Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
Christl. Gemeine/ welche er geärgert habe/ offentlich umb Verzeihung
bitten/ und hernach 2. Jahr deß Lands verwiesen seyn solte.

Seine Frau aber bate vor ihn/ und sagte: er sey allezeit ein frommer
Mann gewesen/ sie wisse nicht/ wie ihn der Teuffel also verführet habe.
Bate demnach/ daß ihm doch ein andere Straffe möge aufferleget
werden/ dabey er im Lande bleiben könne.

Als haben an Jhre Durchl. wir geschrieben und gebeten/ daß Jhre
Durchl. ihn dahin condemniren möge/ daß er 2. Jahre im Karn ge-
hen/ und auff dem Wall zu N. arbeiten müsse. Lieber sagt mir/ was
haltet ihr von diesem Urtheil?

Jch antwortete/ es ist ein gutes Urthel. Jch wolte wünschen/ daß
J. Durchl. ein gemein Gesetz macheten/ daß alle Hurer und Ehebrecher
im gantzen Lande also gestraffet würden. Jch hielte davor/ daß Jhre
Durchl. innerhalb 2. Jahren/ eine vortreffliche Vestung zu N. haben
würden. Allein Hochedler Herr/ es ist immermehr Schade/ vor den
schönen köstlichen sammeten mit Zobeln gefütterten Rock. Wann E.
Hoched. Gestr. und Jhr Herr Bruder 2. Jahre in dem Karn gehen/
und auff dem Wall arbeiten solten/ wie bald würden diese köstliche
Röck verderbet werden.

Es traten etliche andere hochgelehrte Ehebrecher von Hause auß
auff/ und warffen mit etlichen Sprüchen der H. Schrifft umb sich/
welche sie anzogen/ auß dem gottlosen Tractat deß Bernhardi Ochini/
darin er beweisen wil/ quod polygamia etiam in N. T. sit licita.
Jch wünsche von Grund meiner Seelen/ daß ein vornehmer Candi-
dat
oder Professor Theologiae dieses gottlose Buch mit allem Fleiß
refutiren, und denen gelehrten Ehebrechern von Hause auß/ das
Maul stopffen möchte. Er würde Gott so einen angenehmen Dienst
thun/ als wann er Photinianer/ Jüden/ Papisten und andere widerle-
get hätte. Dann Hurer und Ehebrecher von Hause auß/ werden un-
ter allen Religionsverwandten gefunden.

Als ich noch mit einem und anderm Ehebrecher stritte/ wurde mir
ein vornehmer Mann gezeiget/ welchen ich vor ein Exemplar eines
rechtschaffenen guten Christen gehalten habe/ von dem gesaget/ daß er
eben so wol als N. unter die Zahl der Ehebrecher von Hause auß/ ge-
höre. Dann er halte eine Concubine. Und wann er deß Abends lange
gebetet/ gesungen/ in der Biblia etliche Capitel gelesen/ und eine gerau-
me Zeit in S. Joh. Arnds Christenthumb/ in dessen Paradeißgärtlein
mit lauter Stimme geplappert/ so gehe er endlich mit der Concubine
zu Bette: wann er dann deß Morgens auffstehe/ fange er widerumb
an zu singen/ zu beten/ und in der Bibel zu lesen/ und gehe darauff nach
der Kirche.

Jch kunte mich darüber nicht gnugsam verwundern/ sondern dach-
te bey mir selbst/ du andächtiger frommer Hurenjäger/ du Ehrwürdiger/

und
G g ij

Vorrede.
Chriſtl. Gemeine/ welche er geaͤrgert habe/ offentlich umb Verzeihung
bitten/ und hernach 2. Jahr deß Lands verwieſen ſeyn ſolte.

Seine Frau aber bate vor ihn/ und ſagte: er ſey allezeit ein from̃er
Mann geweſen/ ſie wiſſe nicht/ wie ihn der Teuffel alſo verfuͤhret habe.
Bate demnach/ daß ihm doch ein andere Straffe moͤge aufferleget
werden/ dabey er im Lande bleiben koͤnne.

Als haben an Jhre Durchl. wir geſchrieben und gebeten/ daß Jhre
Durchl. ihn dahin condemniren moͤge/ daß er 2. Jahre im Karn ge-
hen/ und auff dem Wall zu N. arbeiten muͤſſe. Lieber ſagt mir/ was
haltet ihr von dieſem Urtheil?

Jch antwortete/ es iſt ein gutes Urthel. Jch wolte wuͤnſchen/ daß
J. Durchl. ein gemein Geſetz machetẽ/ daß alle Hurer und Ehebrecher
im gantzen Lande alſo geſtraffet wuͤrden. Jch hielte davor/ daß Jhre
Durchl. innerhalb 2. Jahren/ eine vortreffliche Veſtung zu N. haben
wuͤrden. Allein Hochedler Herr/ es iſt immermehr Schade/ vor den
ſchoͤnen koͤſtlichen ſammeten mit Zobeln gefuͤtterten Rock. Wann E.
Hoched. Geſtr. und Jhr Herr Bruder 2. Jahre in dem Karn gehen/
und auff dem Wall arbeiten ſolten/ wie bald wuͤrden dieſe koͤſtliche
Roͤck verderbet werden.

Es traten etliche andere hochgelehrte Ehebrecher von Hauſe auß
auff/ und warffen mit etlichen Spruͤchen der H. Schrifft umb ſich/
welche ſie anzogen/ auß dem gottloſen Tractat deß Bernhardi Ochini/
darin er beweiſen wil/ quod polygamia etiam in N. T. ſit licita.
Jch wuͤnſche von Grund meiner Seelen/ daß ein vornehmer Candi-
dat
oder Profeſſor Theologiæ dieſes gottloſe Buch mit allem Fleiß
refutiren, und denen gelehrten Ehebrechern von Hauſe auß/ das
Maul ſtopffen moͤchte. Er wuͤrde Gott ſo einen angenehmen Dienſt
thun/ als wann er Photinianer/ Juͤden/ Papiſten und andere widerle-
get haͤtte. Dann Hurer und Ehebrecher von Hauſe auß/ werden un-
ter allen Religionsverwandten gefunden.

Als ich noch mit einem und anderm Ehebrecher ſtritte/ wurde mir
ein vornehmer Mann gezeiget/ welchen ich vor ein Exemplar eines
rechtſchaffenen guten Chriſten gehalten habe/ von dem geſaget/ daß er
eben ſo wol als N. unter die Zahl der Ehebrecher von Hauſe auß/ ge-
hoͤre. Dann er halte eine Concubine. Und wann er deß Abends lange
gebetet/ geſungen/ in der Biblia etliche Capitel geleſen/ und eine gerau-
me Zeit in S. Joh. Arnds Chriſtenthumb/ in deſſen Paradeißgaͤrtlein
mit lauter Stimme geplappert/ ſo gehe er endlich mit der Concubine
zu Bette: wann er dann deß Morgens auffſtehe/ fange er widerumb
an zu ſingen/ zu beten/ und in der Bibel zu leſen/ und gehe darauff nach
der Kirche.

Jch kunte mich daruͤber nicht gnugſam verwundern/ ſondern dach-
te bey mir ſelbſt/ du andaͤchtiger from̃er Hurenjaͤger/ du Ehꝛwuͤrdiger/

und
G g ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0509" n="467"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
Chri&#x017F;tl. Gemeine/ welche er gea&#x0364;rgert habe/ offentlich umb Verzeihung<lb/>
bitten/ und hernach 2. Jahr deß Lands verwie&#x017F;en &#x017F;eyn &#x017F;olte.</p><lb/>
          <p>Seine Frau aber bate vor ihn/ und &#x017F;agte: er &#x017F;ey allezeit ein from&#x0303;er<lb/>
Mann gewe&#x017F;en/ &#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;e nicht/ wie ihn der Teuffel al&#x017F;o verfu&#x0364;hret habe.<lb/>
Bate demnach/ daß ihm doch ein andere Straffe mo&#x0364;ge aufferleget<lb/>
werden/ dabey er im Lande bleiben ko&#x0364;nne.</p><lb/>
          <p>Als haben an Jhre Durchl. wir ge&#x017F;chrieben und gebeten/ daß Jhre<lb/>
Durchl. ihn dahin <hi rendition="#aq">condemniren</hi> mo&#x0364;ge/ daß er 2. Jahre im Karn ge-<lb/>
hen/ und auff dem Wall zu N. arbeiten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Lieber &#x017F;agt mir/ was<lb/>
haltet ihr von die&#x017F;em Urtheil?</p><lb/>
          <p>Jch antwortete/ es i&#x017F;t ein gutes Urthel. Jch wolte wu&#x0364;n&#x017F;chen/ daß<lb/>
J. Durchl. ein gemein Ge&#x017F;etz machete&#x0303;/ daß alle Hurer und Ehebrecher<lb/>
im gantzen Lande al&#x017F;o ge&#x017F;traffet wu&#x0364;rden. Jch hielte davor/ daß Jhre<lb/>
Durchl. innerhalb 2. Jahren/ eine vortreffliche Ve&#x017F;tung zu N. haben<lb/>
wu&#x0364;rden. Allein Hochedler Herr/ es i&#x017F;t immermehr Schade/ vor den<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;nen ko&#x0364;&#x017F;tlichen &#x017F;ammeten mit Zobeln gefu&#x0364;tterten Rock. Wann E.<lb/>
Hoched. Ge&#x017F;tr. und Jhr Herr Bruder 2. Jahre in dem Karn gehen/<lb/>
und auff dem Wall arbeiten &#x017F;olten/ wie bald wu&#x0364;rden die&#x017F;e ko&#x0364;&#x017F;tliche<lb/>
Ro&#x0364;ck verderbet werden.</p><lb/>
          <p>Es traten etliche andere hochgelehrte Ehebrecher von Hau&#x017F;e auß<lb/>
auff/ und warffen mit etlichen Spru&#x0364;chen der H. Schrifft umb &#x017F;ich/<lb/>
welche &#x017F;ie anzogen/ auß dem gottlo&#x017F;en Tractat deß Bernhardi Ochini/<lb/>
darin er bewei&#x017F;en wil/ <hi rendition="#aq">quod polygamia etiam in N. T. &#x017F;it licita.</hi><lb/>
Jch wu&#x0364;n&#x017F;che von Grund meiner Seelen/ daß ein vornehmer <hi rendition="#aq">Candi-<lb/>
dat</hi> oder <hi rendition="#aq">Profe&#x017F;&#x017F;or Theologiæ</hi> die&#x017F;es gottlo&#x017F;e Buch mit allem Fleiß<lb/><hi rendition="#aq">refutiren,</hi> und denen gelehrten Ehebrechern von Hau&#x017F;e auß/ das<lb/>
Maul &#x017F;topffen mo&#x0364;chte. Er wu&#x0364;rde Gott &#x017F;o einen angenehmen Dien&#x017F;t<lb/>
thun/ als wann er Photinianer/ Ju&#x0364;den/ Papi&#x017F;ten und andere widerle-<lb/>
get ha&#x0364;tte. Dann Hurer und Ehebrecher von Hau&#x017F;e auß/ werden un-<lb/>
ter allen Religionsverwandten gefunden.</p><lb/>
          <p>Als ich noch mit einem und anderm Ehebrecher &#x017F;tritte/ wurde mir<lb/>
ein vornehmer Mann gezeiget/ welchen ich vor ein Exemplar eines<lb/>
recht&#x017F;chaffenen guten Chri&#x017F;ten gehalten habe/ von dem ge&#x017F;aget/ daß er<lb/>
eben &#x017F;o wol als N. unter die Zahl der Ehebrecher von Hau&#x017F;e auß/ ge-<lb/>
ho&#x0364;re. Dann er halte eine Concubine. Und wann er deß Abends lange<lb/>
gebetet/ ge&#x017F;ungen/ in der Biblia etliche Capitel gele&#x017F;en/ und eine gerau-<lb/>
me Zeit in S. Joh. Arnds Chri&#x017F;tenthumb/ in de&#x017F;&#x017F;en Paradeißga&#x0364;rtlein<lb/>
mit lauter Stimme geplappert/ &#x017F;o gehe er endlich mit der Concubine<lb/>
zu Bette: wann er dann deß Morgens auff&#x017F;tehe/ fange er widerumb<lb/>
an zu &#x017F;ingen/ zu beten/ und in der Bibel zu le&#x017F;en/ und gehe darauff nach<lb/>
der Kirche.</p><lb/>
          <p>Jch kunte mich daru&#x0364;ber nicht gnug&#x017F;am verwundern/ &#x017F;ondern dach-<lb/>
te bey mir &#x017F;elb&#x017F;t/ du anda&#x0364;chtiger from&#x0303;er Hurenja&#x0364;ger/ du Eh&#xA75B;wu&#x0364;rdiger/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G g ij</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[467/0509] Vorrede. Chriſtl. Gemeine/ welche er geaͤrgert habe/ offentlich umb Verzeihung bitten/ und hernach 2. Jahr deß Lands verwieſen ſeyn ſolte. Seine Frau aber bate vor ihn/ und ſagte: er ſey allezeit ein from̃er Mann geweſen/ ſie wiſſe nicht/ wie ihn der Teuffel alſo verfuͤhret habe. Bate demnach/ daß ihm doch ein andere Straffe moͤge aufferleget werden/ dabey er im Lande bleiben koͤnne. Als haben an Jhre Durchl. wir geſchrieben und gebeten/ daß Jhre Durchl. ihn dahin condemniren moͤge/ daß er 2. Jahre im Karn ge- hen/ und auff dem Wall zu N. arbeiten muͤſſe. Lieber ſagt mir/ was haltet ihr von dieſem Urtheil? Jch antwortete/ es iſt ein gutes Urthel. Jch wolte wuͤnſchen/ daß J. Durchl. ein gemein Geſetz machetẽ/ daß alle Hurer und Ehebrecher im gantzen Lande alſo geſtraffet wuͤrden. Jch hielte davor/ daß Jhre Durchl. innerhalb 2. Jahren/ eine vortreffliche Veſtung zu N. haben wuͤrden. Allein Hochedler Herr/ es iſt immermehr Schade/ vor den ſchoͤnen koͤſtlichen ſammeten mit Zobeln gefuͤtterten Rock. Wann E. Hoched. Geſtr. und Jhr Herr Bruder 2. Jahre in dem Karn gehen/ und auff dem Wall arbeiten ſolten/ wie bald wuͤrden dieſe koͤſtliche Roͤck verderbet werden. Es traten etliche andere hochgelehrte Ehebrecher von Hauſe auß auff/ und warffen mit etlichen Spruͤchen der H. Schrifft umb ſich/ welche ſie anzogen/ auß dem gottloſen Tractat deß Bernhardi Ochini/ darin er beweiſen wil/ quod polygamia etiam in N. T. ſit licita. Jch wuͤnſche von Grund meiner Seelen/ daß ein vornehmer Candi- dat oder Profeſſor Theologiæ dieſes gottloſe Buch mit allem Fleiß refutiren, und denen gelehrten Ehebrechern von Hauſe auß/ das Maul ſtopffen moͤchte. Er wuͤrde Gott ſo einen angenehmen Dienſt thun/ als wann er Photinianer/ Juͤden/ Papiſten und andere widerle- get haͤtte. Dann Hurer und Ehebrecher von Hauſe auß/ werden un- ter allen Religionsverwandten gefunden. Als ich noch mit einem und anderm Ehebrecher ſtritte/ wurde mir ein vornehmer Mann gezeiget/ welchen ich vor ein Exemplar eines rechtſchaffenen guten Chriſten gehalten habe/ von dem geſaget/ daß er eben ſo wol als N. unter die Zahl der Ehebrecher von Hauſe auß/ ge- hoͤre. Dann er halte eine Concubine. Und wann er deß Abends lange gebetet/ geſungen/ in der Biblia etliche Capitel geleſen/ und eine gerau- me Zeit in S. Joh. Arnds Chriſtenthumb/ in deſſen Paradeißgaͤrtlein mit lauter Stimme geplappert/ ſo gehe er endlich mit der Concubine zu Bette: wann er dann deß Morgens auffſtehe/ fange er widerumb an zu ſingen/ zu beten/ und in der Bibel zu leſen/ und gehe darauff nach der Kirche. Jch kunte mich daruͤber nicht gnugſam verwundern/ ſondern dach- te bey mir ſelbſt/ du andaͤchtiger from̃er Hurenjaͤger/ du Ehꝛwuͤrdiger/ und G g ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/509
Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/509>, abgerufen am 15.06.2024.