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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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aufgestellt. Auf der andern Seite sind es fast
immer nur Mitglieder der höhern Geistlich-
keit gewesen, die sich in den Wissenschaften
ausgezeichnet haben. Es ist kein Zweifel, daß
die politische Lage dieser beyden Klassen diese
Eigenheit bewirkt; man sieht dieß schon dar-
aus, daß Geschichte, Staatsrecht, Gesetzge-
bung, Beredsamkeit und Dichtkunst die Fä-
cher sind, die sie am häufigsten bearbeitet ha-
ben. Der Umstand, daß die gesammte Re-
gierung und Verwaltung des Staats in ihren
Händen ist, leitet sie besonders auf jene ersten
Fächer, deren Anbau ihnen unentbehrlich ist;
und auf das letztere führt sie ein lebhafter
Geist, Lektüre, geselliges Leben und der Reitz
der Dichtkunst selbst.

Die niedere Geistlichkeit, die gar keinen
Antheil an den Staatsgeschäften hat, beschränkt
sich bey ihren Studien, wenn sie noch studiert,
auf alte Sprachen; auf Gottesgelehrtheit, und
zwar, der Natur ihres Bekenntnisses gemäß,
nur auf predigende und streitende Schultheo-

B 2

aufgeſtellt. Auf der andern Seite ſind es faſt
immer nur Mitglieder der hoͤhern Geiſtlich-
keit geweſen, die ſich in den Wiſſenſchaften
ausgezeichnet haben. Es iſt kein Zweifel, daß
die politiſche Lage dieſer beyden Klaſſen dieſe
Eigenheit bewirkt; man ſieht dieß ſchon dar-
aus, daß Geſchichte, Staatsrecht, Geſetzge-
bung, Beredſamkeit und Dichtkunſt die Faͤ-
cher ſind, die ſie am haͤufigſten bearbeitet ha-
ben. Der Umſtand, daß die geſammte Re-
gierung und Verwaltung des Staats in ihren
Haͤnden iſt, leitet ſie beſonders auf jene erſten
Faͤcher, deren Anbau ihnen unentbehrlich iſt;
und auf das letztere fuͤhrt ſie ein lebhafter
Geiſt, Lektuͤre, geſelliges Leben und der Reitz
der Dichtkunſt ſelbſt.

Die niedere Geiſtlichkeit, die gar keinen
Antheil an den Staatsgeſchaͤften hat, beſchraͤnkt
ſich bey ihren Studien, wenn ſie noch ſtudiert,
auf alte Sprachen; auf Gottesgelehrtheit, und
zwar, der Natur ihres Bekenntniſſes gemaͤß,
nur auf predigende und ſtreitende Schultheo-

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[19/0029] aufgeſtellt. Auf der andern Seite ſind es faſt immer nur Mitglieder der hoͤhern Geiſtlich- keit geweſen, die ſich in den Wiſſenſchaften ausgezeichnet haben. Es iſt kein Zweifel, daß die politiſche Lage dieſer beyden Klaſſen dieſe Eigenheit bewirkt; man ſieht dieß ſchon dar- aus, daß Geſchichte, Staatsrecht, Geſetzge- bung, Beredſamkeit und Dichtkunſt die Faͤ- cher ſind, die ſie am haͤufigſten bearbeitet ha- ben. Der Umſtand, daß die geſammte Re- gierung und Verwaltung des Staats in ihren Haͤnden iſt, leitet ſie beſonders auf jene erſten Faͤcher, deren Anbau ihnen unentbehrlich iſt; und auf das letztere fuͤhrt ſie ein lebhafter Geiſt, Lektuͤre, geſelliges Leben und der Reitz der Dichtkunſt ſelbſt. Die niedere Geiſtlichkeit, die gar keinen Antheil an den Staatsgeſchaͤften hat, beſchraͤnkt ſich bey ihren Studien, wenn ſie noch ſtudiert, auf alte Sprachen; auf Gottesgelehrtheit, und zwar, der Natur ihres Bekenntniſſes gemaͤß, nur auf predigende und ſtreitende Schultheo- B 2

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/29>, abgerufen am 23.04.2024.