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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Der rachgierige
unschuldiger weise begegnen/ sondern wollet dieselbe selbst rächen?
Jhr werdet doch schlechten Gewin davon haben. Es wird euch gehen
wie der Thamar. Weil Juda unterließ derselben seinen dritten Sohn
zu geben/ verführt sie ihn/ daß er Blutschande mit ihr trieb. Allein in-
dem sie den Juda als ihren Schwiegervater straffen wolte/ beschädi-
get sie niemand als sich selbst. Also gehet es allen den jenigen die sich
selbst rächen wollen. Last böse Leute reden biß sie müde werden. Dorn
und Disteln/ welche eine jede Hand so sie anrühret/ stechen/ sind
Früchte der verfluchten Erden Also sind auch die jenige/ welche jeder-
man mit ihrer gifftigen und verlogenen/ verläumbderischen Zungen
anstechen/ verfluchte Leute/ und werden von ihren Früchten überzeu-
get/ daß sie von der verfluchten Art deß Chams seyen. Ach wie viel
sind die sich Christen nennen/ und dennoch gleich sind den jenigen/
von welchen der Prophet saget: Der Beste unter ihnen ist wie ein
Dorn! Wie viel sind die vermeynen/ sie thun ihrem Christenthumb
übrig genug/ wann sie gedultig sind in dem man sie nicht beleidiget?
Wann man sie aber ein wenig anrührt/ so stechen sie wie Dorn und
Disteln. Wolt ihr auch ein solcher Dorn seyn? Zwar ich kan als ein
Expertus Robertus einem ein Liedlein davon singen/ wie eine ver-
läumbderische falsche Zunge einem ehrlichen Mann sein Hertz und
seine Seele verwunden könne. Eine verlogene Zunge machet die al-
lerbesten Freunde uneinig. Durch die Lügen deß Satans ist der
erste Unfried gemacht zwischen Gott und Menschen. Solte wider
Friede gemacht werden/ so muste die Warheit Christus Mensch
werden/ und den Frieden zwischen Gott und Menschen widerumb
auffrichten. Ach was sind doch Lügner für schädliche Leute in der
Welt? David vergleichet die lügenhafftige Zunge dem Schlangen-
und Otterngifft im 140. Psalm. Wann hundert Schlangen beyein-
ander weren/ so vergifftet keine die ander. Aber eine verlogene Zunge/
die ärger als eine Schlange/ und verletzet offt nicht einen/ sondern viel
ehrliche Leute auff einmal. Es ist ein nachdenckliches Wort/ das Chri-
stus Johan 6. redet/ und nennet den Teuffel einen Vater der Lügen.
Warumb redet Christus also? Warumb sagt er nicht/ daß er sey der
Lügen Ursach/ oder Anstiffter? Darumb redet er also/ daß die Lügner
und Verläumbder betrachten sollen/ welches Geistes Kinder sie seyen.
Welche der Geist Gottes treibet/ die sind Gottes Kinder/ Röm. 8.
Welche aber der Lügengeist treibet/ die sind deß Satans Kinder. Wi-
der solche Satans-Kinder hat David den 120. Psalm gemacht/ und
nennet ihn ein Lied im höhern Chor. Es sagte einsmals ein vorneh-
mer Theologus, daß die Psalmen/ welche genennet werden Lieder im
höhern Chor/ die Jsraeliten haben pflegen zu singen und zu beten/
wann sie seyen nach Jerusalem auff die hohe Fest gegangen. Es mag

wol

Der rachgierige
unſchuldiger weiſe begegnen/ ſondern wollet dieſelbe ſelbſt raͤchen?
Jhr werdet doch ſchlechten Gewin davon haben. Es wird euch gehen
wie der Thamar. Weil Juda unterließ derſelben ſeinen dritten Sohn
zu geben/ verfuͤhrt ſie ihn/ daß er Blutſchande mit ihr trieb. Allein in-
dem ſie den Juda als ihren Schwiegervater ſtraffen wolte/ beſchaͤdi-
get ſie niemand als ſich ſelbſt. Alſo gehet es allen den jenigen die ſich
ſelbſt raͤchen wollen. Laſt boͤſe Leute reden biß ſie muͤde werden. Dorn
und Diſteln/ welche eine jede Hand ſo ſie anruͤhret/ ſtechen/ ſind
Fruͤchte der verfluchten Erden Alſo ſind auch die jenige/ welche jeder-
man mit ihrer gifftigen und verlogenen/ verlaͤumbderiſchen Zungen
anſtechen/ verfluchte Leute/ und werden von ihren Fruͤchten uͤberzeu-
get/ daß ſie von der verfluchten Art deß Chams ſeyen. Ach wie viel
ſind die ſich Chriſten nennen/ und dennoch gleich ſind den jenigen/
von welchen der Prophet ſaget: Der Beſte unter ihnen iſt wie ein
Dorn! Wie viel ſind die vermeynen/ ſie thun ihrem Chriſtenthumb
uͤbrig genug/ wann ſie gedultig ſind in dem man ſie nicht beleidiget?
Wann man ſie aber ein wenig anruͤhrt/ ſo ſtechen ſie wie Dorn und
Diſteln. Wolt ihr auch ein ſolcher Dorn ſeyn? Zwar ich kan als ein
Expertus Robertus einem ein Liedlein davon ſingen/ wie eine ver-
laͤumbderiſche falſche Zunge einem ehrlichen Mann ſein Hertz und
ſeine Seele verwunden koͤnne. Eine verlogene Zunge machet die al-
lerbeſten Freunde uneinig. Durch die Luͤgen deß Satans iſt der
erſte Unfried gemacht zwiſchen Gott und Menſchen. Solte wider
Friede gemacht werden/ ſo muſte die Warheit Chriſtus Menſch
werden/ und den Frieden zwiſchen Gott und Menſchen widerumb
auffrichten. Ach was ſind doch Luͤgner fuͤr ſchaͤdliche Leute in der
Welt? David vergleichet die luͤgenhafftige Zunge dem Schlangen-
und Otterngifft im 140. Pſalm. Wann hundert Schlangen beyein-
ander weren/ ſo vergifftet keine die ander. Aber eine verlogene Zunge/
die aͤrger als eine Schlange/ und verletzet offt nicht einen/ ſondern viel
ehrliche Leute auff einmal. Es iſt ein nachdenckliches Wort/ das Chri-
ſtus Johan 6. redet/ und nennet den Teuffel einen Vater der Luͤgen.
Warumb redet Chriſtus alſo? Warumb ſagt er nicht/ daß er ſey der
Luͤgen Urſach/ oder Anſtiffter? Darumb redet er alſo/ daß die Luͤgner
und Verlaͤumbder betrachten ſollen/ welches Geiſtes Kinder ſie ſeyẽ.
Welche der Geiſt Gottes treibet/ die ſind Gottes Kinder/ Roͤm. 8.
Welche aber der Luͤgengeiſt treibet/ die ſind deß Satans Kinder. Wi-
der ſolche Satans-Kinder hat David den 120. Pſalm gemacht/ und
nennet ihn ein Lied im hoͤhern Chor. Es ſagte einsmals ein vorneh-
mer Theologus, daß die Pſalmen/ welche genennet werden Lieder im
hoͤhern Chor/ die Jſraeliten haben pflegen zu ſingen und zu beten/
wann ſie ſeyen nach Jeruſalem auff die hohe Feſt gegangen. Es mag

wol
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[310/0352] Der rachgierige unſchuldiger weiſe begegnen/ ſondern wollet dieſelbe ſelbſt raͤchen? Jhr werdet doch ſchlechten Gewin davon haben. Es wird euch gehen wie der Thamar. Weil Juda unterließ derſelben ſeinen dritten Sohn zu geben/ verfuͤhrt ſie ihn/ daß er Blutſchande mit ihr trieb. Allein in- dem ſie den Juda als ihren Schwiegervater ſtraffen wolte/ beſchaͤdi- get ſie niemand als ſich ſelbſt. Alſo gehet es allen den jenigen die ſich ſelbſt raͤchen wollen. Laſt boͤſe Leute reden biß ſie muͤde werden. Dorn und Diſteln/ welche eine jede Hand ſo ſie anruͤhret/ ſtechen/ ſind Fruͤchte der verfluchten Erden Alſo ſind auch die jenige/ welche jeder- man mit ihrer gifftigen und verlogenen/ verlaͤumbderiſchen Zungen anſtechen/ verfluchte Leute/ und werden von ihren Fruͤchten uͤberzeu- get/ daß ſie von der verfluchten Art deß Chams ſeyen. Ach wie viel ſind die ſich Chriſten nennen/ und dennoch gleich ſind den jenigen/ von welchen der Prophet ſaget: Der Beſte unter ihnen iſt wie ein Dorn! Wie viel ſind die vermeynen/ ſie thun ihrem Chriſtenthumb uͤbrig genug/ wann ſie gedultig ſind in dem man ſie nicht beleidiget? Wann man ſie aber ein wenig anruͤhrt/ ſo ſtechen ſie wie Dorn und Diſteln. Wolt ihr auch ein ſolcher Dorn ſeyn? Zwar ich kan als ein Expertus Robertus einem ein Liedlein davon ſingen/ wie eine ver- laͤumbderiſche falſche Zunge einem ehrlichen Mann ſein Hertz und ſeine Seele verwunden koͤnne. Eine verlogene Zunge machet die al- lerbeſten Freunde uneinig. Durch die Luͤgen deß Satans iſt der erſte Unfried gemacht zwiſchen Gott und Menſchen. Solte wider Friede gemacht werden/ ſo muſte die Warheit Chriſtus Menſch werden/ und den Frieden zwiſchen Gott und Menſchen widerumb auffrichten. Ach was ſind doch Luͤgner fuͤr ſchaͤdliche Leute in der Welt? David vergleichet die luͤgenhafftige Zunge dem Schlangen- und Otterngifft im 140. Pſalm. Wann hundert Schlangen beyein- ander weren/ ſo vergifftet keine die ander. Aber eine verlogene Zunge/ die aͤrger als eine Schlange/ und verletzet offt nicht einen/ ſondern viel ehrliche Leute auff einmal. Es iſt ein nachdenckliches Wort/ das Chri- ſtus Johan 6. redet/ und nennet den Teuffel einen Vater der Luͤgen. Warumb redet Chriſtus alſo? Warumb ſagt er nicht/ daß er ſey der Luͤgen Urſach/ oder Anſtiffter? Darumb redet er alſo/ daß die Luͤgner und Verlaͤumbder betrachten ſollen/ welches Geiſtes Kinder ſie ſeyẽ. Welche der Geiſt Gottes treibet/ die ſind Gottes Kinder/ Roͤm. 8. Welche aber der Luͤgengeiſt treibet/ die ſind deß Satans Kinder. Wi- der ſolche Satans-Kinder hat David den 120. Pſalm gemacht/ und nennet ihn ein Lied im hoͤhern Chor. Es ſagte einsmals ein vorneh- mer Theologus, daß die Pſalmen/ welche genennet werden Lieder im hoͤhern Chor/ die Jſraeliten haben pflegen zu ſingen und zu beten/ wann ſie ſeyen nach Jeruſalem auff die hohe Feſt gegangen. Es mag wol

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/352>, abgerufen am 22.11.2024.