Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Lucidor. Wiewol ich nicht weiß wer sie eigentlich seyen/ die jenige welcher ihrgebraucht oder vielmehr welche euer mißbrauchen. Jch bilde mir gar nicht ein/ daß es rechtschaffene Juristen seyen/ sondern solche Leut/ von welchen Lutherus sagt. Wenig sind Juristen/ aber viel Procurato- res und Zungendrescher. Es begibt sich jetzt alles auff die sormular und practicken/ umbs Genieß willen. Aber ihr Jüristen werdet auch einen Luther haben müssen wie die Theologi. Und anderswo sagt er: Wolan/ sie sehen sich für. Jch kan ihn noch wol eins in Bart werffen. Jch rede hier abermals nicht mit meinen/ sondern mit Lutheri Wor- ten/ und diese Wort Lutheri brauche und applicire ich nicht auff tapffere gewissenhaffte JCtos, auch nicht auff fromme erbare Procu- ratores und Advocaten, sondern auff solche Rabulas, die der edlen Jurisprudentz schändlich mißbrauchen. Jch weiß daß viel hochbe- rühmte Juristen seyen/ die ein hertzliches Mißfallen an diesen Din- gen haben/ und wil jetzo nicht anziehen den auffrichtigen und hochwei- sen Discurs deß tapffern aufrichtigen Braunschw. JCti Herrn Lam- padii, welchen er in seiner Rückreyse von Regensburg bey eines vor- nehmen Teutschen Reichs-Fürsten Tafel/ von Mißbrauch der Juris- prudentz geführt/ über welchen auffrichtigen auß rechtem teutschen Hertzen hergeflossenen Discurs, ich offt bey mir selbst heimlich gelacht hab/ sondern erinner mich an Lutherum, der in Colloquiis sagt D. M. hab einsmals zu ihm gesagt: Der Teuffel führ mich weg/ wo es also geschiehet/ wie es in den Büchern stehet. Und mich düncket der Teuffel werde solche Rabulas, die in seiner Großmutter Werckstatt arbeiten/ und sich von anderer Leute Zanck ernehren/ in der Hölle obenan setzen/ und werde machen wie jener General/ der in einer ren- contre etzliche Reuter/ etzliche Partheygänger und Buschklöpffer neben einem Trompeter vom Feinde/ gefangen bekam/ und befahl dem Provos, daß er sie alle solte an einen Baum aufhencken lassen. Der Trompeter aber entschuldigte sich und sagte: Herr General, warumb wollen E. Excell. mich auffhencken lassen? Jch habe E. Excellentz nie keinen Mann erschlagen. Da antwortet der General, hast du mir schon für deine Person keinen Mann erschlagen/ so hast du doch die je- nigen auffgemuntert/ und ihnen mit deiner Trompeten einen Muth gemacht/ welche mir meine Leute erschlagen haben/ und befahl dem Provos, daß er den Trompeter etwas höher solt hencken lassen als die andern. Also düncket mich der Teuffel in der Höll werde die Rabulas im höllischen Feuer etwas höher setzen/ welche zwar für sich selbst nicht haddern oder zancken/ sie reitzen aber andere Leute an zum zancken und haddern. Jch erinnere mich/ daß ich einsmals ein Büchlein gelesen hab/ welches ein hochgelahrter Jurist in seiner Jugend geschrieben/ darin er gedenckt einer sabul, daß der Teuffel einsmals sey kranck ge- wesen/ U
Lucidor. Wiewol ich nicht weiß wer ſie eigentlich ſeyen/ die jenige welcher ihrgebraucht oder vielmehr welche euer mißbrauchen. Jch bilde mir gar nicht ein/ daß es rechtſchaffene Juriſten ſeyen/ ſondern ſolche Leut/ von welchen Lutherus ſagt. Wenig ſind Juriſten/ aber viel Procurato- res und Zungendreſcher. Es begibt ſich jetzt alles auff die ſormular und practicken/ umbs Genieß willen. Aber ihr Jüriſten werdet auch einen Luther haben muͤſſen wie die Theologi. Und anderswo ſagt er: Wolan/ ſie ſehen ſich fuͤr. Jch kan ihn noch wol eins in Bart werffen. Jch rede hier abermals nicht mit meinen/ ſondern mit Lutheri Wor- ten/ und dieſe Wort Lutheri brauche und applicire ich nicht auff tapffere gewiſſenhaffte JCtos, auch nicht auff fromme erbare Procu- ratores und Advocaten, ſondern auff ſolche Rabulas, die der edlen Jurisprudentz ſchaͤndlich mißbrauchen. Jch weiß daß viel hochbe- ruͤhmte Juriſten ſeyen/ die ein hertzliches Mißfallen an dieſen Din- gen haben/ und wil jetzo nicht anziehen den auffrichtigen und hochwei- ſen Diſcurs deß tapffern aufrichtigen Braunſchw. JCti Herrn Lam- padii, welchen er in ſeiner Ruͤckreyſe von Regensburg bey eines vor- nehmen Teutſchen Reichs-Fuͤrſten Tafel/ von Mißbrauch der Juris- prudentz gefuͤhrt/ uͤber welchen auffrichtigen auß rechtem teutſchen Hertzen hergefloſſenen Diſcurs, ich offt bey mir ſelbſt heimlich gelacht hab/ ſondern erinner mich an Lutherum, der in Colloquiis ſagt D. M. hab einsmals zu ihm geſagt: Der Teuffel fuͤhr mich weg/ wo es alſo geſchiehet/ wie es in den Buͤchern ſtehet. Und mich duͤncket der Teuffel werde ſolche Rabulas, die in ſeiner Großmutter Werckſtatt arbeiten/ und ſich von anderer Leute Zanck ernehren/ in der Hoͤlle obenan ſetzen/ und werde machen wie jener General/ der in einer ren- contre etzliche Reuter/ etzliche Partheygaͤnger und Buſchkloͤpffer neben einem Trompeter vom Feinde/ gefangen bekam/ und befahl dem Provos, daß er ſie alle ſolte an einen Baum aufhencken laſſen. Der Trompeter aber entſchuldigte ſich und ſagte: Herr General, warumb wollen E. Excell. mich auffhencken laſſen? Jch habe E. Excellentz nie keinen Mann erſchlagen. Da antwortet der General, haſt du mir ſchon fuͤr deine Perſon keinen Mann erſchlagen/ ſo haſt du doch die je- nigen auffgemuntert/ und ihnen mit deiner Trompeten einen Muth gemacht/ welche mir meine Leute erſchlagen haben/ und befahl dem Provos, daß er den Trompeter etwas hoͤher ſolt hencken laſſen als die andern. Alſo duͤncket mich der Teuffel in der Hoͤll werde die Rabulas im hoͤlliſchen Feuer etwas hoͤher ſetzen/ welche zwar fuͤr ſich ſelbſt nicht haddern oder zancken/ ſie reitzen aber andere Leute an zum zancken und haddern. Jch erinnere mich/ daß ich einsmals ein Buͤchlein geleſen hab/ welches ein hochgelahrter Juriſt in ſeiner Jugend geſchrieben/ darin er gedenckt einer ſabul, daß der Teuffel einsmals ſey kranck ge- weſen/ U
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0347" n="305"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Lucidor.</hi></fw><lb/> Wiewol ich nicht weiß wer ſie eigentlich ſeyen/ die jenige welcher ihr<lb/> gebraucht oder vielmehr welche euer mißbrauchen. Jch bilde mir gar<lb/> nicht ein/ daß es rechtſchaffene Juriſten ſeyen/ ſondern ſolche Leut/ von<lb/> welchen <hi rendition="#aq">Lutherus</hi> ſagt. Wenig ſind Juriſten/ aber viel <hi rendition="#aq">Procurato-<lb/> res</hi> und Zungendreſcher. Es begibt ſich jetzt alles auff die <hi rendition="#aq">ſormular</hi><lb/> und <hi rendition="#aq">practi</hi>cken/ umbs Genieß willen. Aber ihr Jüriſten werdet auch<lb/> einen Luther haben muͤſſen wie die <hi rendition="#aq">Theologi.</hi> Und anderswo ſagt er:<lb/> Wolan/ ſie ſehen ſich fuͤr. Jch kan ihn noch wol eins in Bart werffen.<lb/> Jch rede hier abermals nicht mit meinen/ ſondern mit Lutheri Wor-<lb/> ten/ und dieſe Wort <hi rendition="#aq">Lutheri</hi> brauche und <hi rendition="#aq">applicire</hi> ich nicht auff<lb/> tapffere gewiſſenhaffte <hi rendition="#aq">JCtos,</hi> auch nicht auff fromme erbare <hi rendition="#aq">Procu-<lb/> ratores</hi> und <hi rendition="#aq">Advocaten,</hi> ſondern auff ſolche <hi rendition="#aq">Rabulas,</hi> die der edlen<lb/><hi rendition="#aq">Jurisprudentz</hi> ſchaͤndlich mißbrauchen. Jch weiß daß viel hochbe-<lb/> ruͤhmte Juriſten ſeyen/ die ein hertzliches Mißfallen an dieſen Din-<lb/> gen haben/ und wil jetzo nicht anziehen den auffrichtigen und hochwei-<lb/> ſen <hi rendition="#aq">Diſcurs</hi> deß tapffern aufrichtigen Braunſchw. <hi rendition="#aq">JCti</hi> Herrn <hi rendition="#aq">Lam-<lb/> padii,</hi> welchen er in ſeiner Ruͤckreyſe von Regensburg bey eines vor-<lb/> nehmen Teutſchen Reichs-Fuͤrſten Tafel/ von Mißbrauch der <hi rendition="#aq">Juris-<lb/> prudentz</hi> gefuͤhrt/ uͤber welchen auffrichtigen auß rechtem teutſchen<lb/> Hertzen hergefloſſenen <hi rendition="#aq">Diſcurs,</hi> ich offt bey mir ſelbſt heimlich gelacht<lb/> hab/ ſondern erinner mich an <hi rendition="#aq">Lutherum,</hi> der in <hi rendition="#aq">Colloquiis</hi> ſagt <hi rendition="#aq">D.<lb/> M.</hi> hab einsmals zu ihm geſagt: Der Teuffel fuͤhr mich weg/ wo es<lb/> alſo geſchiehet/ wie es in den Buͤchern ſtehet. Und mich duͤncket der<lb/> Teuffel werde ſolche <hi rendition="#aq">Rabulas,</hi> die in ſeiner Großmutter Werckſtatt<lb/> arbeiten/ und ſich von anderer Leute Zanck ernehren/ in der Hoͤlle<lb/> obenan ſetzen/ und werde machen wie jener General/ der in einer <hi rendition="#aq">ren-<lb/> contre</hi> etzliche Reuter/ etzliche Partheygaͤnger und Buſchkloͤpffer<lb/> neben einem Trompeter vom Feinde/ gefangen bekam/ und befahl<lb/> dem <hi rendition="#aq">Provos,</hi> daß er ſie alle ſolte an einen Baum aufhencken laſſen. Der<lb/> Trompeter aber entſchuldigte ſich und ſagte: Herr <hi rendition="#aq">General,</hi> warumb<lb/> wollen E. <hi rendition="#aq">Excell.</hi> mich auffhencken laſſen? Jch habe E. <hi rendition="#aq">Excellentz</hi><lb/> nie keinen Mann erſchlagen. Da antwortet der <hi rendition="#aq">General,</hi> haſt du mir<lb/> ſchon fuͤr deine Perſon keinen Mann erſchlagen/ ſo haſt du doch die je-<lb/> nigen auffgemuntert/ und ihnen mit deiner Trompeten einen Muth<lb/> gemacht/ welche mir meine Leute erſchlagen haben/ und befahl dem<lb/><hi rendition="#aq">Provos,</hi> daß er den Trompeter etwas hoͤher ſolt hencken laſſen als die<lb/> andern. Alſo duͤncket mich der Teuffel in der Hoͤll werde die <hi rendition="#aq">Rabulas</hi><lb/> im hoͤlliſchen Feuer etwas hoͤher ſetzen/ welche zwar fuͤr ſich ſelbſt nicht<lb/> haddern oder zancken/ ſie reitzen aber andere Leute an zum zancken und<lb/> haddern. Jch erinnere mich/ daß ich einsmals ein Buͤchlein geleſen<lb/> hab/ welches ein hochgelahrter <hi rendition="#aq">Juriſt</hi> in ſeiner Jugend geſchrieben/<lb/> darin er gedenckt einer <hi rendition="#aq">ſabul,</hi> daß der Teuffel einsmals ſey kranck ge-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">U</fw><fw place="bottom" type="catch">weſen/</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [305/0347]
Lucidor.
Wiewol ich nicht weiß wer ſie eigentlich ſeyen/ die jenige welcher ihr
gebraucht oder vielmehr welche euer mißbrauchen. Jch bilde mir gar
nicht ein/ daß es rechtſchaffene Juriſten ſeyen/ ſondern ſolche Leut/ von
welchen Lutherus ſagt. Wenig ſind Juriſten/ aber viel Procurato-
res und Zungendreſcher. Es begibt ſich jetzt alles auff die ſormular
und practicken/ umbs Genieß willen. Aber ihr Jüriſten werdet auch
einen Luther haben muͤſſen wie die Theologi. Und anderswo ſagt er:
Wolan/ ſie ſehen ſich fuͤr. Jch kan ihn noch wol eins in Bart werffen.
Jch rede hier abermals nicht mit meinen/ ſondern mit Lutheri Wor-
ten/ und dieſe Wort Lutheri brauche und applicire ich nicht auff
tapffere gewiſſenhaffte JCtos, auch nicht auff fromme erbare Procu-
ratores und Advocaten, ſondern auff ſolche Rabulas, die der edlen
Jurisprudentz ſchaͤndlich mißbrauchen. Jch weiß daß viel hochbe-
ruͤhmte Juriſten ſeyen/ die ein hertzliches Mißfallen an dieſen Din-
gen haben/ und wil jetzo nicht anziehen den auffrichtigen und hochwei-
ſen Diſcurs deß tapffern aufrichtigen Braunſchw. JCti Herrn Lam-
padii, welchen er in ſeiner Ruͤckreyſe von Regensburg bey eines vor-
nehmen Teutſchen Reichs-Fuͤrſten Tafel/ von Mißbrauch der Juris-
prudentz gefuͤhrt/ uͤber welchen auffrichtigen auß rechtem teutſchen
Hertzen hergefloſſenen Diſcurs, ich offt bey mir ſelbſt heimlich gelacht
hab/ ſondern erinner mich an Lutherum, der in Colloquiis ſagt D.
M. hab einsmals zu ihm geſagt: Der Teuffel fuͤhr mich weg/ wo es
alſo geſchiehet/ wie es in den Buͤchern ſtehet. Und mich duͤncket der
Teuffel werde ſolche Rabulas, die in ſeiner Großmutter Werckſtatt
arbeiten/ und ſich von anderer Leute Zanck ernehren/ in der Hoͤlle
obenan ſetzen/ und werde machen wie jener General/ der in einer ren-
contre etzliche Reuter/ etzliche Partheygaͤnger und Buſchkloͤpffer
neben einem Trompeter vom Feinde/ gefangen bekam/ und befahl
dem Provos, daß er ſie alle ſolte an einen Baum aufhencken laſſen. Der
Trompeter aber entſchuldigte ſich und ſagte: Herr General, warumb
wollen E. Excell. mich auffhencken laſſen? Jch habe E. Excellentz
nie keinen Mann erſchlagen. Da antwortet der General, haſt du mir
ſchon fuͤr deine Perſon keinen Mann erſchlagen/ ſo haſt du doch die je-
nigen auffgemuntert/ und ihnen mit deiner Trompeten einen Muth
gemacht/ welche mir meine Leute erſchlagen haben/ und befahl dem
Provos, daß er den Trompeter etwas hoͤher ſolt hencken laſſen als die
andern. Alſo duͤncket mich der Teuffel in der Hoͤll werde die Rabulas
im hoͤlliſchen Feuer etwas hoͤher ſetzen/ welche zwar fuͤr ſich ſelbſt nicht
haddern oder zancken/ ſie reitzen aber andere Leute an zum zancken und
haddern. Jch erinnere mich/ daß ich einsmals ein Buͤchlein geleſen
hab/ welches ein hochgelahrter Juriſt in ſeiner Jugend geſchrieben/
darin er gedenckt einer ſabul, daß der Teuffel einsmals ſey kranck ge-
weſen/
U
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |