Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Sieben böse Geister. Gesinde kan offtmals gute Tage nicht vertragen/ und meinen/ sie Manchem eckelt vor seines Herren Brod/ wie den Jsraeliten erste
Sieben boͤſe Geiſter. Geſinde kan offtmals gute Tage nicht vertragen/ und meinen/ ſie Manchem eckelt vor ſeines Herren Brod/ wie den Jſraeliten erſte
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Sieben boͤſe Geiſter.
Geſinde kan offtmals gute Tage nicht vertragen/ und meinen/ ſie
wollen es verbeſſern/ ſo verboͤſern ſie es. Etzliche wandern auß einer
Stadt in die andere/ auß einem Lande in das andere/ aber ſie treffen
es gemeiniglich nicht. Sonderlich ſtehet es den Maͤgden uͤbel an/ wañ
ſie uͤber Land von einem Dienſte zum andern ziehen/ und iſt eine An-
zeigung eines frechen und wilden Gemuͤhts. Von gewanderten Hand-
wercks Geſellen/ halte ich viel/ aber von gewanderten Maͤgden gar
nichts. Vorzeiten hielt es das Geſinde vor einen Ruhm/ an einem Or-
te lange dienen/ hergegen hielten ſie es vor eine Schande/ von einem
Orte zum andern ziehen/ aber jetzt will es nicht gelten.
Manchem eckelt vor ſeines Herren Brod/ wie den Jſraeliten
vor dem Manna/ und wil in Krieg/ und vermeynet/ da werde er in
Schlauraffen Land kommen/ da ſeyn alle Waſſer Wein/ da fliehen
gebratene Huͤner/ Gaͤnſe/ Rephuͤner und Gꝛammets-Voͤgel auff den
Tiſch/ wann man ihnen nur pfeiffe Allein ich muß euch hier eine Fabel
erzehlen/ Man ſagt/ daß ein Schaaf und ein Eſel ſeyen der Dienſtbar-
keit uͤberdruͤſſig/ und der Freyheit begierig worden. Seyen demnach
gelauffen in einen wilden Wald. Der Hirſch habe gefraget/ warumb
ſie dahin kommen? Das Schaaf habe geantwortet: Man habe es ge-
molcken biß auffs Blut/ habe es darneben ſeines natuͤrlichen Rocks/
das iſt/ der Wolle? Jaͤhrlich beraubet/ und habe ihm auch gedrohet/
man wolle es endlich zur Schlachtbanck fuͤhren. Der Eſel habe ſich
beklaget uͤber die groſſe Laſt/ welche ihm bey nahe den Ruͤcken zerbro-
chen/ und uͤber den groſſen Undanck der Menſchen/ daß ſie ihm nichts
als Spreu und Diſteln zufreſſen geben haben. Umb dieſer Urſache
willen haben ſie ſich reſolvirt in den Wald zu gehen/ und wie das
Wild ſich der Freyheit zu gebrauchen. Der Hirſch habe geantwortet:
O ihr thoͤrichte Thiere/ Frey heit iſt nicht jederman bequem/
gleich wie alle Speiſen nicht jederman wol bekommen. Du armes
elendes Schaaf kanſt doch nicht freſſen und _ragen wie der Eſel/ und
ihr beyde ſeyd Wehrloß vor dem Wolffe/ und ſeyd darzu langſam
euer Leben mit Lauffen zu erretten. Jhr haͤttet beſſer daran gethan/
daß ihr blieben waͤret/ wo ihr geweſen ſeyd. Was meynet ihr wol/ wie
mancher Handwercks-Geſell bißhero von ſeinem Meiſter gelauffen/
und ſich in den Polniſchen und Daniſchen Krieg begeben/ der jetzo
mehr Laͤuſe als Roſenobel in den Hoſen hat/ und wuͤnſchet/ daß er je-
tzo moͤchte bey ſeinem Meiſter zu Hamburg ſeyn/ und auf einem Son-
tage ſein Hertz crquicken/ mit dem/ was er auff einem Werckeltag nit
hat freſſen oder ſauffen moͤgen. Das iſt nicht anders als eine Straff
der Untreue/ welche zu ſeiner Zeit betrifft alle untreue Knechte und
Maͤgde/ die Gott nicht lieben und ehren/ und GOtt zu ehren nicht
thun/ was Er im vierdten Gebote befohlen hat; Welches Gebot das
erſte
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