irdiſchen Umbkreis nicht weniger als vorzeiten auch. Die jenige die dafuͤr gehalten/ daß deſſen Coͤrper auff die Erde zerſchmelzend falle/ derer Buͤcher ſolte man mit dem naſſen Schwamm/ die Uhrheber aber mit Peitſchen vertilgen und außloͤſchen. Die Erde hat noch ihre Fruchtbarkeit/ welche wann ſie mit Regen befeuchtet/ ihre Frucht uͤberfluͤſſig darreichet/ daß ſie vorzeiten mit groſſen Erdbeben zerſchellet/ iſt auſſer allem Zweifel/ die hieran zweifflen/ ſchla- gen auff die alte Geſchichte/ nicht weniger bewegen zu Furcht und Schrecken/ Donner-Wetter/ Plitz und Hagel/ als vor Zeiten auch. Man ſihet noch den Wunderfarben Regen- Bogen. Es ſind warhafftige Dinge/ ſo ich erzehle/ wolche

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 776. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/818>, abgerufen am 22.11.2024.