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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Lucidor.
haben als ihren Bruder/ haben ihn convojirt durch das gantze Land/
haben ihm Wege und Stege gezeiget/ und andere Beförderung er-
wiesen/ welche er mit vielem Gelde nicht hätte erlangen können. Jch
muß euch noch eine andere Histori erzehlen/ die ich bey Johanne
Paulo
in seinen Jocoseriis gelesen. Der sagt/ daß zwey vornehme
Schweitzer seyen gewesen/ die haben lange Zeit grosse Proceß gefüh-
ret mit grossem Unkosten. Der eine sey hertzhafft und verständig ge-
wesen/ und hab seines Widersachers Thorheit betrachtet/ sey mit sei-
nem Sohn im Harnisch/ mit Wehr und Waffen vor seines Feindes
Hauß kommen. Als der Feind erschrocken/ und ihn durch seine Knecht
hab fragen lassen/ was das bedeute? Da hab ihm der ander geantwor-
tet/ er hab betrachtet was für Thorheiten bißhero zwischen ihnen vor-
gangen seyn. Nun habe er einen Sohn/ der tapffer von Gemüt/ und
starck von Leibe sey/ und er sein Gegentheil habe eine wolerzogene Toch-
ter. Begehre demnach daß er diese Tochter seinem Sohn zum Weibe
gebe/ damit diese beyde gleichsam Bürge seyen/ daß rechte Vertrau-
ligkeit unter ihnen seyn und bleiben werde. Der Widerpart habe sich
verwundert über diese Höflichkeit/ und hab mit allerhöchster Belie-
bung dieses alles eingangen/ und seyen auß den allerverbittersten und
grösten Feinden/ die allerbesten Freunde worden. Sehet doch/ was
Gutthätigkeit und Glimpff/ so wol bey Milden und Barbarischen/
als auch bey ehrlichen Teutschen Gemühtern thun könne? Thut ihr
euren Feinden guts/ und sie erkennen solches nicht/ so wird sie GOtt
desto härter straffen. Jemehr Gutthaten ihr einen erweisen werdet/
je mehr feurige Kohlen werdet ihr ihnen auff ihren Kopff schütten.
Ach lasset mich nicht mehr Wort machen Lucidor, sondern/ wo ihr
Gott und mein Freund seyn wollet/ so gehet hin und versöhnet euch
mit eurem Vetter Philander. Jch weis wol was ihr offtmals gesagt
habet/ und werdet jetzund abermals gedencken/ und auß euren ge-
wöhnlichen passionen sagen: Jch habe den Philander nicht beleidi-
get/ sondern Philander hat mich beleidiget. Soll ich ihm nun nach-
lauffen? soll ich ihm zu Fusse fallen? soll ich ihn umb Verzeihung bit-
ten? Wer wird mich das heissen? Allein gedencket Lucidor, wie offt
ihr Gott erzürnet habet alle Tag? Er ist pars laesa, der beleidigte Theil.
Dennoch läst er euch einen Vertrag anbieten. Dann Paulus sagt/
2. Cor. 5. Wir sind Bottschaffter an Christi statt/ und Gott vermah-
net durch uns. So bitten wir nun an Christi statt/ last euch versöh-
nen mit Gott. Schicket nun GOtt der Allerhöchste/ der so offt und
vielmals von euch ist beleidiget worden/ zu euch/ seine Legation und
Bottschaft/ und läst euch einen Vertrag anbieten/ warum wollet ihr nit
widerum Gott zu Ehren und Gehorsam euch mit euren Vetter Philander
vertragen? Mich dünckt ich sehe euch an den Munde an/ ihr wollet sagen/

das

Lucidor.
haben als ihren Bruder/ haben ihn convojirt durch das gantze Land/
haben ihm Wege und Stege gezeiget/ und andere Befoͤrderung er-
wieſen/ welche er mit vielem Gelde nicht haͤtte erlangen koͤnnen. Jch
muß euch noch eine andere Hiſtori erzehlen/ die ich bey Johanne
Paulo
in ſeinen Jocoſeriis geleſen. Der ſagt/ daß zwey vornehme
Schweitzer ſeyen geweſen/ die haben lange Zeit groſſe Proceß gefuͤh-
ret mit groſſem Unkoſten. Der eine ſey hertzhafft und verſtaͤndig ge-
weſen/ und hab ſeines Widerſachers Thorheit betrachtet/ ſey mit ſei-
nem Sohn im Harniſch/ mit Wehr und Waffen vor ſeines Feindes
Hauß kommen. Als der Feind erſchrocken/ und ihn durch ſeine Knecht
hab fragen laſſen/ was das bedeute? Da hab ihm der ander geantwor-
tet/ er hab betrachtet was fuͤr Thorheiten bißhero zwiſchen ihnen vor-
gangen ſeyn. Nun habe er einen Sohn/ der tapffer von Gemuͤt/ und
ſtarck võ Leibe ſey/ uñ er ſein Gegentheil habe eine wolerzogene Toch-
ter. Begehre demnach daß er dieſe Tochter ſeinem Sohn zum Weibe
gebe/ damit dieſe beyde gleichſam Buͤrge ſeyen/ daß rechte Vertrau-
ligkeit unter ihnen ſeyn und bleiben werde. Der Widerpart habe ſich
verwundert uͤber dieſe Hoͤflichkeit/ und hab mit allerhoͤchſter Belie-
bung dieſes alles eingangen/ und ſeyen auß den allerverbitterſten und
groͤſten Feinden/ die allerbeſten Freunde worden. Sehet doch/ was
Gutthaͤtigkeit und Glimpff/ ſo wol bey Milden und Barbariſchen/
als auch bey ehrlichen Teutſchen Gemuͤhtern thun koͤnne? Thut ihr
euren Feinden guts/ und ſie erkennen ſolches nicht/ ſo wird ſie GOtt
deſto haͤrter ſtraffen. Jemehr Gutthaten ihr einen erweiſen werdet/
je mehr feurige Kohlen werdet ihr ihnen auff ihren Kopff ſchuͤtten.
Ach laſſet mich nicht mehr Wort machen Lucidor, ſondern/ wo ihr
Gott und mein Freund ſeyn wollet/ ſo gehet hin und verſoͤhnet euch
mit eurem Vetter Philander. Jch weis wol was ihr offtmals geſagt
habet/ und werdet jetzund abermals gedencken/ und auß euren ge-
woͤhnlichen paſſionen ſagen: Jch habe den Philander nicht beleidi-
get/ ſondern Philander hat mich beleidiget. Soll ich ihm nun nach-
lauffen? ſoll ich ihm zu Fuſſe fallen? ſoll ich ihn umb Verzeihung bit-
ten? Wer wird mich das heiſſen? Allein gedencket Lucidor, wie offt
ihr Gott erzuͤrnet habet alle Tag? Er iſt pars læſa, der beleidigte Theil.
Dennoch laͤſt er euch einen Vertrag anbieten. Dann Paulus ſagt/
2. Cor. 5. Wir ſind Bottſchaffter an Chriſti ſtatt/ und Gott vermah-
net durch uns. So bitten wir nun an Chriſti ſtatt/ laſt euch verſoͤh-
nen mit Gott. Schicket nun GOtt der Allerhoͤchſte/ der ſo offt und
vielmals von euch iſt beleidiget worden/ zu euch/ ſeine Legation und
Bottſchaft/ uñ laͤſt euch einẽ Vertrag anbietẽ/ warum wollet ihr nit
widerum Gott zu Ehrẽ uñ Gehorſam euch mit eurē Vetter Philander
vertragẽ? Mich duͤnckt ich ſehe euch an dẽ Munde an/ ihr wollet ſagẽ/

das
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[315/0357] Lucidor. haben als ihren Bruder/ haben ihn convojirt durch das gantze Land/ haben ihm Wege und Stege gezeiget/ und andere Befoͤrderung er- wieſen/ welche er mit vielem Gelde nicht haͤtte erlangen koͤnnen. Jch muß euch noch eine andere Hiſtori erzehlen/ die ich bey Johanne Paulo in ſeinen Jocoſeriis geleſen. Der ſagt/ daß zwey vornehme Schweitzer ſeyen geweſen/ die haben lange Zeit groſſe Proceß gefuͤh- ret mit groſſem Unkoſten. Der eine ſey hertzhafft und verſtaͤndig ge- weſen/ und hab ſeines Widerſachers Thorheit betrachtet/ ſey mit ſei- nem Sohn im Harniſch/ mit Wehr und Waffen vor ſeines Feindes Hauß kommen. Als der Feind erſchrocken/ und ihn durch ſeine Knecht hab fragen laſſen/ was das bedeute? Da hab ihm der ander geantwor- tet/ er hab betrachtet was fuͤr Thorheiten bißhero zwiſchen ihnen vor- gangen ſeyn. Nun habe er einen Sohn/ der tapffer von Gemuͤt/ und ſtarck võ Leibe ſey/ uñ er ſein Gegentheil habe eine wolerzogene Toch- ter. Begehre demnach daß er dieſe Tochter ſeinem Sohn zum Weibe gebe/ damit dieſe beyde gleichſam Buͤrge ſeyen/ daß rechte Vertrau- ligkeit unter ihnen ſeyn und bleiben werde. Der Widerpart habe ſich verwundert uͤber dieſe Hoͤflichkeit/ und hab mit allerhoͤchſter Belie- bung dieſes alles eingangen/ und ſeyen auß den allerverbitterſten und groͤſten Feinden/ die allerbeſten Freunde worden. Sehet doch/ was Gutthaͤtigkeit und Glimpff/ ſo wol bey Milden und Barbariſchen/ als auch bey ehrlichen Teutſchen Gemuͤhtern thun koͤnne? Thut ihr euren Feinden guts/ und ſie erkennen ſolches nicht/ ſo wird ſie GOtt deſto haͤrter ſtraffen. Jemehr Gutthaten ihr einen erweiſen werdet/ je mehr feurige Kohlen werdet ihr ihnen auff ihren Kopff ſchuͤtten. Ach laſſet mich nicht mehr Wort machen Lucidor, ſondern/ wo ihr Gott und mein Freund ſeyn wollet/ ſo gehet hin und verſoͤhnet euch mit eurem Vetter Philander. Jch weis wol was ihr offtmals geſagt habet/ und werdet jetzund abermals gedencken/ und auß euren ge- woͤhnlichen paſſionen ſagen: Jch habe den Philander nicht beleidi- get/ ſondern Philander hat mich beleidiget. Soll ich ihm nun nach- lauffen? ſoll ich ihm zu Fuſſe fallen? ſoll ich ihn umb Verzeihung bit- ten? Wer wird mich das heiſſen? Allein gedencket Lucidor, wie offt ihr Gott erzuͤrnet habet alle Tag? Er iſt pars læſa, der beleidigte Theil. Dennoch laͤſt er euch einen Vertrag anbieten. Dann Paulus ſagt/ 2. Cor. 5. Wir ſind Bottſchaffter an Chriſti ſtatt/ und Gott vermah- net durch uns. So bitten wir nun an Chriſti ſtatt/ laſt euch verſoͤh- nen mit Gott. Schicket nun GOtt der Allerhoͤchſte/ der ſo offt und vielmals von euch iſt beleidiget worden/ zu euch/ ſeine Legation und Bottſchaft/ uñ laͤſt euch einẽ Vertrag anbietẽ/ warum wollet ihr nit widerum Gott zu Ehrẽ uñ Gehorſam euch mit eurē Vetter Philander vertragẽ? Mich duͤnckt ich ſehe euch an dẽ Munde an/ ihr wollet ſagẽ/ das

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/357>, abgerufen am 22.11.2024.