die Wien mit seinen Vorstädten einschließen soll. Sie scheint nicht so sehr durch mißver- standne Vaterstadtsliebe übertrieben, wie die in den frühern Beschreibungen von Wien. Nach derselben soll die Anzahl der Einwohner auf Drey Hundert und Zwanzig Tausend hinansteigen. Nicht so hoch berechnet sie der angeführte Wegweiser, der nur, aber ohne eine Angabe darzulegen, Zwey Hundert und Siebzig Tausend annimmt. Man kömmt der Wahrheit durch die Mittelzahl von drey- mal Hundert Tausend vielleicht am näch- sten; doch ich selbst hatte weder Zeit noch Ge- legenheit, eine neue Untersuchung darüber an- zustellen. Die Zahl von 206,000, welche die Nikolaische Berechnung giebt, schien hier von jeher zu gering; indessen ist gewiß, daß sich die Volksmenge seit jener Zeit nicht gemehrt hat, wie hoch sie auch damals gewesen seyn mag. Der Krieg und die neuesten Maßregeln der Polizey haben es unmöglich gemacht. Der erstere hat die Besatzung vermindert und durch
die Wien mit ſeinen Vorſtaͤdten einſchließen ſoll. Sie ſcheint nicht ſo ſehr durch mißver- ſtandne Vaterſtadtsliebe uͤbertrieben, wie die in den fruͤhern Beſchreibungen von Wien. Nach derſelben ſoll die Anzahl der Einwohner auf Drey Hundert und Zwanzig Tauſend hinanſteigen. Nicht ſo hoch berechnet ſie der angefuͤhrte Wegweiſer, der nur, aber ohne eine Angabe darzulegen, Zwey Hundert und Siebzig Tauſend annimmt. Man koͤmmt der Wahrheit durch die Mittelzahl von drey- mal Hundert Tauſend vielleicht am naͤch- ſten; doch ich ſelbſt hatte weder Zeit noch Ge- legenheit, eine neue Unterſuchung daruͤber an- zuſtellen. Die Zahl von 206,000, welche die Nikolaiſche Berechnung giebt, ſchien hier von jeher zu gering; indeſſen iſt gewiß, daß ſich die Volksmenge ſeit jener Zeit nicht gemehrt hat, wie hoch ſie auch damals geweſen ſeyn mag. Der Krieg und die neueſten Maßregeln der Polizey haben es unmoͤglich gemacht. Der erſtere hat die Beſatzung vermindert und durch
<TEI><text><body><div><floatingText><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0437"n="165"/>
die Wien mit ſeinen Vorſtaͤdten einſchließen<lb/>ſoll. Sie ſcheint nicht ſo ſehr durch mißver-<lb/>ſtandne Vaterſtadtsliebe uͤbertrieben, wie die<lb/>
in den fruͤhern Beſchreibungen von Wien. Nach<lb/>
derſelben ſoll die Anzahl der Einwohner auf<lb/><hirendition="#g">Drey Hundert und Zwanzig Tauſend</hi><lb/>
hinanſteigen. Nicht ſo hoch berechnet ſie der<lb/>
angefuͤhrte Wegweiſer, der nur, aber ohne eine<lb/>
Angabe darzulegen, <hirendition="#g">Zwey Hundert und<lb/>
Siebzig Tauſend</hi> annimmt. Man koͤmmt<lb/>
der Wahrheit durch die Mittelzahl von <hirendition="#g">drey-<lb/>
mal Hundert Tauſend</hi> vielleicht am naͤch-<lb/>ſten; doch ich ſelbſt hatte weder Zeit noch Ge-<lb/>
legenheit, eine neue Unterſuchung daruͤber an-<lb/>
zuſtellen. Die Zahl von 206,000, welche die<lb/>
Nikolaiſche Berechnung giebt, ſchien hier von<lb/>
jeher zu gering; indeſſen iſt gewiß, daß ſich<lb/>
die Volksmenge ſeit jener Zeit nicht gemehrt<lb/>
hat, wie hoch ſie auch damals geweſen ſeyn<lb/>
mag. Der Krieg und die neueſten Maßregeln<lb/>
der Polizey haben es unmoͤglich gemacht. Der<lb/>
erſtere hat die Beſatzung vermindert und durch<lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[165/0437]
die Wien mit ſeinen Vorſtaͤdten einſchließen
ſoll. Sie ſcheint nicht ſo ſehr durch mißver-
ſtandne Vaterſtadtsliebe uͤbertrieben, wie die
in den fruͤhern Beſchreibungen von Wien. Nach
derſelben ſoll die Anzahl der Einwohner auf
Drey Hundert und Zwanzig Tauſend
hinanſteigen. Nicht ſo hoch berechnet ſie der
angefuͤhrte Wegweiſer, der nur, aber ohne eine
Angabe darzulegen, Zwey Hundert und
Siebzig Tauſend annimmt. Man koͤmmt
der Wahrheit durch die Mittelzahl von drey-
mal Hundert Tauſend vielleicht am naͤch-
ſten; doch ich ſelbſt hatte weder Zeit noch Ge-
legenheit, eine neue Unterſuchung daruͤber an-
zuſtellen. Die Zahl von 206,000, welche die
Nikolaiſche Berechnung giebt, ſchien hier von
jeher zu gering; indeſſen iſt gewiß, daß ſich
die Volksmenge ſeit jener Zeit nicht gemehrt
hat, wie hoch ſie auch damals geweſen ſeyn
mag. Der Krieg und die neueſten Maßregeln
der Polizey haben es unmoͤglich gemacht. Der
erſtere hat die Beſatzung vermindert und durch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/437>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.