Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].zwischen Mann und Weib. und sehen liessen. Ob nun solches wol aus alter teutschen redlichenGewonheit geschicht/ so weiß ich doch nicht ob die alte teutsche Red- ligkeit und Keuschheit auch darbey zu mercken/ welches ich einer jeden anheim stelle/ in ihren Busen selbst zu greiffen und zu fühlen/ was sie vor Begierde und Gedancken darinne hege. Ob sie nicht manchen Adonis und Martis Gesellen darselbst anschauet/ den sie lieber in Ar- men als auf freyer Strasse zu sehen wünschet. Es ist die Schönheit und gute Gestalt des Leibes die edleste und Begier- K ij
zwiſchen Mann und Weib. und ſehen lieſſen. Ob nun ſolches wol aus alter teutſchen redlichenGewonheit geſchicht/ ſo weiß ich doch nicht ob die alte teutſche Red- ligkeit und Keuſchheit auch darbey zu mercken/ welches ich einer jeden anheim ſtelle/ in ihren Buſen ſelbſt zu greiffen und zu fuͤhlen/ was ſie vor Begierde und Gedancken darinne hege. Ob ſie nicht manchen Adonis und Martis Geſellen darſelbſt anſchauet/ den ſie lieber in Ar- men als auf freyer Straſſe zu ſehen wuͤnſchet. Es iſt die Schoͤnheit und gute Geſtalt des Leibes die edleſte und Begier- K ij
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <floatingText> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f1181" n="147"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">zwiſchen Mann und Weib.</hi></fw><lb/> und ſehen lieſſen. Ob nun ſolches wol aus alter teutſchen redlichen<lb/> Gewonheit geſchicht/ ſo weiß ich doch nicht ob die alte teutſche Red-<lb/> ligkeit und Keuſchheit auch darbey zu mercken/ welches ich einer jeden<lb/> anheim ſtelle/ in ihren Buſen ſelbſt zu greiffen und zu fuͤhlen/ was ſie<lb/> vor Begierde und Gedancken darinne hege. Ob ſie nicht manchen<lb/><hi rendition="#aq">Adonis</hi> und <hi rendition="#aq">Martis</hi> Geſellen darſelbſt anſchauet/ den ſie lieber in Ar-<lb/> men als auf freyer Straſſe zu ſehen wuͤnſchet.</p><lb/> <p>Es iſt die Schoͤnheit und gute Geſtalt des Leibes die edleſte und<lb/> herꝛlichſte Gabe der Natur/ die ſie dem Menſchen auff dieſe Welt mit<lb/> geben kan. Wann aber ſolche inſonderheit bey dem Frauen-Zimmer<lb/> hoch zu loben und zu lieben/ ſo fern ſie mit deren Tugenden der Zucht<lb/> und ſchambaren Erbarkeit begleitet; Aber ſolch koͤſtlich Kleinod der<lb/> guͤtigen Mutter wird von ihren Toͤchtern mehr zum Mißbrauch als<lb/> rechten Gebrauch angewand. Wann die natuͤrliche Schoͤnheit ſau-<lb/> ber und rein mit der Ehrlichkeit/ Keuſchheit und Sittſamkeit geſchmuͤ-<lb/> cket unterhalten wird/ iſt ſie die groͤſte Zierde und Tugend eines Frauẽ-<lb/> Bildes/ wormit ſie ihrem Ehemanne gefallen und zum hoͤchſten pran-<lb/> gen kan/ dieweil ſie ihr ein Hertz damit feſtiglich verknuͤpffet und in<lb/> ſtaͤter Liebe erhaͤlt. Wann ſie aber durch Kunſt farbe ihre natuͤliche<lb/> Geſtaͤlt zu verſchoͤnen gedenckt/ und mit koſtbahren Salben und wol-<lb/> riechenden Waͤſſern und Pudern/ praͤchtigen Kleidern und Kunſt-<lb/> ſchmuck ſich ſchoͤn zu machen/ und ihrem Manne zu behagen gedenckt/<lb/> darbey aber voller Unzucht und Laſter ſteckt/ macht ſie ſich mit ſolcher<lb/> entlehnten Schoͤnheit und Zierde vielmehr heßlich unn verraͤchtlich/<lb/> ſondern auch bey ihrem Ehe-Liebſten unangenehm und verhaßt. Sol-<lb/> che Weiber ſind nicht anders als ein uͤberduͤnchtes Grab/ ein ver-<lb/> ſchoͤnter Wuſt und Unflaht/ lauter eytler Fleiß der ſchnoͤden Kunſt-<lb/> Geſchickligkeit und Pracht der Eitelkeit. Dann es verbirget ſich un-<lb/> ter dem Schein eines wohlgeſchmuͤckten Geſichts mehr als ein hun-<lb/> dert Mangel und Gebrechen voller Leib/ deſſen verborgene Ungeſtalt<lb/> und innerliche Heßlichkeit einem jeden einen Abſcheu erwecken ſolten/<lb/> wann er ſie nur mit einem Blicke beſchauen moͤchte. Des Kaͤyſers<lb/><hi rendition="#aq">Nero</hi> Weib <hi rendition="#aq">Poppea</hi> hat ſich nicht allein in die hoͤchſte beſchimpff- und<lb/> Verſpottũg/ ſondern ewige Schande gebracht/ daß ſie alle ihre Sorg-<lb/> faͤltigkeit und Fleiß dahin gewandt ihren Leib zu zaͤrteln/ zu ſaͤubren/<lb/> aufs praͤchtigſte außzuſtaffieren/ da nichts ſchandbahrers iſt/ als ſich<lb/> anders bildẽ und geſtalten/ gleichwie ſich die Natur gebildet und auß-<lb/> gezieret hat. Die <hi rendition="#aq">Comœdian</hi>ten und Schanſpiel Dantzer werden<lb/> deßwegen veraͤchtlich gehalten/ daß ſie andere Staltung/ Habit und<lb/> Perſonen an ſich nehmen/ und denen Zuſehern zum Spott und Ge-<lb/> laͤchter machen. Es iſt aber die Schoͤnheit ein lautres Werckzeug oder<lb/> Thuͤre der Laſter/ eine Pfortnerin der Suͤnden/ ein Heroldin boͤſer<lb/> <fw place="bottom" type="sig">K ij</fw><fw place="bottom" type="catch">Begier-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [147/1181]
zwiſchen Mann und Weib.
und ſehen lieſſen. Ob nun ſolches wol aus alter teutſchen redlichen
Gewonheit geſchicht/ ſo weiß ich doch nicht ob die alte teutſche Red-
ligkeit und Keuſchheit auch darbey zu mercken/ welches ich einer jeden
anheim ſtelle/ in ihren Buſen ſelbſt zu greiffen und zu fuͤhlen/ was ſie
vor Begierde und Gedancken darinne hege. Ob ſie nicht manchen
Adonis und Martis Geſellen darſelbſt anſchauet/ den ſie lieber in Ar-
men als auf freyer Straſſe zu ſehen wuͤnſchet.
Es iſt die Schoͤnheit und gute Geſtalt des Leibes die edleſte und
herꝛlichſte Gabe der Natur/ die ſie dem Menſchen auff dieſe Welt mit
geben kan. Wann aber ſolche inſonderheit bey dem Frauen-Zimmer
hoch zu loben und zu lieben/ ſo fern ſie mit deren Tugenden der Zucht
und ſchambaren Erbarkeit begleitet; Aber ſolch koͤſtlich Kleinod der
guͤtigen Mutter wird von ihren Toͤchtern mehr zum Mißbrauch als
rechten Gebrauch angewand. Wann die natuͤrliche Schoͤnheit ſau-
ber und rein mit der Ehrlichkeit/ Keuſchheit und Sittſamkeit geſchmuͤ-
cket unterhalten wird/ iſt ſie die groͤſte Zierde und Tugend eines Frauẽ-
Bildes/ wormit ſie ihrem Ehemanne gefallen und zum hoͤchſten pran-
gen kan/ dieweil ſie ihr ein Hertz damit feſtiglich verknuͤpffet und in
ſtaͤter Liebe erhaͤlt. Wann ſie aber durch Kunſt farbe ihre natuͤliche
Geſtaͤlt zu verſchoͤnen gedenckt/ und mit koſtbahren Salben und wol-
riechenden Waͤſſern und Pudern/ praͤchtigen Kleidern und Kunſt-
ſchmuck ſich ſchoͤn zu machen/ und ihrem Manne zu behagen gedenckt/
darbey aber voller Unzucht und Laſter ſteckt/ macht ſie ſich mit ſolcher
entlehnten Schoͤnheit und Zierde vielmehr heßlich unn verraͤchtlich/
ſondern auch bey ihrem Ehe-Liebſten unangenehm und verhaßt. Sol-
che Weiber ſind nicht anders als ein uͤberduͤnchtes Grab/ ein ver-
ſchoͤnter Wuſt und Unflaht/ lauter eytler Fleiß der ſchnoͤden Kunſt-
Geſchickligkeit und Pracht der Eitelkeit. Dann es verbirget ſich un-
ter dem Schein eines wohlgeſchmuͤckten Geſichts mehr als ein hun-
dert Mangel und Gebrechen voller Leib/ deſſen verborgene Ungeſtalt
und innerliche Heßlichkeit einem jeden einen Abſcheu erwecken ſolten/
wann er ſie nur mit einem Blicke beſchauen moͤchte. Des Kaͤyſers
Nero Weib Poppea hat ſich nicht allein in die hoͤchſte beſchimpff- und
Verſpottũg/ ſondern ewige Schande gebracht/ daß ſie alle ihre Sorg-
faͤltigkeit und Fleiß dahin gewandt ihren Leib zu zaͤrteln/ zu ſaͤubren/
aufs praͤchtigſte außzuſtaffieren/ da nichts ſchandbahrers iſt/ als ſich
anders bildẽ und geſtalten/ gleichwie ſich die Natur gebildet und auß-
gezieret hat. Die Comœdianten und Schanſpiel Dantzer werden
deßwegen veraͤchtlich gehalten/ daß ſie andere Staltung/ Habit und
Perſonen an ſich nehmen/ und denen Zuſehern zum Spott und Ge-
laͤchter machen. Es iſt aber die Schoͤnheit ein lautres Werckzeug oder
Thuͤre der Laſter/ eine Pfortnerin der Suͤnden/ ein Heroldin boͤſer
Begier-
K ij
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1181 |
Zitationshilfe: | Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1181>, abgerufen am 29.06.2024. |