in den Erbländern gedruckt und besonders nach- gedruckt wird, und bindet nebenher Bücher, was in der That das eigentliche Handwerk der hiesigen Buchhändler zu seyn scheint. Ich erkundigte mich bey drey derselben nach einem in Oesterreich und auch auswärts sehr bekann- ten Dichter, der vor wenig Jahren in Linz eine ansehnliche Stelle bekleidet hatte, und sie kannten ihn nicht einmal dem Namen nach. Aber es ist gewiß, daß Linz überhaupt von den Lichtstrahlen, die noch vor wenig Jahren von Wien über Oesterreich ausgehen durften, wenig bekommen hat, weil das Heer der hie- sigen Geistlichkeit vortreflich Wache gegen al- les hielt, was die Wissenschaften und den Verstand hätte aufklären können.
Das Linzer Blut ist berühmt, und nicht ohne Grund. Es ist in der That schön, doch mehr bey dem weiblichen Geschlecht, als bey dem männlichen. Unter dem erstern findet man häufig ganz griechische Umrisse, große schwarze Augen, vortrefliche Zähne, und die frischeste
Sechstes Heft J
in den Erblaͤndern gedruckt und beſonders nach- gedruckt wird, und bindet nebenher Buͤcher, was in der That das eigentliche Handwerk der hieſigen Buchhaͤndler zu ſeyn ſcheint. Ich erkundigte mich bey drey derſelben nach einem in Oeſterreich und auch auswaͤrts ſehr bekann- ten Dichter, der vor wenig Jahren in Linz eine anſehnliche Stelle bekleidet hatte, und ſie kannten ihn nicht einmal dem Namen nach. Aber es iſt gewiß, daß Linz uͤberhaupt von den Lichtſtrahlen, die noch vor wenig Jahren von Wien uͤber Oeſterreich ausgehen durften, wenig bekommen hat, weil das Heer der hie- ſigen Geiſtlichkeit vortreflich Wache gegen al- les hielt, was die Wiſſenſchaften und den Verſtand haͤtte aufklaͤren koͤnnen.
Das Linzer Blut iſt beruͤhmt, und nicht ohne Grund. Es iſt in der That ſchoͤn, doch mehr bey dem weiblichen Geſchlecht, als bey dem maͤnnlichen. Unter dem erſtern findet man haͤufig ganz griechiſche Umriſſe, große ſchwarze Augen, vortrefliche Zaͤhne, und die friſcheſte
Sechstes Heft J
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[129/0401]
in den Erblaͤndern gedruckt und beſonders nach-
gedruckt wird, und bindet nebenher Buͤcher,
was in der That das eigentliche Handwerk
der hieſigen Buchhaͤndler zu ſeyn ſcheint. Ich
erkundigte mich bey drey derſelben nach einem
in Oeſterreich und auch auswaͤrts ſehr bekann-
ten Dichter, der vor wenig Jahren in Linz
eine anſehnliche Stelle bekleidet hatte, und ſie
kannten ihn nicht einmal dem Namen nach.
Aber es iſt gewiß, daß Linz uͤberhaupt von
den Lichtſtrahlen, die noch vor wenig Jahren
von Wien uͤber Oeſterreich ausgehen durften,
wenig bekommen hat, weil das Heer der hie-
ſigen Geiſtlichkeit vortreflich Wache gegen al-
les hielt, was die Wiſſenſchaften und den
Verſtand haͤtte aufklaͤren koͤnnen.
Das Linzer Blut iſt beruͤhmt, und nicht
ohne Grund. Es iſt in der That ſchoͤn, doch
mehr bey dem weiblichen Geſchlecht, als bey
dem maͤnnlichen. Unter dem erſtern findet man
haͤufig ganz griechiſche Umriſſe, große ſchwarze
Augen, vortrefliche Zaͤhne, und die friſcheſte
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/401>, abgerufen am 24.11.2024.
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