Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

Bild:
<< vorherige Seite


Lustiger und anmuhtiger
DISCURS,
Von
Der eingebildeten Academischer
Hoheit und Reputation eines unvor-
sichtigen Studentens.


JCh wil anjetzo beschreiben/ was ich ge-
strige Nacht gesehen und gehöret. Ein merckli-
cher Traum und der in den vorigen Zeiten nicht
erhöret worden/ hat mein Gemühte gantz be-
stürtzet und eingenommen. Hier hilffet kein
Versühnen/ kein Flehen/ kein Bitten/ es hilffet
weder Wasser noch Feuer. Jch muß gleichwol
auff den Klapper-Marck gehen/ und alldar vernehmen was Herr
Hans urtheile und für einen Außschlag gebe/ damit ich allein wisse/
wie hoch ich dem Mercurio verbunden/ der mir bey hoher Straffe
verbotten/ daß ich ja nicht schweigen solte. Die Haut schüttert mir
wegen grosser Furcht dieses Götzen-Bildes; und nach deme ich mich
auß den Federn gemachet hatte; ergrieffe ich die Schreibfeder. Es
wäre eben um die Zeit/ da die erste Ruhe denen mühseligen sterbli-
chen Menschen von den Göttern gegönnet/ und sie als mit einem köst-
lichen Geschencke darmit versehen werden.

Jhr müsset wissen/ daß ich Raums und Platzes genung hatte
zuträumen. Es hatte die liebliche Ruhe mich kaum eingenommen/ und
nach dem ich gleichsam von dem Leibe befreyet/ schwingete ich meinen
Geist sehr hoch in die Höhe/ da erblickte ich so fort einen alten Grei-
sen von den Göttern/ der älter war als Saturnus selbsten/ den die
Bauren den Kinderfresser nennen. Der redete weder Griechisch noch
Lateinisch/ sondern durch ein Misch Masch: doch hiesse er mich hinzu
treten/ und schwätzete mir einen hauffen/ ich weis nicht was/ von der
neuen Welt: Jch streckete mich ziemlich und baumete mich uff/ als der
ich ohn das gerne was neues höre/ und ward durch solchen freundlichen
Befehl nur desto kecker.

Und
Qqq ij


Luſtiger und anmuhtiger
DISCURS,
Von
Der eingebildeten Academiſcher
Hoheit und Reputation eines unvor-
ſichtigen Studentens.


JCh wil anjetzo beſchreiben/ was ich ge-
ſtrige Nacht geſehen und gehoͤret. Ein merckli-
cher Traum und der in den vorigen Zeiten nicht
erhoͤret worden/ hat mein Gemuͤhte gantz be-
ſtuͤrtzet und eingenommen. Hier hilffet kein
Verſuͤhnen/ kein Flehen/ kein Bitten/ es hilffet
weder Waſſer noch Feuer. Jch muß gleichwol
auff den Klapper-Marck gehen/ und alldar vernehmen was Herꝛ
Hans urtheile und fuͤr einen Außſchlag gebe/ damit ich allein wiſſe/
wie hoch ich dem Mercurio verbunden/ der mir bey hoher Straffe
verbotten/ daß ich ja nicht ſchweigen ſolte. Die Haut ſchuͤttert mir
wegen groſſer Furcht dieſes Goͤtzen-Bildes; und nach deme ich mich
auß den Federn gemachet hatte; ergrieffe ich die Schreibfeder. Es
waͤre eben um die Zeit/ da die erſte Ruhe denen muͤhſeligen ſterbli-
chen Menſchen von den Goͤttern gegoͤnnet/ und ſie als mit einem koͤſt-
lichen Geſchencke darmit verſehen werden.

Jhr muͤſſet wiſſen/ daß ich Raums und Platzes genung hatte
zutraͤumen. Es hatte die liebliche Ruhe mich kaum eingenommen/ uñ
nach dem ich gleichſam von dem Leibe befreyet/ ſchwingete ich meinen
Geiſt ſehr hoch in die Hoͤhe/ da erblickte ich ſo fort einen alten Grei-
ſen von den Goͤttern/ der aͤlter war als Saturnus ſelbſten/ den die
Bauren den Kinderfreſſer nennen. Der redete weder Griechiſch noch
Lateiniſch/ ſondern durch ein Miſch Maſch: doch hieſſe er mich hinzu
treten/ und ſchwaͤtzete mir einen hauffen/ ich weis nicht was/ von der
neuen Welt: Jch ſtreckete mich ziemlich und baumete mich uff/ als der
ich ohn das gerne was neues hoͤꝛe/ und ward duꝛch ſolchen freundlichẽ
Befehl nur deſto kecker.

Und
Qqq ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f1021" n="979"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Lu&#x017F;tiger und anmuhtiger<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">DISCURS,</hi></hi><lb/>
Von<lb/>
Der eingebildeten Academi&#x017F;cher<lb/>
Hoheit und Reputation eines unvor-<lb/>
&#x017F;ichtigen Studentens.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#in">J</hi><hi rendition="#fr">Ch wil anjetzo be&#x017F;chreiben/ was ich ge-</hi><lb/>
&#x017F;trige Nacht ge&#x017F;ehen und geho&#x0364;ret. Ein merckli-<lb/>
cher Traum und der in den vorigen Zeiten nicht<lb/>
erho&#x0364;ret worden/ hat mein Gemu&#x0364;hte gantz be-<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;rtzet und eingenommen. Hier hilffet kein<lb/>
Ver&#x017F;u&#x0364;hnen/ kein Flehen/ kein Bitten/ es hilffet<lb/>
weder Wa&#x017F;&#x017F;er noch Feuer. Jch muß gleichwol<lb/>
auff den Klapper-Marck gehen/ und alldar vernehmen was Her&#xA75B;<lb/>
Hans urtheile und fu&#x0364;r einen Auß&#x017F;chlag gebe/ damit ich allein wi&#x017F;&#x017F;e/<lb/>
wie hoch ich dem <hi rendition="#aq">Mercurio</hi> verbunden/ der mir bey hoher Straffe<lb/>
verbotten/ daß ich ja nicht &#x017F;chweigen &#x017F;olte. Die Haut &#x017F;chu&#x0364;ttert mir<lb/>
wegen gro&#x017F;&#x017F;er Furcht die&#x017F;es Go&#x0364;tzen-Bildes; und nach deme ich mich<lb/>
auß den Federn gemachet hatte; ergrieffe ich die Schreibfeder. Es<lb/>
wa&#x0364;re eben um die Zeit/ da die er&#x017F;te Ruhe denen mu&#x0364;h&#x017F;eligen &#x017F;terbli-<lb/>
chen Men&#x017F;chen von den Go&#x0364;ttern gego&#x0364;nnet/ und &#x017F;ie als mit einem ko&#x0364;&#x017F;t-<lb/>
lichen Ge&#x017F;chencke darmit ver&#x017F;ehen werden.</p><lb/>
        <p>Jhr mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et wi&#x017F;&#x017F;en/ daß ich Raums und Platzes genung hatte<lb/>
zutra&#x0364;umen. Es hatte die liebliche Ruhe mich kaum eingenommen/ un&#x0303;<lb/>
nach dem ich gleich&#x017F;am von dem Leibe befreyet/ &#x017F;chwingete ich meinen<lb/>
Gei&#x017F;t &#x017F;ehr hoch in die Ho&#x0364;he/ da erblickte ich &#x017F;o fort einen alten Grei-<lb/>
&#x017F;en von den Go&#x0364;ttern/ der a&#x0364;lter war als Saturnus &#x017F;elb&#x017F;ten/ den die<lb/>
Bauren den Kinderfre&#x017F;&#x017F;er nennen. Der redete weder Griechi&#x017F;ch noch<lb/>
Lateini&#x017F;ch/ &#x017F;ondern durch ein Mi&#x017F;ch Ma&#x017F;ch: doch hie&#x017F;&#x017F;e er mich hinzu<lb/>
treten/ und &#x017F;chwa&#x0364;tzete mir einen hauffen/ ich weis nicht was/ von der<lb/>
neuen Welt: Jch &#x017F;treckete mich ziemlich und baumete mich uff/ als der<lb/>
ich ohn das gerne was neues ho&#x0364;&#xA75B;e/ und ward du&#xA75B;ch &#x017F;olchen freundliche&#x0303;<lb/>
Befehl nur de&#x017F;to kecker.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">Qqq ij</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[979/1021] Luſtiger und anmuhtiger DISCURS, Von Der eingebildeten Academiſcher Hoheit und Reputation eines unvor- ſichtigen Studentens. JCh wil anjetzo beſchreiben/ was ich ge- ſtrige Nacht geſehen und gehoͤret. Ein merckli- cher Traum und der in den vorigen Zeiten nicht erhoͤret worden/ hat mein Gemuͤhte gantz be- ſtuͤrtzet und eingenommen. Hier hilffet kein Verſuͤhnen/ kein Flehen/ kein Bitten/ es hilffet weder Waſſer noch Feuer. Jch muß gleichwol auff den Klapper-Marck gehen/ und alldar vernehmen was Herꝛ Hans urtheile und fuͤr einen Außſchlag gebe/ damit ich allein wiſſe/ wie hoch ich dem Mercurio verbunden/ der mir bey hoher Straffe verbotten/ daß ich ja nicht ſchweigen ſolte. Die Haut ſchuͤttert mir wegen groſſer Furcht dieſes Goͤtzen-Bildes; und nach deme ich mich auß den Federn gemachet hatte; ergrieffe ich die Schreibfeder. Es waͤre eben um die Zeit/ da die erſte Ruhe denen muͤhſeligen ſterbli- chen Menſchen von den Goͤttern gegoͤnnet/ und ſie als mit einem koͤſt- lichen Geſchencke darmit verſehen werden. Jhr muͤſſet wiſſen/ daß ich Raums und Platzes genung hatte zutraͤumen. Es hatte die liebliche Ruhe mich kaum eingenommen/ uñ nach dem ich gleichſam von dem Leibe befreyet/ ſchwingete ich meinen Geiſt ſehr hoch in die Hoͤhe/ da erblickte ich ſo fort einen alten Grei- ſen von den Goͤttern/ der aͤlter war als Saturnus ſelbſten/ den die Bauren den Kinderfreſſer nennen. Der redete weder Griechiſch noch Lateiniſch/ ſondern durch ein Miſch Maſch: doch hieſſe er mich hinzu treten/ und ſchwaͤtzete mir einen hauffen/ ich weis nicht was/ von der neuen Welt: Jch ſtreckete mich ziemlich und baumete mich uff/ als der ich ohn das gerne was neues hoͤꝛe/ und ward duꝛch ſolchen freundlichẽ Befehl nur deſto kecker. Und Qqq ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1021
Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 979. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/1021>, abgerufen am 22.11.2024.