Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

Bild:
<< vorherige Seite

Lucidor.
solt unrecht leiden/ wie zu sehen auß dem 28. C. deß 5. B. Mosis/ da
Gott erzehlet/ wie er die jenigen/ welche sich an ihm versündigen/
straffen wolle/ und unter andern sagt: Du solt Gewalt und Un-
recht leiden dein lebenlang/ und sol dir niemand helffen.

Was hatten die Juden den Philistern/ den Medianitern/ den Moa-
bitern/ den Königen von Assyrien und anderen gethan? Was hatten
sie dem Könige Nebucadnezar gethan/ da er sie in die Babylonische
Gefängnis führete? Was hatten sie dem Tito gethan/ der sie mit
seiner Armee überzog/ das gantze Land verderbete/ und die Haupt-
statt Jerusalem/ die schöneste und berühmste in gantz Orient/ in die
Aschen legte? Nichtes haben sie ihnen gethan. Es war lauter Gewalt
und unrecht. Aber Gott straffete der Juden andere längst begangene
Sünde durch Sünder Und das ist auch Gottes Wille/ daß ihr durch
andere Leute umb eurer andern Sünden willen solt geplaget und tri-
buliret
werden. Warumb ergebt ihr euch denn nicht willig und ge-
dultig darein? Warumb machet ihr es nicht wie David/ da ihm der
Simei fluchte/ da dachte er/ er habe es anderswo wol verschuldet/
deß Simei gifftige Zunge sey ihm ein heilsames Scheermesser/ da-
durch ihm das Geschwür seines Gewissens eröffnet würde. Er er-
kant/ daß er an dem Uria hab gehandelt wie ein Bluthund. Darumb
wolt er dem Simei damals den Hals nicht brechen lassen/ sondern
als Abisai der Sohn Zeruja zu dem König sagte: Solte dieser
todter Hund meinem Herrn dem König fluchen? Jch
wil hingehen und ihm den Kopff abreissen.
Da antwortet
der König: Laß ihn fluchen/ dann der HErr hats ihn ge-
heissen/ fluche David/
2. Sam. 16. GOtt mag es nicht hören/
wenn ihr unversöhnlicher Lucidor betet und sprecht: Unser täg-
lich Brodt gib uns heute.
Jhr sprechet nicht mein täglich Brot/
sondern UNSER täglich Brodt. Betet also/ daß Gott nicht allein
euch/ sondern auch eurem Feinde ein Stück Brodt beschehren wolle.
Aber/ was bittet ihr viel/ daß Gott eurem Widerpart Brodt gebe/
da ihr ihm doch die Augen im Kopff nicht gönnet? GOtt mag es
nicht hören/ und die heiligen Engel werden betrübet/ wann ihr mit
unversöhnlichem rachgierigem Hertzen betet und sprechet: Vergib
uns unser Schuld/ als wir vergeben unseren Schuldi-
gern.
Dann/ dencket wie ihr euch in diesen Worten verfluchet/ ver-
dammet und vermaledeyet? Dencket was ihr Gott vor eine pravade
machet? GOtt wil euch gerne umb seines lieben Sohnes willen alle
eure Sünde vergeben/ mit dem Beding/ daß ihr auch eurem Nech-
sten vergebet. Allein ihr wolt nicht/ sondern begehret/ Gott soll
sein Heyl an euch versuchen/ Er solle sich an euch rächen und euch

straffen.
S iiij

Lucidor.
ſolt unrecht leiden/ wie zu ſehen auß dem 28. C. deß 5. B. Moſis/ da
Gott erzehlet/ wie er die jenigen/ welche ſich an ihm verſuͤndigen/
ſtraffen wolle/ und unter andern ſagt: Du ſolt Gewalt und Un-
recht leiden dein lebenlang/ und ſol dir niemand helffen.

Was hatten die Juden den Philiſtern/ den Medianitern/ den Moa-
bitern/ den Koͤnigen von Aſſyrien und anderen gethan? Was hatten
ſie dem Koͤnige Nebucadnezar gethan/ da er ſie in die Babyloniſche
Gefaͤngnis fuͤhrete? Was hatten ſie dem Tito gethan/ der ſie mit
ſeiner Armee uͤberzog/ das gantze Land verderbete/ und die Haupt-
ſtatt Jeruſalem/ die ſchoͤneſte und beruͤhmſte in gantz Orient/ in die
Aſchen legte? Nichtes haben ſie ihnen gethan. Es war lauter Gewalt
und unrecht. Aber Gott ſtraffete der Juden andere laͤngſt begangene
Suͤnde durch Suͤnder Und das iſt auch Gottes Wille/ daß ihr durch
andere Leute umb eurer andern Suͤnden willen ſolt geplaget und tri-
buliret
werden. Warumb ergebt ihr euch denn nicht willig und ge-
dultig darein? Warumb machet ihr es nicht wie David/ da ihm der
Simei fluchte/ da dachte er/ er habe es anderswo wol verſchuldet/
deß Simei gifftige Zunge ſey ihm ein heilſames Scheermeſſer/ da-
durch ihm das Geſchwuͤr ſeines Gewiſſens eroͤffnet wuͤrde. Er er-
kant/ daß er an dem Uria hab gehandelt wie ein Bluthund. Darumb
wolt er dem Simei damals den Hals nicht brechen laſſen/ ſondern
als Abiſai der Sohn Zeruja zu dem Koͤnig ſagte: Solte dieſer
todter Hund meinem Herrn dem Koͤnig fluchen? Jch
wil hingehen und ihm den Kopff abreiſſen.
Da antwortet
der Koͤnig: Laß ihn fluchen/ dann der HErr hats ihn ge-
heiſſen/ fluche David/
2. Sam. 16. GOtt mag es nicht hoͤren/
wenn ihr unverſoͤhnlicher Lucidor betet und ſprecht: Unſer taͤg-
lich Brodt gib uns heute.
Jhr ſprechet nicht mein taͤglich Brot/
ſondern UNSER taͤglich Brodt. Betet alſo/ daß Gott nicht allein
euch/ ſondern auch eurem Feinde ein Stuͤck Brodt beſchehren wolle.
Aber/ was bittet ihr viel/ daß Gott eurem Widerpart Brodt gebe/
da ihr ihm doch die Augen im Kopff nicht goͤnnet? GOtt mag es
nicht hoͤren/ und die heiligen Engel werden betruͤbet/ wann ihr mit
unverſoͤhnlichem rachgierigem Hertzen betet und ſprechet: Vergib
uns unſer Schuld/ als wir vergeben unſeren Schuldi-
gern.
Dann/ dencket wie ihr euch in dieſen Worten verfluchet/ ver-
dammet und vermaledeyet? Dencket was ihr Gott vor eine pravade
machet? GOtt wil euch gerne umb ſeines lieben Sohnes willen alle
eure Suͤnde vergeben/ mit dem Beding/ daß ihr auch eurem Nech-
ſten vergebet. Allein ihr wolt nicht/ ſondern begehret/ Gott ſoll
ſein Heyl an euch verſuchen/ Er ſolle ſich an euch raͤchen und euch

ſtraffen.
S iiij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0321" n="279"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Lucidor.</hi></fw><lb/>
&#x017F;olt unrecht leiden/ wie zu &#x017F;ehen auß dem 28. C. deß 5. B. Mo&#x017F;is/ da<lb/>
Gott erzehlet/ wie er die jenigen/ welche &#x017F;ich an ihm ver&#x017F;u&#x0364;ndigen/<lb/>
&#x017F;traffen wolle/ und unter andern &#x017F;agt: <hi rendition="#fr">Du &#x017F;olt Gewalt und Un-<lb/>
recht leiden dein lebenlang/ und &#x017F;ol dir niemand helffen.</hi><lb/>
Was hatten die Juden den Phili&#x017F;tern/ den Medianitern/ den Moa-<lb/>
bitern/ den Ko&#x0364;nigen von A&#x017F;&#x017F;yrien und anderen gethan? Was hatten<lb/>
&#x017F;ie dem Ko&#x0364;nige Nebucadnezar gethan/ da er &#x017F;ie in die Babyloni&#x017F;che<lb/>
Gefa&#x0364;ngnis fu&#x0364;hrete? Was hatten &#x017F;ie dem Tito gethan/ der &#x017F;ie mit<lb/>
&#x017F;einer Armee u&#x0364;berzog/ das gantze Land verderbete/ und die Haupt-<lb/>
&#x017F;tatt Jeru&#x017F;alem/ die &#x017F;cho&#x0364;ne&#x017F;te und beru&#x0364;hm&#x017F;te in gantz Orient/ in die<lb/>
A&#x017F;chen legte? Nichtes haben &#x017F;ie ihnen gethan. Es war lauter Gewalt<lb/>
und unrecht. Aber Gott &#x017F;traffete der Juden andere la&#x0364;ng&#x017F;t begangene<lb/>
Su&#x0364;nde durch Su&#x0364;nder Und das i&#x017F;t auch Gottes Wille/ daß ihr durch<lb/>
andere Leute umb eurer andern Su&#x0364;nden willen &#x017F;olt geplaget und <hi rendition="#aq">tri-<lb/>
buliret</hi> werden. Warumb ergebt ihr euch denn nicht willig und ge-<lb/>
dultig darein? Warumb machet ihr es nicht wie David/ da ihm der<lb/>
Simei fluchte/ da dachte er/ er habe es anderswo wol ver&#x017F;chuldet/<lb/>
deß Simei gifftige Zunge &#x017F;ey ihm ein heil&#x017F;ames Scheerme&#x017F;&#x017F;er/ da-<lb/>
durch ihm das Ge&#x017F;chwu&#x0364;r &#x017F;eines Gewi&#x017F;&#x017F;ens ero&#x0364;ffnet wu&#x0364;rde. Er er-<lb/>
kant/ daß er an dem Uria hab gehandelt wie ein Bluthund. Darumb<lb/>
wolt er dem Simei damals den Hals nicht brechen la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ondern<lb/>
als Abi&#x017F;ai der Sohn Zeruja zu dem Ko&#x0364;nig &#x017F;agte: <hi rendition="#fr">Solte die&#x017F;er<lb/>
todter Hund meinem Herrn dem Ko&#x0364;nig fluchen? Jch<lb/>
wil hingehen und ihm den Kopff abrei&#x017F;&#x017F;en.</hi> Da antwortet<lb/>
der Ko&#x0364;nig: <hi rendition="#fr">Laß ihn fluchen/ dann der HErr hats ihn ge-<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;en/ fluche David/</hi> 2. Sam. 16. GOtt mag es nicht ho&#x0364;ren/<lb/>
wenn ihr unver&#x017F;o&#x0364;hnlicher <hi rendition="#aq">Lucidor</hi> betet und &#x017F;precht: <hi rendition="#fr">Un&#x017F;er ta&#x0364;g-<lb/>
lich Brodt gib uns heute.</hi> Jhr &#x017F;prechet nicht mein ta&#x0364;glich Brot/<lb/>
&#x017F;ondern UNSER ta&#x0364;glich Brodt. Betet al&#x017F;o/ daß Gott nicht allein<lb/>
euch/ &#x017F;ondern auch eurem Feinde ein Stu&#x0364;ck Brodt be&#x017F;chehren wolle.<lb/>
Aber/ was bittet ihr viel/ daß Gott eurem Widerpart Brodt gebe/<lb/>
da ihr ihm doch die Augen im Kopff nicht go&#x0364;nnet? GOtt mag es<lb/>
nicht ho&#x0364;ren/ und die heiligen Engel werden betru&#x0364;bet/ wann ihr mit<lb/>
unver&#x017F;o&#x0364;hnlichem rachgierigem Hertzen betet und &#x017F;prechet: <hi rendition="#fr">Vergib<lb/>
uns un&#x017F;er Schuld/ als wir vergeben un&#x017F;eren Schuldi-<lb/>
gern.</hi> Dann/ dencket wie ihr euch in die&#x017F;en Worten verfluchet/ ver-<lb/>
dammet und vermaledeyet? Dencket was ihr Gott vor eine <hi rendition="#aq">pravade</hi><lb/>
machet? GOtt wil euch gerne umb &#x017F;eines lieben Sohnes willen alle<lb/>
eure Su&#x0364;nde vergeben/ mit dem Beding/ daß ihr auch eurem Nech-<lb/>
&#x017F;ten vergebet. Allein ihr wolt nicht/ &#x017F;ondern begehret/ Gott &#x017F;oll<lb/>
&#x017F;ein Heyl an euch ver&#x017F;uchen/ Er &#x017F;olle &#x017F;ich an euch ra&#x0364;chen und euch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S iiij</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;traffen.</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0321] Lucidor. ſolt unrecht leiden/ wie zu ſehen auß dem 28. C. deß 5. B. Moſis/ da Gott erzehlet/ wie er die jenigen/ welche ſich an ihm verſuͤndigen/ ſtraffen wolle/ und unter andern ſagt: Du ſolt Gewalt und Un- recht leiden dein lebenlang/ und ſol dir niemand helffen. Was hatten die Juden den Philiſtern/ den Medianitern/ den Moa- bitern/ den Koͤnigen von Aſſyrien und anderen gethan? Was hatten ſie dem Koͤnige Nebucadnezar gethan/ da er ſie in die Babyloniſche Gefaͤngnis fuͤhrete? Was hatten ſie dem Tito gethan/ der ſie mit ſeiner Armee uͤberzog/ das gantze Land verderbete/ und die Haupt- ſtatt Jeruſalem/ die ſchoͤneſte und beruͤhmſte in gantz Orient/ in die Aſchen legte? Nichtes haben ſie ihnen gethan. Es war lauter Gewalt und unrecht. Aber Gott ſtraffete der Juden andere laͤngſt begangene Suͤnde durch Suͤnder Und das iſt auch Gottes Wille/ daß ihr durch andere Leute umb eurer andern Suͤnden willen ſolt geplaget und tri- buliret werden. Warumb ergebt ihr euch denn nicht willig und ge- dultig darein? Warumb machet ihr es nicht wie David/ da ihm der Simei fluchte/ da dachte er/ er habe es anderswo wol verſchuldet/ deß Simei gifftige Zunge ſey ihm ein heilſames Scheermeſſer/ da- durch ihm das Geſchwuͤr ſeines Gewiſſens eroͤffnet wuͤrde. Er er- kant/ daß er an dem Uria hab gehandelt wie ein Bluthund. Darumb wolt er dem Simei damals den Hals nicht brechen laſſen/ ſondern als Abiſai der Sohn Zeruja zu dem Koͤnig ſagte: Solte dieſer todter Hund meinem Herrn dem Koͤnig fluchen? Jch wil hingehen und ihm den Kopff abreiſſen. Da antwortet der Koͤnig: Laß ihn fluchen/ dann der HErr hats ihn ge- heiſſen/ fluche David/ 2. Sam. 16. GOtt mag es nicht hoͤren/ wenn ihr unverſoͤhnlicher Lucidor betet und ſprecht: Unſer taͤg- lich Brodt gib uns heute. Jhr ſprechet nicht mein taͤglich Brot/ ſondern UNSER taͤglich Brodt. Betet alſo/ daß Gott nicht allein euch/ ſondern auch eurem Feinde ein Stuͤck Brodt beſchehren wolle. Aber/ was bittet ihr viel/ daß Gott eurem Widerpart Brodt gebe/ da ihr ihm doch die Augen im Kopff nicht goͤnnet? GOtt mag es nicht hoͤren/ und die heiligen Engel werden betruͤbet/ wann ihr mit unverſoͤhnlichem rachgierigem Hertzen betet und ſprechet: Vergib uns unſer Schuld/ als wir vergeben unſeren Schuldi- gern. Dann/ dencket wie ihr euch in dieſen Worten verfluchet/ ver- dammet und vermaledeyet? Dencket was ihr Gott vor eine pravade machet? GOtt wil euch gerne umb ſeines lieben Sohnes willen alle eure Suͤnde vergeben/ mit dem Beding/ daß ihr auch eurem Nech- ſten vergebet. Allein ihr wolt nicht/ ſondern begehret/ Gott ſoll ſein Heyl an euch verſuchen/ Er ſolle ſich an euch raͤchen und euch ſtraffen. S iiij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/321
Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/321>, abgerufen am 22.11.2024.