Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Die erbare Hure. meynet vielleicht/ weil er ein wenig Latein gelernet habe/ so wolle ermehr seyn/ als wir. Sihe/ da wil er uns vexiren/ und hat einen Bau- ren mit einer Mistgabel/ uns zum Schimpff auff das Hauß setzen lassen. Der ander Bürger sagte/ daß ihn dieser und jener hole/ der Bauer sol vom Hause herunter/ bevor die Sonne untergehet/ oder ich wil meinen Kopff nicht behalten. Damit giengen sie zu den andern Nachbarn/ und zeugeten ihnen an/ daß dieser Kerl der Stadt Löbe- nicht zum Spott einen Bauren mit einer Mistgabel auff sein Hauß habe setzen lassen. Das Geschrey gieng geschwind durch die gantze Stadt/ und es Eben also gehet es dir mit deinen Schrifften. Etliche lesen sie/ al- Glaube mir Ehrenhold/ mancher schreyet über euch auß Unver- Ehrenhold/ deine Schrifften werden von vielen hohen Standes- nen J i
Die erbare Hure. meynet vielleicht/ weil er ein wenig Latein gelernet habe/ ſo wolle ermehr ſeyn/ als wir. Sihe/ da wil er uns vexiren/ und hat einen Bau- ren mit einer Miſtgabel/ uns zum Schimpff auff das Hauß ſetzen laſſen. Der ander Buͤrger ſagte/ daß ihn dieſer und jener hole/ der Bauer ſol vom Hauſe herunter/ bevor die Sonne untergehet/ oder ich wil meinen Kopff nicht behalten. Damit giengen ſie zu den andern Nachbarn/ und zeugeten ihnen an/ daß dieſer Kerl der Stadt Loͤbe- nicht zum Spott einen Bauren mit einer Miſtgabel auff ſein Hauß habe ſetzen laſſen. Das Geſchrey gieng geſchwind durch die gantze Stadt/ und es Eben alſo gehet es dir mit deinen Schrifften. Etliche leſen ſie/ al- Glaube mir Ehrenhold/ mancher ſchreyet uͤber euch auß Unver- Ehrenhold/ deine Schrifften werden von vielen hohen Standes- nen J i
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Die erbare Hure.
meynet vielleicht/ weil er ein wenig Latein gelernet habe/ ſo wolle er
mehr ſeyn/ als wir. Sihe/ da wil er uns vexiren/ und hat einen Bau-
ren mit einer Miſtgabel/ uns zum Schimpff auff das Hauß ſetzen
laſſen. Der ander Buͤrger ſagte/ daß ihn dieſer und jener hole/ der
Bauer ſol vom Hauſe herunter/ bevor die Sonne untergehet/ oder
ich wil meinen Kopff nicht behalten. Damit giengen ſie zu den andern
Nachbarn/ und zeugeten ihnen an/ daß dieſer Kerl der Stadt Loͤbe-
nicht zum Spott einen Bauren mit einer Miſtgabel auff ſein Hauß
habe ſetzen laſſen.
Das Geſchrey gieng geſchwind durch die gantze Stadt/ und es
lieffen zuſammen/ Maͤnner und Weiber/ mit Spieſſen/ Stangen/
Spiñrocken und dergleichen/ und wolten dem guten Kerl das Hauß
ſtuͤrmen. Der gute Bonifacius ſahe ohngefehr durch das Fenſter/ uñ
wurde der groſſen Menge Volckes gewahr/ rieff und ſagte: Jhr lieben
Nachbarn/ was bedeutet das? die Gemeine antwortete/ was ſol es
bedeuten? den Bauren vom Hauſe! Bomfacius antwortete: Jhr lie-
ben Nachbarn/ es iſt kein Bauer/ ſondern der Neptunus. Was? ant-
wortete die Gemeine/ was ſagſtu von dem Klinklums; den Bauren
vom Hauſe/ oder wir wollen dir etwas anders zeigen.
Eben alſo gehet es dir mit deinen Schrifften. Etliche leſen ſie/ al-
lein die Art zu ſchreiben koͤmt ihnen etwas frembd fuͤr/ wie den Loͤbe-
nichtern der Klinklums. Ja viele reden uͤbel davon/ und haben ſie doch
nicht geleſen/ ſondern machen es wie jener Schneider zu Franckfurt
am Maͤyn/ welcher zu andern Schneidern kam/ und ſagte: Ach in der
Schnurgaſſe/ im wilden Mann/ iſt ein koͤſtlicher guter Trunck rother
Wein. Die andern Schneider ſagten: Meiſter Hans/ wie lang iſt es/
daß ihr den Wein verſuchet habet? Meiſter Hans antwortete/ ich hab
ihn nit verſucht/ ſondern meines Vaters Bruder Sohn/ der kleine
Peterman/ hat geſehen/ daß etliche Leute ihn getruncken haben/ und
allezeit die Glaͤſer rein außgeleeret/ darauß ſchlieſſe ich/ daß es ohn
allen Zweiffel ein koͤſtlicher Wein ſeyn muͤſſe.
Glaube mir Ehrenhold/ mancher ſchreyet uͤber euch auß Unver-
ſtande/ wie hiebevor die Pfaffen im Pabſtthumb/ uͤber Eraſmum
ſchryen/ und ſagten: Die Welt ſey gar zu boͤſe worden/ es muͤſſe der
Juͤngſte Tag/ oder ſonſt eine groſſe Straffe nicht weit ſeyn/ dann die
Bauren freſſen Laͤmmer und junge Huͤnlein in der Faſten/ ſie bringen
den Zehenden zu rechter Zeit nicht ein/ und Eraſmus von Roterdam
komme/ und ſchriebe Colloquia.
Ehrenhold/ deine Schrifften werden von vielen hohen Standes-
Perſonen geleſen/ du redeſt oder ſchreibeſt nichts/ das Gottes Wort
oder der Augſpurgiſchen Confeſſion zuwider laufft, ſondern du redeſt
die Warheit mit lachendem Munde. Es iſt mir juͤngſt/ als ich von dei-
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