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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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Lustiger und anmuhtiger Diseurs.

Und dieses war der Vater Schlaff. Jch folgete/ und der ergriff mich
bey der Hand/ und führete mich/ ich weiß nicht wohin. Nach dem ich
nun von dem entlediget/ siehe da/ sagte er/ da hastu den Menippum
den höllischen Heerführer. Jch grüssete den Alten; und war so viel küh-
ner/ weil ich eines Philosophi Bart und Mantel sahe. Der aber/
nach dem er die Augenbranen ziemlich zusammen gezogen/ redet we-
nig und repetirte offters: BITE MEDECOM. Jch aber/ als der
ich kälter als der Frantzösich Winter war/ meinete dieses einige/ daß
er mich ihme hiesse folgen/ und fragte ohne einigen Verzug/ wo er
mich hinführete? Der fieng an viel zu reden und zu plaudern von des
Epicuri neben- oder untern Welt/ allwo die Geister oder Seelen der
vortreflichen Helden sich uffhalten und verwahret sind/ welche den/
weilen sie nunmehr witziger gemachet worden/ censiren und urthei-
len/ sie auch mit grossem Zorn und Eyfer von der sterblichen Men-
schen Thor- und Verwegenheit. Jch aber furchte mich überauß sehr
gräßlich vor dem höllischen Richter AEaco, denn ich hatte gehöret/
wie er kürtzlich gar hart und unbarmhertzig etliche Abgestorbene ver-
urtheilet hätte. Biß mir solche Furcht benommen der Menippus, der
sagte zu mir/ du wirst durch einen vortheilhafften und kurtzen Weg zu
der geheimen Rahtstuben vortreflicher Männer kommen und gefüh-
ret werden/ deren Namen man in keinem Namen-Buch oder Lexi-
co
zu erlernen nötig habe/ so gar in frischen Angedencken sind sie und
reden noch immerzu nichts als nur von derselben andern Welt. Und
in dem er dieses redete/ riß er mich zugleich/ als ich nur ein klein wenig
mich säumete und bey mir anstunde/ dahin zu des besagten Gemachs
Vorthür; und als er einen herauß geruffen/ da habt ihr/ sagte er/ ei-
nen naßweisen Studir-Knecht/ euch wil es obliegen daß ihr sehet und
prüffet was hinter ihme seye. Den Erasmum erkante ich auß dem
Gesichte/ und wurde so viel gewisser/ in deme ich etwas von den Sit-
ten ihn reden hörete. Jch folgete den gleich der mich führete: Es wur-
de allenthalben ein grosses Geschrey und Gedöß gehöret/ derer die
von wichtigen Sachen redeten und rahtschlagten. Aber von Stund
an/ schwiegen sie alle und wurde alles gantz stille. Da ersahe ich die
Philippos, Politianos, Scaligeros, Lipsios, Dousas, Gruteros;
und daß ich nicht alle Gelehrte/ die in der vorigen Zeit gelebet haben/
erzehle/ derer etliche die gestalt und postur hatten/ als die etwan Lesen
und Lehren; etliche traurig und sehr ernsthafft/ andere als lächelten sie
und schmuntzelten. Als sich der Erasmus zu dem Julio der Zeiten
Monsterer verfügete/ sagte er/ wir wollen heute andere fragen und
Gezänck beyseiten setzen/ was mich belanget/ weis ich nicht/ welcher
Parthey recht zugeben seye. Man hat sich lange gekappelt und gezer-
ret und viel vergebliche Scheltwort abgeben. Das ist nicht das Auff-

neh-
Luſtiger und anmuhtiger Diſeurs.

Und dieſes war der Vater Schlaff. Jch folgete/ und der ergriff mich
bey der Hand/ und fuͤhrete mich/ ich weiß nicht wohin. Nach dem ich
nun von dem entlediget/ ſiehe da/ ſagte er/ da haſtu den Menippum
den hoͤlliſchen Heerfuͤhrer. Jch gruͤſſete den Alten; und war ſo viel kuͤh-
ner/ weil ich eines Philoſophi Bart und Mantel ſahe. Der aber/
nach dem er die Augenbranen ziemlich zuſammen gezogen/ redet we-
nig und repetirte offters: BITE MEDECOM. Jch aber/ als der
ich kaͤlter als der Frantzoͤſich Winter war/ meinete dieſes einige/ daß
er mich ihme hieſſe folgen/ und fragte ohne einigen Verzug/ wo er
mich hinfuͤhrete? Der fieng an viel zu reden und zu plaudern von des
Epicuri neben- oder untern Welt/ allwo die Geiſter oder Seelen der
vortreflichen Helden ſich uffhalten und verwahret ſind/ welche den/
weilen ſie nunmehr witziger gemachet worden/ cenſiren und urthei-
len/ ſie auch mit groſſem Zorn und Eyfer von der ſterblichen Men-
ſchen Thor- und Verwegenheit. Jch aber furchte mich uͤberauß ſehr
graͤßlich vor dem hoͤlliſchen Richter Æaco, denn ich hatte gehoͤret/
wie er kuͤrtzlich gar hart und unbarmhertzig etliche Abgeſtorbene ver-
urtheilet haͤtte. Biß mir ſolche Furcht benommen der Menippus, der
ſagte zu mir/ du wirſt durch einen vortheilhafften und kurtzen Weg zu
der geheimen Rahtſtuben vortreflicher Maͤnner kommen und gefuͤh-
ret werden/ deren Namen man in keinem Namen-Buch oder Lexi-
co
zu erlernen noͤtig habe/ ſo gar in friſchen Angedencken ſind ſie und
reden noch immerzu nichts als nur von derſelben andern Welt. Und
in dem er dieſes redete/ riß er mich zugleich/ als ich nur ein klein wenig
mich ſaͤumete und bey mir anſtunde/ dahin zu des beſagten Gemachs
Vorthuͤr; und als er einen herauß geruffen/ da habt ihr/ ſagte er/ ei-
nen naßweiſen Studir-Knecht/ euch wil es obliegen daß ihr ſehet und
pruͤffet was hinter ihme ſeye. Den Eraſmum erkante ich auß dem
Geſichte/ und wurde ſo viel gewiſſer/ in deme ich etwas von den Sit-
ten ihn reden hoͤrete. Jch folgete den gleich der mich fuͤhrete: Es wur-
de allenthalben ein groſſes Geſchrey und Gedoͤß gehoͤret/ derer die
von wichtigen Sachen redeten und rahtſchlagten. Aber von Stund
an/ ſchwiegen ſie alle und wurde alles gantz ſtille. Da erſahe ich die
Philippos, Politianos, Scaligeros, Lipſios, Douſas, Gruteros;
und daß ich nicht alle Gelehrte/ die in der vorigen Zeit gelebet haben/
erzehle/ derer etliche die geſtalt und poſtur hatten/ als die etwan Leſen
und Lehren; etliche traurig und ſehr ernſthafft/ andere als laͤchelten ſie
und ſchmuntzelten. Als ſich der Eraſmus zu dem Julio der Zeiten
Monſterer verfuͤgete/ ſagte er/ wir wollen heute andere fragen und
Gezaͤnck beyſeiten ſetzen/ was mich belanget/ weis ich nicht/ welcher
Parthey recht zugeben ſeye. Man hat ſich lange gekappelt und gezer-
ret und viel vergebliche Scheltwort abgeben. Das iſt nicht das Auff-

neh-
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[980/1022] Luſtiger und anmuhtiger Diſeurs. Und dieſes war der Vater Schlaff. Jch folgete/ und der ergriff mich bey der Hand/ und fuͤhrete mich/ ich weiß nicht wohin. Nach dem ich nun von dem entlediget/ ſiehe da/ ſagte er/ da haſtu den Menippum den hoͤlliſchen Heerfuͤhrer. Jch gruͤſſete den Alten; und war ſo viel kuͤh- ner/ weil ich eines Philoſophi Bart und Mantel ſahe. Der aber/ nach dem er die Augenbranen ziemlich zuſammen gezogen/ redet we- nig und repetirte offters: BITE MEDECOM. Jch aber/ als der ich kaͤlter als der Frantzoͤſich Winter war/ meinete dieſes einige/ daß er mich ihme hieſſe folgen/ und fragte ohne einigen Verzug/ wo er mich hinfuͤhrete? Der fieng an viel zu reden und zu plaudern von des Epicuri neben- oder untern Welt/ allwo die Geiſter oder Seelen der vortreflichen Helden ſich uffhalten und verwahret ſind/ welche den/ weilen ſie nunmehr witziger gemachet worden/ cenſiren und urthei- len/ ſie auch mit groſſem Zorn und Eyfer von der ſterblichen Men- ſchen Thor- und Verwegenheit. Jch aber furchte mich uͤberauß ſehr graͤßlich vor dem hoͤlliſchen Richter Æaco, denn ich hatte gehoͤret/ wie er kuͤrtzlich gar hart und unbarmhertzig etliche Abgeſtorbene ver- urtheilet haͤtte. Biß mir ſolche Furcht benommen der Menippus, der ſagte zu mir/ du wirſt durch einen vortheilhafften und kurtzen Weg zu der geheimen Rahtſtuben vortreflicher Maͤnner kommen und gefuͤh- ret werden/ deren Namen man in keinem Namen-Buch oder Lexi- co zu erlernen noͤtig habe/ ſo gar in friſchen Angedencken ſind ſie und reden noch immerzu nichts als nur von derſelben andern Welt. Und in dem er dieſes redete/ riß er mich zugleich/ als ich nur ein klein wenig mich ſaͤumete und bey mir anſtunde/ dahin zu des beſagten Gemachs Vorthuͤr; und als er einen herauß geruffen/ da habt ihr/ ſagte er/ ei- nen naßweiſen Studir-Knecht/ euch wil es obliegen daß ihr ſehet und pruͤffet was hinter ihme ſeye. Den Eraſmum erkante ich auß dem Geſichte/ und wurde ſo viel gewiſſer/ in deme ich etwas von den Sit- ten ihn reden hoͤrete. Jch folgete den gleich der mich fuͤhrete: Es wur- de allenthalben ein groſſes Geſchrey und Gedoͤß gehoͤret/ derer die von wichtigen Sachen redeten und rahtſchlagten. Aber von Stund an/ ſchwiegen ſie alle und wurde alles gantz ſtille. Da erſahe ich die Philippos, Politianos, Scaligeros, Lipſios, Douſas, Gruteros; und daß ich nicht alle Gelehrte/ die in der vorigen Zeit gelebet haben/ erzehle/ derer etliche die geſtalt und poſtur hatten/ als die etwan Leſen und Lehren; etliche traurig und ſehr ernſthafft/ andere als laͤchelten ſie und ſchmuntzelten. Als ſich der Eraſmus zu dem Julio der Zeiten Monſterer verfuͤgete/ ſagte er/ wir wollen heute andere fragen und Gezaͤnck beyſeiten ſetzen/ was mich belanget/ weis ich nicht/ welcher Parthey recht zugeben ſeye. Man hat ſich lange gekappelt und gezer- ret und viel vergebliche Scheltwort abgeben. Das iſt nicht das Auff- neh-

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 980. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1022>, abgerufen am 22.11.2024.