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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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Bekanntlich ist zwischen der Stadt Wien
und ihren Vorstädten nach Süden, Westen
und Osten zu, ein großer leerer Raum gelas-
sen, der, wenn man die jetzt fast unnützen Fe-
stungswerke abtrüge, zur Erweiterung und
Vergrößerung der Stadt fast noch einmal so
viel Platz, als ihr jetziger Umfang einnimmt,
darbieten würde. Keine andere Europäische
Stadt übersieht ihre Vorstädte so vortheilhaft.
Wien hat die seinigen vor sich, und sie erhe-
ben sich theils amphitheatralisch, theils liegen
sie auf ebenem Boden, rund umher in ihrer
ganzen Länge und Breite. Der Stadtwall
bietet schon an sich einen sehr angenehmen
Spatziergang dar, aber er wird durch die Ue-
bersicht, die er über die ungeheuren Vorstädte
und die ganze umliegende Gegend gewährt, in
der That einzig. Jeder neue Vorsprung des
Walles eröffnet eine neue veränderte Aussicht;
will man aber größere Theile auf einmal um-
spannen, so ist es genug, über jedem Haupt-
thore sich zu verweilen und solchergestalt die

Bekanntlich iſt zwiſchen der Stadt Wien
und ihren Vorſtaͤdten nach Suͤden, Weſten
und Oſten zu, ein großer leerer Raum gelaſ-
ſen, der, wenn man die jetzt faſt unnuͤtzen Fe-
ſtungswerke abtruͤge, zur Erweiterung und
Vergroͤßerung der Stadt faſt noch einmal ſo
viel Platz, als ihr jetziger Umfang einnimmt,
darbieten wuͤrde. Keine andere Europaͤiſche
Stadt uͤberſieht ihre Vorſtaͤdte ſo vortheilhaft.
Wien hat die ſeinigen vor ſich, und ſie erhe-
ben ſich theils amphitheatraliſch, theils liegen
ſie auf ebenem Boden, rund umher in ihrer
ganzen Laͤnge und Breite. Der Stadtwall
bietet ſchon an ſich einen ſehr angenehmen
Spatziergang dar, aber er wird durch die Ue-
berſicht, die er uͤber die ungeheuren Vorſtaͤdte
und die ganze umliegende Gegend gewaͤhrt, in
der That einzig. Jeder neue Vorſprung des
Walles eroͤffnet eine neue veraͤnderte Ausſicht;
will man aber groͤßere Theile auf einmal um-
ſpannen, ſo iſt es genug, uͤber jedem Haupt-
thore ſich zu verweilen und ſolchergeſtalt die

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[156/0428] Bekanntlich iſt zwiſchen der Stadt Wien und ihren Vorſtaͤdten nach Suͤden, Weſten und Oſten zu, ein großer leerer Raum gelaſ- ſen, der, wenn man die jetzt faſt unnuͤtzen Fe- ſtungswerke abtruͤge, zur Erweiterung und Vergroͤßerung der Stadt faſt noch einmal ſo viel Platz, als ihr jetziger Umfang einnimmt, darbieten wuͤrde. Keine andere Europaͤiſche Stadt uͤberſieht ihre Vorſtaͤdte ſo vortheilhaft. Wien hat die ſeinigen vor ſich, und ſie erhe- ben ſich theils amphitheatraliſch, theils liegen ſie auf ebenem Boden, rund umher in ihrer ganzen Laͤnge und Breite. Der Stadtwall bietet ſchon an ſich einen ſehr angenehmen Spatziergang dar, aber er wird durch die Ue- berſicht, die er uͤber die ungeheuren Vorſtaͤdte und die ganze umliegende Gegend gewaͤhrt, in der That einzig. Jeder neue Vorſprung des Walles eroͤffnet eine neue veraͤnderte Ausſicht; will man aber groͤßere Theile auf einmal um- ſpannen, ſo iſt es genug, uͤber jedem Haupt- thore ſich zu verweilen und ſolchergeſtalt die

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/428>, abgerufen am 25.11.2024.