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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Der Bücher-Dieb.
Tractaten ärgern/ werden hiemit versichert/ daß sie bey dem künff-
tigen Röm. Käyser nicht werden in Ungnade kommen/ wann sie diese
Ding ungekaufft und ungelesen lassen. Jener hochgelehrte Westphä-
linger kam an den Rheinstrom/ da setzte ihm ein Gastgeber zweyerley
Wein für/ einen Ringkauer und einen Klingenberger/ und fragte/
welcher am besten schmecke? Da antwortet er/ dieser hat einen guten
Hopffen/ aber der ander ist besser von Maltze. Solten die Kauffleut
am Rheinstrom deßwegen Narren seyn/ wann sie nicht auch von dem
Wein reden/ wie jener berühmte Westphälische Doctor? Es kam
endlich ein vornehmer gelehrter Cavallier/ Namens Philander/ auß
Ober-Teutschland zu ihm/ und sagte: Antenor, deine Schrifften
sind an unterschiedenen Orten zum andern und drittenmal wider auf-
geleget. Die Schuld hat der erste Verleger/ welcher keine Exempla-
ria nach Franckfurt geschicket hat/ und ich habe Commission von
fürnehmen Leuten/ dir zu sagen/ wann sich keine Verleger in Norden
wollen finden lassen/ welche deine Tractatus, die du/ wie uns bewust
ist/ verfertiget hast/ mit deinem Nutzen und mit Belohnung deiner
Arbeit verlegen wollen/ so wollestu sie nur an diese und jene Oerter in
Oberteutschland schicken/ da sich ehrliche Leute finden werden/ welche
sie mit gutem Willen/ und deinem Nutzen verlegen werden. Antenor
verwunderte sich/ daß in der kurtzen Zeit diese Dinge seyen distrahi-
ret
worden/ und daß solche Untreu solcher Diebstal ihm begegnet sey/
und beschwerte sich/ daß er Arbeit und Wunderey habe/ daß er müsse
jederman Rede und Antwort geben/ andere Geitzhälse aber haben den
Nutzen davon. Er klagte/ daß unter Schneidern/ Müllern/ etc. der-
gleichen nicht vorgehe/ als unter den Druckherrn und Buchführern/
welche sich sonderlicher Käyserlicher Privilegien rühmeten/ und unter-
dessen wider das andere und siebende Gebot offt gar gröblich sündig-
ten/ wie er ihnen hinführo weitläuffig remonstriren wolle/ und D.
Luther zu seiner Zeit hefftig darüber geklaget habe. Er erzehlte Exem-
pel unterschiedener Buchdrucker und Buchführer/ welche solcher
Diebsgriffe sich gebrauchet/ andern ehrlichen Leuten etwas nachge-
drucket/ theure Eyde geschworen/ daß sie nichts ohne consens und
Censur wollen drucken/ sie haben aber diesen Eyd gehalten/ wie der
Hund die Fasten. Und sie haben zwar viel Geld und Gut zusammen
gescharret. Dann wo Bücher recht abgehen/ und jederman/ nicht nur
ein Theologus, ein Jurist, ein Medicus, ein Philosophus, ein
grosser Herr/ ein gemeiner Bürger oder Bauer/ sondern auch Herr
Omnis, junge und Alte/ Mann und Weibspersonen sie lesen/ da könne
man cento pro cento machen. Aber die Erfahrung/ sagt er/ hat mich
gelehret/ daß wann geitzige Drucker und Buchführer ehrlichen Leuten
ihre Arbeit stehlen/ und sich dadurch bereichen/ daß ihr Geld und Gut

nicht

Der Buͤcher-Dieb.
Tractaten aͤrgern/ werden hiemit verſichert/ daß ſie bey dem kuͤnff-
tigen Roͤm. Kaͤyſer nicht werden in Ungnade kommen/ wann ſie dieſe
Ding ungekaufft und ungeleſen laſſen. Jener hochgelehrte Weſtphaͤ-
linger kam an den Rheinſtrom/ da ſetzte ihm ein Gaſtgeber zweyerley
Wein fuͤr/ einen Ringkauer und einen Klingenberger/ und fragte/
welcher am beſten ſchmecke? Da antwortet er/ dieſer hat einen guten
Hopffen/ aber der ander iſt beſſer von Maltze. Solten die Kauffleut
am Rheinſtrom deßwegen Narren ſeyn/ wann ſie nicht auch von dem
Wein reden/ wie jener beruͤhmte Weſtphaͤliſche Doctor? Es kam
endlich ein vornehmer gelehrter Cavallier/ Namens Philander/ auß
Ober-Teutſchland zu ihm/ und ſagte: Antenor, deine Schrifften
ſind an unterſchiedenen Orten zum andern und drittenmal wider auf-
geleget. Die Schuld hat der erſte Verleger/ welcher keine Exempla-
ria nach Franckfurt geſchicket hat/ und ich habe Commiſſion von
fuͤrnehmen Leuten/ dir zu ſagen/ wann ſich keine Verleger in Norden
wollen finden laſſen/ welche deine Tractatus, die du/ wie uns bewuſt
iſt/ verfertiget haſt/ mit deinem Nutzen und mit Belohnung deiner
Arbeit verlegen wollen/ ſo wolleſtu ſie nur an dieſe und jene Oerter in
Oberteutſchland ſchicken/ da ſich ehrliche Leute finden werden/ welche
ſie mit gutem Willen/ und deinem Nutzen verlegen werden. Antenor
verwunderte ſich/ daß in der kurtzen Zeit dieſe Dinge ſeyen diſtrahi-
ret
worden/ und daß ſolche Untreu ſolcher Diebſtal ihm begegnet ſey/
und beſchwerte ſich/ daß er Arbeit und Wunderey habe/ daß er muͤſſe
jederman Rede und Antwort geben/ andere Geitzhaͤlſe aber haben den
Nutzen davon. Er klagte/ daß unter Schneidern/ Muͤllern/ ꝛc. der-
gleichen nicht vorgehe/ als unter den Druckherꝛn und Buchfuͤhrern/
welche ſich ſonderlicher Kaͤyſerlicher Privilegien ruͤhmeten/ und unter-
deſſen wider das andere und ſiebende Gebot offt gar groͤblich ſuͤndig-
ten/ wie er ihnen hinfuͤhro weitlaͤuffig remonſtriren wolle/ und D.
Luther zu ſeiner Zeit hefftig daruͤber geklaget habe. Er erzehlte Exem-
pel unterſchiedener Buchdrucker und Buchfuͤhrer/ welche ſolcher
Diebsgriffe ſich gebrauchet/ andern ehrlichen Leuten etwas nachge-
drucket/ theure Eyde geſchworen/ daß ſie nichts ohne conſens und
Cenſur wollen drucken/ ſie haben aber dieſen Eyd gehalten/ wie der
Hund die Faſten. Und ſie haben zwar viel Geld und Gut zuſammen
geſcharꝛet. Dann wo Buͤcher recht abgehen/ und jederman/ nicht nur
ein Theologus, ein Juriſt, ein Medicus, ein Philoſophus, ein
groſſer Herr/ ein gemeiner Buͤrger oder Bauer/ ſondern auch Herr
Omnis, junge und Alte/ Mann und Weibsperſonen ſie leſen/ da koͤñe
man cento pro cento machen. Aber die Erfahrung/ ſagt er/ hat mich
gelehret/ daß wann geitzige Drucker und Buchfuͤhrer ehrlichen Leuten
ihre Arbeit ſtehlen/ und ſich dadurch bereichen/ daß ihr Geld und Gut

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[991/1033] Der Buͤcher-Dieb. Tractaten aͤrgern/ werden hiemit verſichert/ daß ſie bey dem kuͤnff- tigen Roͤm. Kaͤyſer nicht werden in Ungnade kommen/ wann ſie dieſe Ding ungekaufft und ungeleſen laſſen. Jener hochgelehrte Weſtphaͤ- linger kam an den Rheinſtrom/ da ſetzte ihm ein Gaſtgeber zweyerley Wein fuͤr/ einen Ringkauer und einen Klingenberger/ und fragte/ welcher am beſten ſchmecke? Da antwortet er/ dieſer hat einen guten Hopffen/ aber der ander iſt beſſer von Maltze. Solten die Kauffleut am Rheinſtrom deßwegen Narren ſeyn/ wann ſie nicht auch von dem Wein reden/ wie jener beruͤhmte Weſtphaͤliſche Doctor? Es kam endlich ein vornehmer gelehrter Cavallier/ Namens Philander/ auß Ober-Teutſchland zu ihm/ und ſagte: Antenor, deine Schrifften ſind an unterſchiedenen Orten zum andern und drittenmal wider auf- geleget. Die Schuld hat der erſte Verleger/ welcher keine Exempla- ria nach Franckfurt geſchicket hat/ und ich habe Commiſſion von fuͤrnehmen Leuten/ dir zu ſagen/ wann ſich keine Verleger in Norden wollen finden laſſen/ welche deine Tractatus, die du/ wie uns bewuſt iſt/ verfertiget haſt/ mit deinem Nutzen und mit Belohnung deiner Arbeit verlegen wollen/ ſo wolleſtu ſie nur an dieſe und jene Oerter in Oberteutſchland ſchicken/ da ſich ehrliche Leute finden werden/ welche ſie mit gutem Willen/ und deinem Nutzen verlegen werden. Antenor verwunderte ſich/ daß in der kurtzen Zeit dieſe Dinge ſeyen diſtrahi- retworden/ und daß ſolche Untreu ſolcher Diebſtal ihm begegnet ſey/ und beſchwerte ſich/ daß er Arbeit und Wunderey habe/ daß er muͤſſe jederman Rede und Antwort geben/ andere Geitzhaͤlſe aber haben den Nutzen davon. Er klagte/ daß unter Schneidern/ Muͤllern/ ꝛc. der- gleichen nicht vorgehe/ als unter den Druckherꝛn und Buchfuͤhrern/ welche ſich ſonderlicher Kaͤyſerlicher Privilegien ruͤhmeten/ und unter- deſſen wider das andere und ſiebende Gebot offt gar groͤblich ſuͤndig- ten/ wie er ihnen hinfuͤhro weitlaͤuffig remonſtriren wolle/ und D. Luther zu ſeiner Zeit hefftig daruͤber geklaget habe. Er erzehlte Exem- pel unterſchiedener Buchdrucker und Buchfuͤhrer/ welche ſolcher Diebsgriffe ſich gebrauchet/ andern ehrlichen Leuten etwas nachge- drucket/ theure Eyde geſchworen/ daß ſie nichts ohne conſens und Cenſur wollen drucken/ ſie haben aber dieſen Eyd gehalten/ wie der Hund die Faſten. Und ſie haben zwar viel Geld und Gut zuſammen geſcharꝛet. Dann wo Buͤcher recht abgehen/ und jederman/ nicht nur ein Theologus, ein Juriſt, ein Medicus, ein Philoſophus, ein groſſer Herr/ ein gemeiner Buͤrger oder Bauer/ ſondern auch Herr Omnis, junge und Alte/ Mann und Weibsperſonen ſie leſen/ da koͤñe man cento pro cento machen. Aber die Erfahrung/ ſagt er/ hat mich gelehret/ daß wann geitzige Drucker und Buchfuͤhrer ehrlichen Leuten ihre Arbeit ſtehlen/ und ſich dadurch bereichen/ daß ihr Geld und Gut nicht

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 991. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1033>, abgerufen am 25.11.2024.