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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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Ich wollte die hiesige große Wollenwirkerey
sehen, aber man machte mir Schwierigkeiten.
Ich hoffe zum gesunden Menschenverstande,
daß nur Eigensinn oder Trägheit des Aufse-
hers, oder irgend ein Mißverständniß, die Ur-
sach davon war: denn die Handgriffe der Wol-
lenarbeiter sind, dem Himmel sey Dank! nir-
gend solch ein Geheimniß mehr, daß man sie
stehlen müßte, wie gewisse engländische Kunst-
werkzeuge.

Das hiesige Lyceum ist weder stark besucht,
noch hat es berühmte Lehrer. Ich fand in ei-
nem paar Hörsälen noch eine alte und steife
Lehrart, welche die Gegenstände ungefähr noch
so weitläuftig und elementarisch vortrug, wie
sie auf den protestantischen Gymnasien in der
dritten und vierten Klasse behandelt werden.

Die hiesigen Buchladen sind wahre Trö-
delbuden. Kein einziger davon steht mit Leip-
zig in Verbindung; was also in der allgemei-
nen deutschen Litteratur vorgeht, bleibt hier
unbekannt. Man behilft sich mit dem, was

in

Ich wollte die hieſige große Wollenwirkerey
ſehen, aber man machte mir Schwierigkeiten.
Ich hoffe zum geſunden Menſchenverſtande,
daß nur Eigenſinn oder Traͤgheit des Aufſe-
hers, oder irgend ein Mißverſtaͤndniß, die Ur-
ſach davon war: denn die Handgriffe der Wol-
lenarbeiter ſind, dem Himmel ſey Dank! nir-
gend ſolch ein Geheimniß mehr, daß man ſie
ſtehlen muͤßte, wie gewiſſe englaͤndiſche Kunſt-
werkzeuge.

Das hieſige Lyceum iſt weder ſtark beſucht,
noch hat es beruͤhmte Lehrer. Ich fand in ei-
nem paar Hoͤrſaͤlen noch eine alte und ſteife
Lehrart, welche die Gegenſtaͤnde ungefaͤhr noch
ſo weitlaͤuftig und elementariſch vortrug, wie
ſie auf den proteſtantiſchen Gymnaſien in der
dritten und vierten Klaſſe behandelt werden.

Die hieſigen Buchladen ſind wahre Troͤ-
delbuden. Kein einziger davon ſteht mit Leip-
zig in Verbindung; was alſo in der allgemei-
nen deutſchen Litteratur vorgeht, bleibt hier
unbekannt. Man behilft ſich mit dem, was

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[128/0400] Ich wollte die hieſige große Wollenwirkerey ſehen, aber man machte mir Schwierigkeiten. Ich hoffe zum geſunden Menſchenverſtande, daß nur Eigenſinn oder Traͤgheit des Aufſe- hers, oder irgend ein Mißverſtaͤndniß, die Ur- ſach davon war: denn die Handgriffe der Wol- lenarbeiter ſind, dem Himmel ſey Dank! nir- gend ſolch ein Geheimniß mehr, daß man ſie ſtehlen muͤßte, wie gewiſſe englaͤndiſche Kunſt- werkzeuge. Das hieſige Lyceum iſt weder ſtark beſucht, noch hat es beruͤhmte Lehrer. Ich fand in ei- nem paar Hoͤrſaͤlen noch eine alte und ſteife Lehrart, welche die Gegenſtaͤnde ungefaͤhr noch ſo weitlaͤuftig und elementariſch vortrug, wie ſie auf den proteſtantiſchen Gymnaſien in der dritten und vierten Klaſſe behandelt werden. Die hieſigen Buchladen ſind wahre Troͤ- delbuden. Kein einziger davon ſteht mit Leip- zig in Verbindung; was alſo in der allgemei- nen deutſchen Litteratur vorgeht, bleibt hier unbekannt. Man behilft ſich mit dem, was in

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/400>, abgerufen am 13.05.2024.