Tag, doch wenigstens einige Stunden, eben- falls in der Stadt zu; und in dem allgemeinen Getümmel dieses engen Standplatzes rollen über Zwey Tausend eigene Wagen, über drey Hundert Stadtlohnwagen, über Sechs Hun- dert Fiaker, mit Sechsen, Vieren und Zweyen bespannt, vom frühesten Morgen bis in die späteste Nacht lärmend herum. Die Wagen, worauf die Zufuhr für den allgemeinen Be- darf und Ueberfluß nach der Stadt geschaft wird, deute ich nur an.
Alles also, was arbeiten und müßig gehen, leben und schwelgen, sehen und gesehen wer- den will, drängt sich nach dem Kerne der Stadt hin und wohnt in demselben enge auf einander. Da der Umfang nicht erweitert werden kann, so fährt man in die Höhe auf; und dieser Umstand bestimmt die Bauart des eigentlichen Wien.
Man sieht sich sonach in dessen Straßen wie in Graben eingeschlossen, die ziemlich von gleicher Tiefe sind, und sich nur durch Länge
und
Tag, doch wenigſtens einige Stunden, eben- falls in der Stadt zu; und in dem allgemeinen Getuͤmmel dieſes engen Standplatzes rollen uͤber Zwey Tauſend eigene Wagen, uͤber drey Hundert Stadtlohnwagen, uͤber Sechs Hun- dert Fiaker, mit Sechſen, Vieren und Zweyen beſpannt, vom fruͤheſten Morgen bis in die ſpaͤteſte Nacht laͤrmend herum. Die Wagen, worauf die Zufuhr fuͤr den allgemeinen Be- darf und Ueberfluß nach der Stadt geſchaft wird, deute ich nur an.
Alles alſo, was arbeiten und muͤßig gehen, leben und ſchwelgen, ſehen und geſehen wer- den will, draͤngt ſich nach dem Kerne der Stadt hin und wohnt in demſelben enge auf einander. Da der Umfang nicht erweitert werden kann, ſo faͤhrt man in die Hoͤhe auf; und dieſer Umſtand beſtimmt die Bauart des eigentlichen Wien.
Man ſieht ſich ſonach in deſſen Straßen wie in Graben eingeſchloſſen, die ziemlich von gleicher Tiefe ſind, und ſich nur durch Laͤnge
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[144/0416]
Tag, doch wenigſtens einige Stunden, eben-
falls in der Stadt zu; und in dem allgemeinen
Getuͤmmel dieſes engen Standplatzes rollen
uͤber Zwey Tauſend eigene Wagen, uͤber drey
Hundert Stadtlohnwagen, uͤber Sechs Hun-
dert Fiaker, mit Sechſen, Vieren und Zweyen
beſpannt, vom fruͤheſten Morgen bis in die
ſpaͤteſte Nacht laͤrmend herum. Die Wagen,
worauf die Zufuhr fuͤr den allgemeinen Be-
darf und Ueberfluß nach der Stadt geſchaft
wird, deute ich nur an.
Alles alſo, was arbeiten und muͤßig gehen,
leben und ſchwelgen, ſehen und geſehen wer-
den will, draͤngt ſich nach dem Kerne der
Stadt hin und wohnt in demſelben enge auf
einander. Da der Umfang nicht erweitert
werden kann, ſo faͤhrt man in die Hoͤhe auf;
und dieſer Umſtand beſtimmt die Bauart des
eigentlichen Wien.
Man ſieht ſich ſonach in deſſen Straßen
wie in Graben eingeſchloſſen, die ziemlich von
gleicher Tiefe ſind, und ſich nur durch Laͤnge
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/416>, abgerufen am 26.11.2024.
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