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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Von der Einbildung.

von diesen Difcursen brechen wir abe/ und kommen auff weit wichti-
gere/ und das Römische Reich betreffende und hochangelegene Ge-
spräch; Es liesse der neue Candidat sich herauß/ auff was Manier die
Frantzosen die Spanier könten überwältigen/ und wie sie könten den
engern Meerbusen mit Steinen und ander materialien stopffen und
füllen/ und dem Meer gebieten/ daß es seinen Lauff endern und anders
wohin nehmen müste/ solcher Gestalt könten die auß Europa in A-
sien und Afriquen zu Land und trockenes Fusses kommen. Ja sagte ich/
lieber Candidate/ wenn aber das Meer ihme von dem Frantzosen nit
gebieten liesse? Antwort/ da wäre leichtlich ein Mittel zu erfinden.
Man müste ihm den Hindern mit Ruhten streichen/ gleich wie Xer-
[x]es
gethan/ als er mit dreymal hundert tausend Mann wider die
Grichen zoge und dem Hellesponto einen guten product geben
liesse. Jch regerirte, wenn das Meer aber es machte gleich
wie die böse Buben/ derer Hartneckigkeit unter der Ruhten
offtermalen zu wachsen pfleget? Dann müste man ihme gute Wort
geben/ antwortet der hochgelehrte Herr Doctorandus: und müste
ihme einen Ring geben/ wie von den Bürgern zu Rom/ den Vene-
digern alle Jahr gegeben wird. Als wir also discurrirten erhube
sich ein Gezänck.

Es setzte sich einer/ so für einen feinen Gesellen anzusehen zum
Tische/ denn/ sie sagten/ daß er ein Hauß-Pennal wäre. Dem rupff-
ten sie auff/ daß ihm die/ den Herren Scholaren von Käyser Friderichen
gegönnete Freyheiten nicht angienge. Denn sagten sie/ du bist studi-
rens halber nicht gewandert/ noch auß einem reichen ein armer Ge-
sell worden; Sehe mich an/ sagt einer unter dem Hauffen/ der ich viel
von Jugend auff gelitten/ geschwitzet und gefroren habe. Was
meinstu wol/ wie ich meinem Patrimonio zugesprochen: Des Jahrs
gebe ich vor den Tisch 100. Reichsthaler. Vor Extra 60. Dem Kauf-
mann 40. Dem Schuster 12. Dem Schneider eben so viel: Viel Bü-
cher aber/ Federn/ Dinten/ Pappir alles zusammen gerechnet/ gebe ich
kaum 4. vor Collegia wenig oder gar nichts. Aber der Wäscherin/
dem Balbirer/ dem Pedellen. Hilff ewiger Gott so gar viel! Aber ihr
Esels wisset nicht was die Academische Künste kosten/ und wie theur
sie sind. Was für ein grosser Unterscheid seye unter uns und dem Pö-
bel. Dieses alles hörete ich mit grosser Gedult und nicht geringen
Verdruß an/ schlug endlich loß und fragte/ was denn für ein grosser
Unterscheid wäre/ und was es nutzte/ viele Städte und Dörffer ge-
sehen haben/ wozu es dienete/ daß man mit einem Pferde weiherte/
schreien mit dem Esel/ bellen mit dem Hunde. Was es helffe frembde
Sprachen wissen und gelernet haben/ wann weder wir/ noch unsere

Freunde/
Von der Einbildung.

von dieſen Difcurſen brechen wir abe/ und kommen auff weit wichti-
gere/ und das Roͤmiſche Reich betreffende und hochangelegene Ge-
ſpraͤch; Es lieſſe der neue Candidat ſich herauß/ auff was Manier die
Frantzoſen die Spanier koͤnten uͤberwaͤltigen/ und wie ſie koͤnten den
engern Meerbuſen mit Steinen und ander materialien ſtopffen und
fuͤllen/ und dem Meer gebieten/ daß es ſeinen Lauff endern und anders
wohin nehmen muͤſte/ ſolcher Geſtalt koͤnten die auß Europa in A-
ſien und Afriquen zu Land und trockenes Fuſſes kommen. Ja ſagte ich/
lieber Candidate/ wenn aber das Meer ihme von dem Frantzoſen nit
gebieten lieſſe? Antwort/ da waͤre leichtlich ein Mittel zu erfinden.
Man muͤſte ihm den Hindern mit Ruhten ſtreichen/ gleich wie Xer-
[x]es
gethan/ als er mit dreymal hundert tauſend Mann wider die
Grichen zoge und dem Helleſponto einen guten product geben
lieſſe. Jch regerirte, wenn das Meer aber es machte gleich
wie die boͤſe Buben/ derer Hartneckigkeit unter der Ruhten
offtermalen zu wachſen pfleget? Dann muͤſte man ihme gute Wort
geben/ antwortet der hochgelehrte Herꝛ Doctorandus: und muͤſte
ihme einen Ring geben/ wie von den Buͤrgern zu Rom/ den Vene-
digern alle Jahr gegeben wird. Als wir alſo diſcurrirten erhube
ſich ein Gezaͤnck.

Es ſetzte ſich einer/ ſo fuͤr einen feinen Geſellen anzuſehen zum
Tiſche/ denn/ ſie ſagten/ daß er ein Hauß-Pennal waͤre. Dem rupff-
tẽ ſie auff/ daß ihm die/ den Herren Scholaren von Kaͤyſer Friderichẽ
gegoͤnnete Freyheiten nicht angienge. Denn ſagten ſie/ du biſt ſtudi-
rens halber nicht gewandert/ noch auß einem reichen ein armer Ge-
ſell worden; Sehe mich an/ ſagt einer unter dem Hauffen/ der ich viel
von Jugend auff gelitten/ geſchwitzet und gefroren habe. Was
meinſtu wol/ wie ich meinem Patrimonio zugeſprochen: Des Jahrs
gebe ich vor den Tiſch 100. Reichsthaler. Vor Extra 60. Dem Kauf-
mann 40. Dem Schuſter 12. Dem Schneider eben ſo viel: Viel Buͤ-
cher aber/ Federn/ Dinten/ Pappir alles zuſammen gerechnet/ gebe ich
kaum 4. vor Collegia wenig oder gar nichts. Aber der Waͤſcherin/
dem Balbirer/ dem Pedellen. Hilff ewiger Gott ſo gar viel! Aber ihr
Eſels wiſſet nicht was die Academiſche Kuͤnſte koſten/ und wie theuꝛ
ſie ſind. Was fuͤr ein groſſer Unterſcheid ſeye unter uns und dem Poͤ-
bel. Dieſes alles hoͤrete ich mit groſſer Gedult und nicht geringen
Verdruß an/ ſchlug endlich loß und fragte/ was denn fuͤr ein groſſer
Unterſcheid waͤre/ und was es nutzte/ viele Staͤdte und Doͤrffer ge-
ſehen haben/ wozu es dienete/ daß man mit einem Pferde weiherte/
ſchreien mit dem Eſel/ bellen mit dem Hunde. Was es helffe frembde
Sprachen wiſſen und gelernet haben/ wann weder wir/ noch unſere

Freunde/
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[546/0588] Von der Einbildung. von dieſen Difcurſen brechen wir abe/ und kommen auff weit wichti- gere/ und das Roͤmiſche Reich betreffende und hochangelegene Ge- ſpraͤch; Es lieſſe der neue Candidat ſich herauß/ auff was Manier die Frantzoſen die Spanier koͤnten uͤberwaͤltigen/ und wie ſie koͤnten den engern Meerbuſen mit Steinen und ander materialien ſtopffen und fuͤllen/ und dem Meer gebieten/ daß es ſeinen Lauff endern und anders wohin nehmen muͤſte/ ſolcher Geſtalt koͤnten die auß Europa in A- ſien und Afriquen zu Land und trockenes Fuſſes kommen. Ja ſagte ich/ lieber Candidate/ wenn aber das Meer ihme von dem Frantzoſen nit gebieten lieſſe? Antwort/ da waͤre leichtlich ein Mittel zu erfinden. Man muͤſte ihm den Hindern mit Ruhten ſtreichen/ gleich wie Xer- xes gethan/ als er mit dreymal hundert tauſend Mann wider die Grichen zoge und dem Helleſponto einen guten product geben lieſſe. Jch regerirte, wenn das Meer aber es machte gleich wie die boͤſe Buben/ derer Hartneckigkeit unter der Ruhten offtermalen zu wachſen pfleget? Dann muͤſte man ihme gute Wort geben/ antwortet der hochgelehrte Herꝛ Doctorandus: und muͤſte ihme einen Ring geben/ wie von den Buͤrgern zu Rom/ den Vene- digern alle Jahr gegeben wird. Als wir alſo diſcurrirten erhube ſich ein Gezaͤnck. Es ſetzte ſich einer/ ſo fuͤr einen feinen Geſellen anzuſehen zum Tiſche/ denn/ ſie ſagten/ daß er ein Hauß-Pennal waͤre. Dem rupff- tẽ ſie auff/ daß ihm die/ den Herren Scholaren von Kaͤyſer Friderichẽ gegoͤnnete Freyheiten nicht angienge. Denn ſagten ſie/ du biſt ſtudi- rens halber nicht gewandert/ noch auß einem reichen ein armer Ge- ſell worden; Sehe mich an/ ſagt einer unter dem Hauffen/ der ich viel von Jugend auff gelitten/ geſchwitzet und gefroren habe. Was meinſtu wol/ wie ich meinem Patrimonio zugeſprochen: Des Jahrs gebe ich vor den Tiſch 100. Reichsthaler. Vor Extra 60. Dem Kauf- mann 40. Dem Schuſter 12. Dem Schneider eben ſo viel: Viel Buͤ- cher aber/ Federn/ Dinten/ Pappir alles zuſammen gerechnet/ gebe ich kaum 4. vor Collegia wenig oder gar nichts. Aber der Waͤſcherin/ dem Balbirer/ dem Pedellen. Hilff ewiger Gott ſo gar viel! Aber ihr Eſels wiſſet nicht was die Academiſche Kuͤnſte koſten/ und wie theuꝛ ſie ſind. Was fuͤr ein groſſer Unterſcheid ſeye unter uns und dem Poͤ- bel. Dieſes alles hoͤrete ich mit groſſer Gedult und nicht geringen Verdruß an/ ſchlug endlich loß und fragte/ was denn fuͤr ein groſſer Unterſcheid waͤre/ und was es nutzte/ viele Staͤdte und Doͤrffer ge- ſehen haben/ wozu es dienete/ daß man mit einem Pferde weiherte/ ſchreien mit dem Eſel/ bellen mit dem Hunde. Was es helffe frembde Sprachen wiſſen und gelernet haben/ wann weder wir/ noch unſere Freunde/

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/588>, abgerufen am 16.06.2024.