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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Von der Kunst reich zu werden.
in welchen wir leben. Wann du verständig bist/ ja daß du verständig
werdest/ in beeden auß diesen Spiegeln besichtige dich täglich/ und
stelle deiner selbsten ein fleissiges Examen an/ nicht wie es eines zu-
viel liebenden pflegt zu seyn. Fürwar grosse Männer/ welche in
schlipferige höche der Höfe und gemeinen Sachen gesetzt seyn/ seyn
eben dißfals eines Mitleidens mehr/ als des Neids/ würdig/ weil sie
diesen Spiegel nicht wissen zugebrauchen. Sie seyn von anderer
Schmeichlung glückselig/ das Gewissen aber bezeugt offt das Wider-
spiel. Sie empfinden ihre Schmertzen zum allerersten/ ihre Verbre-
chen aber zu allerletzten. Jn dem sie mit Geschäfften distrahirt seyn/
in dem sie an Zeit manglen/ zu welcher sie der Gesundheit des Leibs/
oder der Seel Rahtpflegen solten/ seyn sie ihnen selbst unbekandt.
Aber

Illi mors gravis incubat,
Qui notus nimis omnibus,
Ignotus moritur sibi.

Damit derowegen dich selbst erkennen lernest/ sihe alle Tag den
Theologischen und Politischen Spiegel an. Wie du sollest beede die-
se Spiegel verständig brauchen/ will ich anderstwo weiter sagen. Jn
dem Theologischen Spiegel/ würdest du sehen daß du ein umb ge-
kehrter Decalogus (oder Verzeichnus der 10. Gebot) bist/ und Chri-
stus zwar dein Heiligmacher ist/ aber Moses dein Kläger/ und daß
Gott nicht allein barmhertzig/ sondern auch gerecht ist. Lise das dicke
Nosce Teipsum, und lebe darnach/ so wirst du gewiß ein Kind der
Seligkeit. Jn dem Politischen Spiegel dich ersehend/ unter anderm
betrachte fleissig/ wie die Ort und Zeiten/ in welchen du lebest/ deiner
Natur bekommen? wie du dich habest verhalten gegen deines gleichen
und allen Menschen? Letzlich hüte dich vor den Exempeln/ und schicke
dich nicht närrisch zu anderer nachfolg? als wann/ was anderen ist
durchgehend gewesen/ dir auch nothwendig offen stehe. Aber erachte
was vielleicht für ein Unterschied ist unter deinem/ und der jenigen
so du wilt nachfolgen/ Verstand und Sitten? Der Pompejus ist Au-
genscheinlich in diesen Fähler gefallen/ welcher/ wie Cicero geschrie-
ben hinterlassen/ offt gepflegt zu sagen: Sylla hats gekönt/ Jch werde
es nicht können? Aber in dieser Sach hat sich der Pompejus gar fast
betrogen. Dann des Syllae Ingenium und Weiß zu handlen/ waren
in des Pompeji Sitten/ wie Himmel und Erden von einander. Dann
der Sylla war wild/ und gew althätig/ und triebe die Sach in al-
len/ Pompejus aber gravitätisch und der Gesetz ingedenck/ welcher
alles zum Ansehen und guten Geschrey richtete/ dahero ware er weit
weniger Sufficient und mächtig/ das jenige zuverrichten/ was er ge-

dacht

Von der Kunſt reich zu werden.
in welchen wir leben. Wann du verſtaͤndig biſt/ ja daß du verſtaͤndig
werdeſt/ in beeden auß dieſen Spiegeln beſichtige dich taͤglich/ und
ſtelle deiner ſelbſten ein fleiſſiges Examen an/ nicht wie es eines zu-
viel liebenden pflegt zu ſeyn. Fuͤrwar groſſe Maͤnner/ welche in
ſchlipferige hoͤche der Hoͤfe und gemeinen Sachen geſetzt ſeyn/ ſeyn
eben dißfals eines Mitleidens mehr/ als des Neids/ wuͤrdig/ weil ſie
dieſen Spiegel nicht wiſſen zugebrauchen. Sie ſeyn von anderer
Schmeichlung gluͤckſelig/ das Gewiſſen aber bezeugt offt das Wider-
ſpiel. Sie empfinden ihre Schmertzen zum allererſten/ ihre Verbre-
chen aber zu allerletzten. Jn dem ſie mit Geſchaͤfften diſtrahirt ſeyn/
in dem ſie an Zeit manglen/ zu welcher ſie der Geſundheit des Leibs/
oder der Seel Rahtpflegen ſolten/ ſeyn ſie ihnen ſelbſt unbekandt.
Aber

Illi mors gravis incubat,
Qui notus nimis omnibus,
Ignotus moritur ſibi.

Damit derowegen dich ſelbſt erkennen lerneſt/ ſihe alle Tag den
Theologiſchen und Politiſchen Spiegel an. Wie du ſolleſt beede die-
ſe Spiegel verſtaͤndig brauchen/ will ich anderſtwo weiter ſagen. Jn
dem Theologiſchen Spiegel/ wuͤrdeſt du ſehen daß du ein umb ge-
kehrter Decalogus (oder Verzeichnus der 10. Gebot) biſt/ und Chri-
ſtus zwar dein Heiligmacher iſt/ aber Moſes dein Klaͤger/ und daß
Gott nicht allein barmhertzig/ ſondern auch gerecht iſt. Liſe das dicke
Noſce Teipſum, und lebe darnach/ ſo wirſt du gewiß ein Kind der
Seligkeit. Jn dem Politiſchen Spiegel dich erſehend/ unter anderm
betrachte fleiſſig/ wie die Ort und Zeiten/ in welchen du lebeſt/ deiner
Natur bekommen? wie du dich habeſt verhalten gegen deines gleichen
und allen Menſchen? Letzlich huͤte dich vor den Exempeln/ und ſchicke
dich nicht naͤrꝛiſch zu anderer nachfolg? als wann/ was anderen iſt
durchgehend geweſen/ dir auch nothwendig offen ſtehe. Aber erachte
was vielleicht fuͤr ein Unterſchied iſt unter deinem/ und der jenigen
ſo du wilt nachfolgen/ Verſtand und Sitten? Der Pompejus iſt Au-
genſcheinlich in dieſen Faͤhler gefallen/ welcher/ wie Cicero geſchrie-
ben hinterlaſſen/ offt gepflegt zu ſagen: Sylla hats gekoͤnt/ Jch werde
es nicht koͤnnen? Aber in dieſer Sach hat ſich der Pompejus gar faſt
betrogen. Dann des Syllæ Ingenium und Weiß zu handlen/ waren
in des Pompeji Sitten/ wie Himmel und Erden von einander. Dañ
der Sylla war wild/ und gew althaͤtig/ und triebe die Sach in al-
len/ Pompejus aber gravitaͤtiſch und der Geſetz ingedenck/ welcher
alles zum Anſehen und guten Geſchrey richtete/ dahero ware er weit
weniger Sufficient und maͤchtig/ das jenige zuverꝛichten/ was er ge-

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/807>, abgerufen am 22.11.2024.