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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Die Krancken Wärterin.
zur Nothturfft/ auff daß wir nicht auff der Reyse zum wahren Vater-
land in diesem Jammerthal erligen.

Gütiger Vater/ ich wil alle meine Sorge auff dich werffen/ der ge-
wissen Zuversicht/ weil du mich auß Gnaden zum Kinde angenommen
hast/ so wirstu mir auch meine Nothturfft für Leib und Seele schaf-
fen/ zwar was den Leib angehet/ der ist fast schwach; So wil ich mich
umb ihn nicht hoch bekümmern: Gib ihm gleichwol seine Nothturfft
O HERR so lang das Leben darinnen ist/ aber die Seele/ und ihre
Nothturfft sol mir ja billich höher angelegen seyn: Dieselbige hungert
und dürstet nach dir/ wil sich auch mit keinem Ding ersättigen lassen/
dann allein mit dir dem lebendigen Gott. Du hast sie gespeiset mit dei-
nem H. Wort/ und mit dem lebendigen Himmelbrodt/ dem wahren
Leib Jesu Christi/ auch mit deiner Gnade und Göttlichen Trost vom
Himmel; Dafür dir Lob und Danck sey in Ewigkeit. Jch bitte auch
barmhertziger Vater/ du wollest sie derselbigen himlischen Speise kei-
nen Mangel haben lassen/ damit sie auff dieser Reyse/ insonderheit
wann die letzten Züge herangehen/ nicht matt und krafftloß werde/
und in den eussersten Aengsten erlige/ sondern freudig hindurch trin-
ge zu dir dem höchsten Gott/ und sich alsdann mit Beschauung dei-
nes Göttlichen Angesichts recht ersättige.

Vergib uns unsere Schuld/ als wir ver-
geben unsern Schuldigern.

WEnn wir das Buch unsers Gewissens auffthun/ so findet
sich eine grosse Schuld/ damit wir deiner Göttlichen Maje-
stät verpflichtet sind. Dann wir fallen täglich/ und hauffen
immer eine Sünde über die andere. Derowegen bitten wir umb Gnade/
O HErr; dann wann das recht gehen solte/ so were es mit uns verlo-
ren ewiglich/ wir können dir nicht eins für tausend antworten; Ja es
würde kein lebendiger Mensch rechtfertig erfunden für deinen Augen.
Aber du bist barmhertzig und von grosser Güte/ hast auch deine Gnade
allen bußfertigen Sündern verheissen: Darumb erlaß uns die Schuld/
umb deines lieben Sohns Jesu Christi willen. Weil du auch haben
wilt/ daß wir uns der brüderlichen Liebe befleissigen sollen/ und einer
dem andern seine Mängel verzeihen; so wollen wir uns auch also wi-
derumb gegen unsern Nechsten erzeigen/ wie wir in diesem Fall von
dir begehren. Was einer gegen den andern verschulden kan in dieser
Welt/ das ist ja ein gerings gegen dem/ damit wir uns gegen deine hohe
Majestät vergreiffen/ begehren derwegen auch nit anders/ dann daß du
uns thust/ wie wir unserm Nechsten thun; deme wir gern von Hertzen

verge-
E e ij

Die Krancken Waͤrterin.
zur Nothturfft/ auff daß wir nicht auff der Reyſe zum wahren Vater-
land in dieſem Jammerthal erligen.

Guͤtiger Vater/ ich wil alle meine Sorge auff dich weꝛffen/ der ge-
wiſſen Zuverſicht/ weil du mich auß Gnaden zum Kinde angenom̃en
haſt/ ſo wirſtu mir auch meine Nothturfft fuͤr Leib und Seele ſchaf-
fen/ zwar was den Leib angehet/ der iſt faſt ſchwach; So wil ich mich
umb ihn nicht hoch bekuͤmmern: Gib ihm gleichwol ſeine Nothturfft
O HERR ſo lang das Leben darinnen iſt/ aber die Seele/ und ihre
Nothturfft ſol mir ja billich hoͤher angelegen ſeyn: Dieſelbige hungert
und duͤrſtet nach dir/ wil ſich auch mit keinem Ding erſaͤttigen laſſen/
dann allein mit dir dem lebendigen Gott. Du haſt ſie geſpeiſet mit dei-
nem H. Wort/ und mit dem lebendigen Himmelbrodt/ dem wahren
Leib Jeſu Chriſti/ auch mit deiner Gnade und Goͤttlichen Troſt vom
Himmel; Dafuͤr dir Lob und Danck ſey in Ewigkeit. Jch bitte auch
barmhertziger Vater/ du wolleſt ſie derſelbigen himliſchen Speiſe kei-
nen Mangel haben laſſen/ damit ſie auff dieſer Reyſe/ inſonderheit
wann die letzten Zuͤge herangehen/ nicht matt und krafftloß werde/
und in den euſſerſten Aengſten erlige/ ſondern freudig hindurch trin-
ge zu dir dem hoͤchſten Gott/ und ſich alsdann mit Beſchauung dei-
nes Goͤttlichen Angeſichts recht erſaͤttige.

Vergib uns unſere Schuld/ als wir ver-
geben unſern Schuldigern.

WEnn wir das Buch unſers Gewiſſens auffthun/ ſo findet
ſich eine groſſe Schuld/ damit wir deiner Goͤttlichen Maje-
ſtaͤt verpflichtet ſind. Dann wir fallen taͤglich/ und hauffen
im̃er eine Suͤnde uͤber die andere. Derowegen bitten wir umb Gnade/
O HErr; dann wann das recht gehen ſolte/ ſo were es mit uns verlo-
ren ewiglich/ wir koͤnnen dir nicht eins fuͤr tauſend antworten; Ja es
wuͤrde kein lebendiger Menſch rechtfertig erfunden fuͤr deinen Augen.
Aber du biſt barmhertzig und von groſſer Guͤte/ haſt auch deine Gnade
allẽ bußfertigen Suͤndern verheiſſen: Darumb erlaß uns die Schuld/
umb deines lieben Sohns Jeſu Chriſti willen. Weil du auch haben
wilt/ daß wir uns der bruͤderlichen Liebe befleiſſigen ſollen/ und einer
dem andern ſeine Maͤngel verzeihen; ſo wollen wir uns auch alſo wi-
derumb gegen unſern Nechſten erzeigen/ wie wir in dieſem Fall von
dir begehren. Was einer gegen den andern verſchulden kan in dieſer
Welt/ das iſt ja ein gerings gegẽ dem/ damit wir uns gegen deine hohe
Majeſtaͤt vergreiffen/ begehren derwegen auch nit anders/ dañ daß du
uns thuſt/ wie wir unſerm Nechſten thun; deme wir gern von Hertzen

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E e ij
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[435/0477] Die Krancken Waͤrterin. zur Nothturfft/ auff daß wir nicht auff der Reyſe zum wahren Vater- land in dieſem Jammerthal erligen. Guͤtiger Vater/ ich wil alle meine Sorge auff dich weꝛffen/ der ge- wiſſen Zuverſicht/ weil du mich auß Gnaden zum Kinde angenom̃en haſt/ ſo wirſtu mir auch meine Nothturfft fuͤr Leib und Seele ſchaf- fen/ zwar was den Leib angehet/ der iſt faſt ſchwach; So wil ich mich umb ihn nicht hoch bekuͤmmern: Gib ihm gleichwol ſeine Nothturfft O HERR ſo lang das Leben darinnen iſt/ aber die Seele/ und ihre Nothturfft ſol mir ja billich hoͤher angelegen ſeyn: Dieſelbige hungert und duͤrſtet nach dir/ wil ſich auch mit keinem Ding erſaͤttigen laſſen/ dann allein mit dir dem lebendigen Gott. Du haſt ſie geſpeiſet mit dei- nem H. Wort/ und mit dem lebendigen Himmelbrodt/ dem wahren Leib Jeſu Chriſti/ auch mit deiner Gnade und Goͤttlichen Troſt vom Himmel; Dafuͤr dir Lob und Danck ſey in Ewigkeit. Jch bitte auch barmhertziger Vater/ du wolleſt ſie derſelbigen himliſchen Speiſe kei- nen Mangel haben laſſen/ damit ſie auff dieſer Reyſe/ inſonderheit wann die letzten Zuͤge herangehen/ nicht matt und krafftloß werde/ und in den euſſerſten Aengſten erlige/ ſondern freudig hindurch trin- ge zu dir dem hoͤchſten Gott/ und ſich alsdann mit Beſchauung dei- nes Goͤttlichen Angeſichts recht erſaͤttige. Vergib uns unſere Schuld/ als wir ver- geben unſern Schuldigern. WEnn wir das Buch unſers Gewiſſens auffthun/ ſo findet ſich eine groſſe Schuld/ damit wir deiner Goͤttlichen Maje- ſtaͤt verpflichtet ſind. Dann wir fallen taͤglich/ und hauffen im̃er eine Suͤnde uͤber die andere. Derowegen bitten wir umb Gnade/ O HErr; dann wann das recht gehen ſolte/ ſo were es mit uns verlo- ren ewiglich/ wir koͤnnen dir nicht eins fuͤr tauſend antworten; Ja es wuͤrde kein lebendiger Menſch rechtfertig erfunden fuͤr deinen Augen. Aber du biſt barmhertzig und von groſſer Guͤte/ haſt auch deine Gnade allẽ bußfertigen Suͤndern verheiſſen: Darumb erlaß uns die Schuld/ umb deines lieben Sohns Jeſu Chriſti willen. Weil du auch haben wilt/ daß wir uns der bruͤderlichen Liebe befleiſſigen ſollen/ und einer dem andern ſeine Maͤngel verzeihen; ſo wollen wir uns auch alſo wi- derumb gegen unſern Nechſten erzeigen/ wie wir in dieſem Fall von dir begehren. Was einer gegen den andern verſchulden kan in dieſer Welt/ das iſt ja ein gerings gegẽ dem/ damit wir uns gegen deine hohe Majeſtaͤt vergreiffen/ begehren derwegen auch nit anders/ dañ daß du uns thuſt/ wie wir unſerm Nechſten thun; deme wir gern von Hertzen verge- E e ij

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/477>, abgerufen am 04.06.2024.