Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].Discurs. nehmen Heyl und Beförderung der Freyen Künste. Julius aber alsetwas hitziger sagte: Dieses Gezäncke hat kein Ende/ und stehet man allenthalben eiteler verwegener Leute blosse Schwerdier. Die nur in die Bücher gegucket haben und etwas wissen zu disputiren, schelten und keufen sich/ wann man es eigentlich besihet/ ist es um des Esels seinen Schatten zuthun. Unterdessen haben wir nichts als Verdruß und Unlust/ es ist aber die Wolfahrt der freyen Studien und Wis- senschafften der Gestalt zu erhalten/ daß wir die meisten Schedas und Schrifften als unzeitige Geburten verwerffen und abschaffen. Dieses wurde also ihres Theils verhandelt. Aber ich der ich halb erstorben und gantz verbast redete bey mir selber/ ach wolte Gott/ daß diese Richter zu unserer Zeit lebeten/ da die Buchführer von grober ungeschmackter Leute Streit und Zanck leben und die Küchen von spicken! Man wür- de nicht so viel klagens hören von dem Göttlich verhängeten Unter- gang gelährter Gemühter. Wo sind diejenige Geburten/ denen so vortrefliche Helden das Leben geben? Sind sie nicht vom Schimmel/ von Motten und Würmen gantz geschabet und zerfressen? Sind sie nicht heufferiger in den Gewürtz-Krämen/ als in ansehnlichen Buch- läden. Aber diese Gezäncke haben einen grossen Nachtruck/ sie haben ansehnliche Titul und Uberschrifften/ gläntzen und haben ei- nen grossen Schein Neulicher Zeit hatte einer den andern mit dem Nachtgeschirr Jn dem ich in solchen hitzigen Gedancken/ kompt der Menip- Der Julius Scaliger hörete ungerne von seiner Ankunfft/ und Menip- Q q q iij
Diſcurs. nehmen Heyl und Befoͤrderung der Freyen Kuͤnſte. Julius aber alsetwas hitziger ſagte: Dieſes Gezaͤncke hat kein Ende/ und ſtehet man allenthalben eiteler verwegener Leute bloſſe Schwerdier. Die nur in die Buͤcher gegucket haben und etwas wiſſen zu diſputiren, ſchelten und keufen ſich/ wann man es eigentlich beſihet/ iſt es um des Eſels ſeinen Schatten zuthun. Unterdeſſen haben wir nichts als Verdruß und Unluſt/ es iſt aber die Wolfahrt der freyen Studien und Wiſ- ſenſchafften der Geſtalt zu erhalten/ daß wir die meiſten Schedas und Schrifften als unzeitige Geburten verwerffen und abſchaffen. Dieſes wurde alſo ihres Theils verhandelt. Aber ich der ich halb erſtorben und gantz verbaſt redete bey mir ſelber/ ach wolte Gott/ daß dieſe Richter zu unſerer Zeit lebeten/ da die Buchfuͤhrer von grober ungeſchmackter Leute Streit und Zanck leben und die Kuͤchen von ſpicken! Man wuͤr- de nicht ſo viel klagens hoͤren von dem Goͤttlich verhaͤngeten Unter- gang gelaͤhrter Gemuͤhter. Wo ſind diejenige Geburten/ denen ſo vortrefliche Helden das Leben geben? Sind ſie nicht vom Schimmel/ von Motten und Wuͤrmen gantz geſchabet und zerfreſſen? Sind ſie nicht heufferiger in den Gewuͤrtz-Kraͤmen/ als in anſehnlichen Buch- laͤden. Aber dieſe Gezaͤncke haben einen groſſen Nachtruck/ ſie haben anſehnliche Titul und Uberſchrifften/ glaͤntzen und haben ei- nen groſſen Schein Neulicher Zeit hatte einer den andern mit dem Nachtgeſchirꝛ Jn dem ich in ſolchen hitzigen Gedancken/ kompt der Menip- Der Julius Scaliger hoͤrete ungerne von ſeiner Ankunfft/ und Menip- Q q q iij
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Diſcurs.
nehmen Heyl und Befoͤrderung der Freyen Kuͤnſte. Julius aber als
etwas hitziger ſagte: Dieſes Gezaͤncke hat kein Ende/ und ſtehet man
allenthalben eiteler verwegener Leute bloſſe Schwerdier. Die nur in
die Buͤcher gegucket haben und etwas wiſſen zu diſputiren, ſchelten
und keufen ſich/ wann man es eigentlich beſihet/ iſt es um des Eſels
ſeinen Schatten zuthun. Unterdeſſen haben wir nichts als Verdruß
und Unluſt/ es iſt aber die Wolfahrt der freyen Studien und Wiſ-
ſenſchafften der Geſtalt zu erhalten/ daß wir die meiſten Schedas und
Schrifften als unzeitige Geburten verwerffen und abſchaffen. Dieſes
wurde alſo ihres Theils verhandelt. Aber ich der ich halb erſtorben und
gantz verbaſt redete bey mir ſelber/ ach wolte Gott/ daß dieſe Richter
zu unſerer Zeit lebeten/ da die Buchfuͤhrer von grober ungeſchmackter
Leute Streit und Zanck leben und die Kuͤchen von ſpicken! Man wuͤr-
de nicht ſo viel klagens hoͤren von dem Goͤttlich verhaͤngeten Unter-
gang gelaͤhrter Gemuͤhter. Wo ſind diejenige Geburten/ denen ſo
vortrefliche Helden das Leben geben? Sind ſie nicht vom Schimmel/
von Motten und Wuͤrmen gantz geſchabet und zerfreſſen? Sind ſie
nicht heufferiger in den Gewuͤrtz-Kraͤmen/ als in anſehnlichen Buch-
laͤden. Aber dieſe Gezaͤncke haben einen groſſen Nachtruck/ ſie
haben anſehnliche Titul und Uberſchrifften/ glaͤntzen und haben ei-
nen groſſen Schein
Neulicher Zeit hatte einer den andern mit dem Nachtgeſchirꝛ
verehret und gebadet/ da ſind gleich beyderſeits Schrifften und Buͤ-
cher gefertiget worden. Daß aber die Freyen Kuͤnſte und Studien
dergeſtalt tractiret und mit ſo abſcheulichen Namen verunehret wer-
den/ wer ſolte wol dieſes nicht ſchmertzlich beſeufftzen und vernich-
ten?
Jn dem ich in ſolchen hitzigen Gedancken/ kompt der Menip-
pus mit greulichem Geſichte und facklenden Augen/ und ſagte/ wir
haben lange Friede gehabt mit einem Menſchen/ der zu Krieg und Un-
friede geboren. Nun aber iſt der Scioppius abermal da und weis
nicht worauff er umgehet.
Der Julius Scaliger hoͤrete ungerne von ſeiner Ankunfft/ und
ich wolte/ ſagte er/ daß der unverſchaͤmte Menſch einmal auffhoͤrete
Unruhe und Ungelegenheit zu machen. Wir haben ihn ſchon ein-
mal auß unſerer Geſellſchafft verſtoſſen und ihn zu ſeinem vorgeſetz-
ten verwieſen. Dennoch wil er unter und bey uns ſeyn: und wer weis
ob er nicht abermalen etwas neues und Verwirꝛung in den freyen
Studien vorhat. Jedoch kompt er/ ſo kom er: wenn er nur/ wie er pfle-
get/ nicht halsſtarrig und zaͤnckiſch/ wann er das verſprechen wird/
wollen wir die Sache anhoͤren.
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