Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Lucidor. ruffet der Dürre/ daß alles unter den Händen verschwindet. Die Hol-länder lassen auff ihre Ducaten prägen diese Worte: Concordia res parvae crescunt, das ist: Einigkeit macht kleine Dinge groß. Diß ist eine Sententz/ die wol wehrt ist/ daß sie auff Gold geschrieben werde. Aber wann ihr es nicht anders machen wollet/ so schreibet heute nicht auff Gold/ sondern in euer Hertz diese Wort: Concordia res parvae crescunt, Das ist: Einigkeit mehrt kleine Ding/ Verzeihet mir Lucidor, ich muß eine Frage an euch thun. Wie Grube
Lucidor. ruffet der Duͤrre/ daß alles unter den Haͤnden verſchwindet. Die Hol-laͤnder laſſen auff ihre Ducaten praͤgen dieſe Worte: Concordiâ res parvæ creſcunt, das iſt: Einigkeit macht kleine Dinge groß. Diß iſt eine Sententz/ die wol wehrt iſt/ daß ſie auff Gold geſchrieben werde. Aber wann ihr es nicht anders machen wollet/ ſo ſchreibet heute nicht auff Gold/ ſondern in euer Hertz dieſe Wort: Concordiâ res parvæ creſcunt, Das iſt: Einigkeit mehrt kleine Ding/ Verzeihet mir Lucidor, ich muß eine Frage an euch thun. Wie Grube
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Lucidor.
ruffet der Duͤrre/ daß alles unter den Haͤnden verſchwindet. Die Hol-
laͤnder laſſen auff ihre Ducaten praͤgen dieſe Worte: Concordiâ res
parvæ creſcunt, das iſt: Einigkeit macht kleine Dinge groß. Diß iſt
eine Sententz/ die wol wehrt iſt/ daß ſie auff Gold geſchrieben werde.
Aber wann ihr es nicht anders machen wollet/ ſo ſchreibet heute nicht
auff Gold/ ſondern in euer Hertz dieſe Wort:
Concordiâ res parvæ creſcunt,
Diſcordiâ res magnæ dilabuntur.
Das iſt:
Einigkeit mehrt kleine Ding/
Zwietracht macht ein groß Gut gering.
Verzeihet mir Lucidor, ich muß eine Frage an euch thun. Wie
kompts doch/ daß der Sohn GOttes den Chriſten die Einigkeit ſo
hoch anbefohlen hat/ und es iſt unter Juden/ Tuͤrcken und Tartarn
ſolche Uneinigkeit nicht/ als unter den Chriſten? Wie kompt es doch/
daß die Teuffel untereinander einig ſind/ daß eine gantze Legion Teu-
fel ſich in einem beſeſſenen Menſchen vertragen konte/ alſo/ daß keiner
den andern austrieb/ und die Menſchen wollen ſich nicht nebeneinan-
der vertragen? Cain hatte nur einen einigen Bruder. Sie beyde wa-
ren reich genug. Die gantze Welt ſtund ihnen offen. Gleichwol konte
ſich der Cain mit ſeinem Bruder Abel nicht vertragen/ ſondern ſchlug
ihn todt/ und erſchlug auf einmal den vierten Theil des gantzẽ menſch-
lichen Geſchlechts. Jſmael und Jſaac haͤtten alle beyde in Abrahams
Hauß gute Tage haben koͤnnen/ aber Jſmael kunte den Jſaac nicht
vertragen/ darumb muſte er fort in die Wuͤſte/ darinn er bey nahe fuͤr
Durſt geſtorben waͤre. Ach wie koͤntet ihr und euer Couſin ſo gute
Tage haben/ wañ ihr nur ſelbſt woltet! Aber wem ſol ich euch verglei-
chen Lucidor? Jhr ſeyd gleich einem wuͤtenden Waſſerſtrom/ wann
der uber das Ufer außlaufft/ ſo reiſſet es alles umb/ was er antrifft.
Alſo wenn die Wellen der rachgier in eurem Hertzen auffſteigen/ ſo
wolt ihr alles uͤberſchwemmen/ und ſchonet offt nicht eurer Eltern/
eures nahen Gebluͤts und anderer/ denen ihr reſpect ſchuldig ſeyd?
Wem ſoll ich euch abermals vergleichen? Jhr ſeyd gleich dem Thier
bey dem Propheten Daniel/ mit den ſieben Hoͤrnern und eiſern Zaͤh-
nen/ welches alles zermalmen wil/ was ihm fuͤrkompt. O wie werden
ſich die Teufel erfreuen/ wann ein ſolcher unverſoͤhnlicher zanckſichti-
ger Menſch zum H. Abendmal gehet! Sie werden dencken/ gehe nur
hin/ und trincke das Blut JESU Chriſti/ das am Stam̃e des Creu-
tzes fuͤr dich vergoſſen iſt/ ich wil dir einmal einen Kelch des hoͤlliſchen
Feuers einſchencken. Du biſt Gott deinem HErꝛn bey dieſer Mahlzeit
eben ſo wilkom̃en/ als der Verraͤhter Judas/ und die Juden/ welche
Chriſtum gecreutziget habẽ. Dañ bey der Com̃union kuͤſſeſt du zwar
Chriſtum mit dem Munde/ aber du uͤberantworteſt ihn hernach/ dz er
geſchleppet weꝛde auf dẽ Berg Calvariæ, dz iſt/ in eine ſtinckẽd Schind-
Grube
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