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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795.

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den blühenden Felder darin gestört wird. Zu
den angenehmsten Empfindungen gehören die
nicht, die dieser Weg den Reisenden erweckt,
obgleich man ihm den Charakter des Roman-
tischen nicht absprechen kann; aber man wird
bald darauf unübertreflich schadlos gehalten,
wenn man kurz vor Streitberg, ein un-
unendlich reitzendes Thal, gegen zwey bis drey
hundert Schuh unter seinen Füßen ausge-
breitet und nahe und fern mit lachenden Fel-
dern, Wiesen, Fluren und Gärten und Dör-
fern bedeckt, auf einmal überblickt, während
sich zur Linken eine alte ganz verfallene Burg,
und zur Rechten ein mehr erhaltenes Schloß
(Streitberg) erheben. Die Feder entfällt mir
und ich verzweifle, diese schöne Gegend, auch
nur ihrem Schattten nach, anschaulich schil-
dern zu können.

Die Trümmer des Schlosses Streitberg
liegen auf einem Kalkfelsen vom feinsten Korne.
Man steigt oberhalb dem Posthause, durch
dessen Hof, zu demselben hinauf. Der steile,

den bluͤhenden Felder darin geſtoͤrt wird. Zu
den angenehmſten Empfindungen gehoͤren die
nicht, die dieſer Weg den Reiſenden erweckt,
obgleich man ihm den Charakter des Roman-
tiſchen nicht abſprechen kann; aber man wird
bald darauf unuͤbertreflich ſchadlos gehalten,
wenn man kurz vor Streitberg, ein un-
unendlich reitzendes Thal, gegen zwey bis drey
hundert Schuh unter ſeinen Fuͤßen ausge-
breitet und nahe und fern mit lachenden Fel-
dern, Wieſen, Fluren und Gaͤrten und Doͤr-
fern bedeckt, auf einmal uͤberblickt, waͤhrend
ſich zur Linken eine alte ganz verfallene Burg,
und zur Rechten ein mehr erhaltenes Schloß
(Streitberg) erheben. Die Feder entfaͤllt mir
und ich verzweifle, dieſe ſchoͤne Gegend, auch
nur ihrem Schattten nach, anſchaulich ſchil-
dern zu koͤnnen.

Die Truͤmmer des Schloſſes Streitberg
liegen auf einem Kalkfelſen vom feinſten Korne.
Man ſteigt oberhalb dem Poſthauſe, durch
deſſen Hof, zu demſelben hinauf. Der ſteile,

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[114/0122] den bluͤhenden Felder darin geſtoͤrt wird. Zu den angenehmſten Empfindungen gehoͤren die nicht, die dieſer Weg den Reiſenden erweckt, obgleich man ihm den Charakter des Roman- tiſchen nicht abſprechen kann; aber man wird bald darauf unuͤbertreflich ſchadlos gehalten, wenn man kurz vor Streitberg, ein un- unendlich reitzendes Thal, gegen zwey bis drey hundert Schuh unter ſeinen Fuͤßen ausge- breitet und nahe und fern mit lachenden Fel- dern, Wieſen, Fluren und Gaͤrten und Doͤr- fern bedeckt, auf einmal uͤberblickt, waͤhrend ſich zur Linken eine alte ganz verfallene Burg, und zur Rechten ein mehr erhaltenes Schloß (Streitberg) erheben. Die Feder entfaͤllt mir und ich verzweifle, dieſe ſchoͤne Gegend, auch nur ihrem Schattten nach, anſchaulich ſchil- dern zu koͤnnen. Die Truͤmmer des Schloſſes Streitberg liegen auf einem Kalkfelſen vom feinſten Korne. Man ſteigt oberhalb dem Poſthauſe, durch deſſen Hof, zu demſelben hinauf. Der ſteile,

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 3, [H. 5 u. H. 6]. Berlin, 1795, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise03_1795/122>, abgerufen am 02.05.2024.