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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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samentiere; zu den andern gehören die gemei-
nen Sattler, Schmiedte, Radmacher und
dergl. Polnische Friseure, Goldarbeiter, Stik-
ker, Bäcker, Gürtler und andre Gewerbe die-
ser Art findet man nicht. Jn Absicht ihrer
Lebensart und Sitten gränzen sie unmittelbar
an den Pöbel. Der Trunk ist ihre Hauptbe-
lustigung.



Ein Gelehrtenstand, in der Art, wie
er sich in Deutschland befindet, ist in Polen
eigentlich nicht vorhanden. Die Geistlichkeit
gilt für den gelehrten Stand vom Hand-
werk, und alle übrige, die sich mit den Wis-
senschaften abgeben, werden nur für Liebhaber
gehalten. Der Bürgerstand, der in Deutsch-
land fast ausschließend die Wissenschaften an-
bauet, thut in Polen für dieselben nichts.
Bloß der Adel wetteifert darin mit der Geist-
lichkeit, und er hat von jeher merkwürdige
Namen in der polnischen Gelehrtengeschichte

ſamentiere; zu den andern gehoͤren die gemei-
nen Sattler, Schmiedte, Radmacher und
dergl. Polniſche Friſeure, Goldarbeiter, Stik-
ker, Baͤcker, Guͤrtler und andre Gewerbe die-
ſer Art findet man nicht. Jn Abſicht ihrer
Lebensart und Sitten graͤnzen ſie unmittelbar
an den Poͤbel. Der Trunk iſt ihre Hauptbe-
luſtigung.



Ein Gelehrtenſtand, in der Art, wie
er ſich in Deutſchland befindet, iſt in Polen
eigentlich nicht vorhanden. Die Geiſtlichkeit
gilt fuͤr den gelehrten Stand vom Hand-
werk, und alle uͤbrige, die ſich mit den Wiſ-
ſenſchaften abgeben, werden nur fuͤr Liebhaber
gehalten. Der Buͤrgerſtand, der in Deutſch-
land faſt ausſchließend die Wiſſenſchaften an-
bauet, thut in Polen fuͤr dieſelben nichts.
Bloß der Adel wetteifert darin mit der Geiſt-
lichkeit, und er hat von jeher merkwuͤrdige
Namen in der polniſchen Gelehrtengeſchichte

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[18/0028] ſamentiere; zu den andern gehoͤren die gemei- nen Sattler, Schmiedte, Radmacher und dergl. Polniſche Friſeure, Goldarbeiter, Stik- ker, Baͤcker, Guͤrtler und andre Gewerbe die- ſer Art findet man nicht. Jn Abſicht ihrer Lebensart und Sitten graͤnzen ſie unmittelbar an den Poͤbel. Der Trunk iſt ihre Hauptbe- luſtigung. Ein Gelehrtenſtand, in der Art, wie er ſich in Deutſchland befindet, iſt in Polen eigentlich nicht vorhanden. Die Geiſtlichkeit gilt fuͤr den gelehrten Stand vom Hand- werk, und alle uͤbrige, die ſich mit den Wiſ- ſenſchaften abgeben, werden nur fuͤr Liebhaber gehalten. Der Buͤrgerſtand, der in Deutſch- land faſt ausſchließend die Wiſſenſchaften an- bauet, thut in Polen fuͤr dieſelben nichts. Bloß der Adel wetteifert darin mit der Geiſt- lichkeit, und er hat von jeher merkwuͤrdige Namen in der polniſchen Gelehrtengeſchichte

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/28>, abgerufen am 25.04.2024.