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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Ein Holländisch
zu einem Krieg kommen lassen/ darin ein Christ den an-
dern ja ein Bruder den andern jämmerlich erwürget.
Träglicher ist es/ wann ein Christ wider einen Heyden
oder Türcken fechtet. Da wäre noch Hoffnung/ daß un-
ser HErr GOtt eine Seel davon krieget. Wo aber ein
Christ wieder den andern ficht/ da ist zu besorgen/ daß der
Teufel ein zweyfältig Opfer und Beute bekomme. Chri-
stus nennet sich einen guten Hirten/ und uns seine Schaf.
Wer hat aber je gesehen/ daß sich die Schaafe unterein-
ander gebissen und zurissen haben? Was würden die
Wölffe thun/ wann sie solches innen würden? Was meynt
ihr lieben Christen/ was der Türck dencke und im Sinn
habe/ wann er siehet/ daß die Christen mit Unfried und
Krieg also untereinander wüten und toben?
Also redet Lu-
therus.
Und fürwar es ist eine überauß grosse und schwere Verant-
wortung umb Reputation und eyteler Ehr willen Krieg anfangen/
das edle Christen-Blut wie Wasser vergiessen/ und so viel tausend
Menschen ins Elend und in Armuth setzen. Schwer/ schwer sag ich/
werden es diejenige/ welche es thun/ zu verant worten haben. Der so
aller HErr ist/ wird keines Person fürchten/ noch die Macht scheuen.
Er hat beyde die Kleine und grossen gemacht/ und sorget für alle gleich.
Uber die Mächtigen aber wird ein starck Gericht gehalten werden/
wie der Königl. Dänische Cantzler Herr Dieterich Reinking in seiner
Biblischen Policey pag. 529. davon discurrirt, welches (wie auch
das 146. und 147. axioma) wol wehrt ist/ daß es die Hoff- und Feld-
prediger in beyden Kriegs Lagern wol lesen und betrachten/ und ihrer
Herrschafft fleissig und beweglich vorhalten. Wann diese beyde Na-
tionen wolten zusammen halten/ sie könten die gantze Welt bezwin-
gen. Dann die Natur hat ihnen den Rücken frey gemacht/ wer
ihnen ins Angesicht schlagen wolt/ der müste selbst kommen. Wann
König Carol Gustav wolte fechten wie Romulus, und König Frie-
derich wolte die wahre Religion befördern und fortpflantzen/ wie
Numa Pompilius seine Heidnische Religion befördert hat/ was
könten diese grosse Potentaten nicht thun in Fortpflantzung der E-
vangelischen Kirchen/ von welcher Lutherus immer geredet/ daß sie
in den letzten Zeit in Septentrion wachsen werde? Sie könten den
Türcken auß gantz Thracia jagen/ und das Land/ welches die erste
Schuel der Christlichen Religion gewesen ist/ wieder einnehmen. Al-
lein wie werden doch die Jesuiter in die Faust lachen/ daß diese beyde
Lutherische Könige an einander gehetzt seyn/ und sich selbst ruini-
ren
wollen?
Peter
Ein Hollaͤndiſch
zu einem Kꝛieg kommen laſſen/ darin ein Chriſt den an-
dern ja ein Bruder den andern jaͤmmerlich erwuͤrget.
Traͤglicher iſt es/ wann ein Chriſt wider einen Heyden
oder Tuͤrcken fechtet. Da waͤre noch Hoffnung/ daß un-
ſer HErr GOtt eine Seel davon krieget. Wo aber ein
Chriſt wieder den andern ficht/ da iſt zu beſorgen/ daß deꝛ
Teufel ein zweyfaͤltig Opfer und Beute bekomme. Chri-
ſtus nennet ſich einen guten Hirtẽ/ und uns ſeine Schaf.
Wer hat aber je geſehen/ daß ſich die Schaafe unterein-
ander gebiſſen und zuriſſen haben? Was wuͤrden die
Woͤlffe thun/ wann ſie ſolches innen wuͤrdẽ? Was meynt
ihr lieben Chriſten/ was der Türck dencke und im Sinn
habe/ wann er ſiehet/ daß die Chriſten mit Unfried und
Krieg alſo untereinander wuͤten und toben?
Alſo redet Lu-
therus.
Und fuͤrwar es iſt eine uͤberauß groſſe und ſchwere Verant-
wortung umb Reputation und eyteler Ehr willen Krieg anfangen/
das edle Chriſten-Blut wie Waſſer vergieſſen/ und ſo viel tauſend
Menſchen ins Elend und in Armuth ſetzen. Schwer/ ſchwer ſag ich/
werden es diejenige/ welche es thun/ zu verant worten haben. Der ſo
aller HErr iſt/ wird keines Perſon fuͤrchten/ noch die Macht ſcheuen.
Er hat beyde die Kleine und groſſen gemacht/ und ſoꝛget fuͤꝛ alle gleich.
Uber die Maͤchtigen aber wird ein ſtarck Gericht gehalten werden/
wie der Koͤnigl. Daͤniſche Cantzler Herꝛ Dieterich Reinking in ſeiner
Bibliſchen Policey pag. 529. davon diſcurrirt, welches (wie auch
das 146. und 147. axioma) wol wehrt iſt/ daß es die Hoff- und Feld-
prediger in beyden Kriegs Lagern wol leſen und betrachten/ und ihrer
Herꝛſchafft fleiſſig und beweglich vorhalten. Wann dieſe beyde Na-
tionen wolten zuſammen halten/ ſie koͤnten die gantze Welt bezwin-
gen. Dann die Natur hat ihnen den Ruͤcken frey gemacht/ wer
ihnen ins Angeſicht ſchlagen wolt/ der muͤſte ſelbſt kommen. Wann
Koͤnig Carol Guſtav wolte fechten wie Romulus, und Koͤnig Frie-
derich wolte die wahre Religion befoͤrdern und fortpflantzen/ wie
Numa Pompilius ſeine Heidniſche Religion befoͤrdert hat/ was
koͤnten dieſe groſſe Potentaten nicht thun in Fortpflantzung der E-
vangeliſchen Kirchen/ von welcher Lutherus immer geredet/ daß ſie
in den letzten Zeit in Septentrion wachſen werde? Sie koͤnten den
Tuͤrcken auß gantz Thracia jagen/ und das Land/ welches die erſte
Schuel der Chriſtlichen Religion geweſen iſt/ wieder einnehmen. Al-
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[392/0434] Ein Hollaͤndiſch zu einem Kꝛieg kommen laſſen/ darin ein Chriſt den an- dern ja ein Bruder den andern jaͤmmerlich erwuͤrget. Traͤglicher iſt es/ wann ein Chriſt wider einen Heyden oder Tuͤrcken fechtet. Da waͤre noch Hoffnung/ daß un- ſer HErr GOtt eine Seel davon krieget. Wo aber ein Chriſt wieder den andern ficht/ da iſt zu beſorgen/ daß deꝛ Teufel ein zweyfaͤltig Opfer und Beute bekomme. Chri- ſtus nennet ſich einen guten Hirtẽ/ und uns ſeine Schaf. Wer hat aber je geſehen/ daß ſich die Schaafe unterein- ander gebiſſen und zuriſſen haben? Was wuͤrden die Woͤlffe thun/ wann ſie ſolches innen wuͤrdẽ? Was meynt ihr lieben Chriſten/ was der Türck dencke und im Sinn habe/ wann er ſiehet/ daß die Chriſten mit Unfried und Krieg alſo untereinander wuͤten und toben? Alſo redet Lu- therus. Und fuͤrwar es iſt eine uͤberauß groſſe und ſchwere Verant- wortung umb Reputation und eyteler Ehr willen Krieg anfangen/ das edle Chriſten-Blut wie Waſſer vergieſſen/ und ſo viel tauſend Menſchen ins Elend und in Armuth ſetzen. Schwer/ ſchwer ſag ich/ werden es diejenige/ welche es thun/ zu verant worten haben. Der ſo aller HErr iſt/ wird keines Perſon fuͤrchten/ noch die Macht ſcheuen. Er hat beyde die Kleine und groſſen gemacht/ und ſoꝛget fuͤꝛ alle gleich. Uber die Maͤchtigen aber wird ein ſtarck Gericht gehalten werden/ wie der Koͤnigl. Daͤniſche Cantzler Herꝛ Dieterich Reinking in ſeiner Bibliſchen Policey pag. 529. davon diſcurrirt, welches (wie auch das 146. und 147. axioma) wol wehrt iſt/ daß es die Hoff- und Feld- prediger in beyden Kriegs Lagern wol leſen und betrachten/ und ihrer Herꝛſchafft fleiſſig und beweglich vorhalten. Wann dieſe beyde Na- tionen wolten zuſammen halten/ ſie koͤnten die gantze Welt bezwin- gen. Dann die Natur hat ihnen den Ruͤcken frey gemacht/ wer ihnen ins Angeſicht ſchlagen wolt/ der muͤſte ſelbſt kommen. Wann Koͤnig Carol Guſtav wolte fechten wie Romulus, und Koͤnig Frie- derich wolte die wahre Religion befoͤrdern und fortpflantzen/ wie Numa Pompilius ſeine Heidniſche Religion befoͤrdert hat/ was koͤnten dieſe groſſe Potentaten nicht thun in Fortpflantzung der E- vangeliſchen Kirchen/ von welcher Lutherus immer geredet/ daß ſie in den letzten Zeit in Septentrion wachſen werde? Sie koͤnten den Tuͤrcken auß gantz Thracia jagen/ und das Land/ welches die erſte Schuel der Chriſtlichen Religion geweſen iſt/ wieder einnehmen. Al- lein wie werden doch die Jeſuiter in die Fauſt lachen/ daß dieſe beyde Lutheriſche Koͤnige an einander gehetzt ſeyn/ und ſich ſelbſt ruini- ren wollen? Peter

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/434>, abgerufen am 24.11.2024.