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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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haltene Allee führt. Es ist in einem guten,
einfachen Geschmack erbauet, hat drey Haupt-
und mehrere Wirthsschaftsgebäude, die inner-
halb einen geräumigen, mit Rasenstücken ver-
zierten Hof bilden. Jn einem Medaillon über
der Thür des Hauptgebäudes steht: Amicis
et Genio
; und der Besitzer kann, wenn man
bloß diese Jnschrift erwägt, unmöglich ein ge-
wöhnlicher Bischof scheinen. Er ist es auch in
der That nicht, sondern einer der geistreichsten
und witzigsten Männer, der viel angenehme
Kenntnisse besitzt und ein guter Dichter ist.
Sein Familienname ist Krasinski. Der an
das Lustschloß stoßende, ansehnliche Garten, ist
im französischen Geschmack angelegt und auf
beyden Seiten, der Länge nach, mit den schön-
sten Lindenalleen, Heckenstücken und Lauben
verziert. Jm Hintergrunde hat er einen läng-
lichten, klaren Teich, an welchen ein ansehn-
licher Park stößt. Der Bischof befand sich nicht
dort, und das Ganze gab einen gewissen, ver-
lassenen, obgleich man nicht sagen kann, ver-

haltene Allee fuͤhrt. Es iſt in einem guten,
einfachen Geſchmack erbauet, hat drey Haupt-
und mehrere Wirthsſchaftsgebaͤude, die inner-
halb einen geraͤumigen, mit Raſenſtuͤcken ver-
zierten Hof bilden. Jn einem Medaillon uͤber
der Thuͤr des Hauptgebaͤudes ſteht: Amiciſ
et Genio
; und der Beſitzer kann, wenn man
bloß dieſe Jnſchrift erwaͤgt, unmoͤglich ein ge-
woͤhnlicher Biſchof ſcheinen. Er iſt es auch in
der That nicht, ſondern einer der geiſtreichſten
und witzigſten Maͤnner, der viel angenehme
Kenntniſſe beſitzt und ein guter Dichter iſt.
Sein Familienname iſt Kraſinski. Der an
das Luſtſchloß ſtoßende, anſehnliche Garten, iſt
im franzoͤſiſchen Geſchmack angelegt und auf
beyden Seiten, der Laͤnge nach, mit den ſchoͤn-
ſten Lindenalleen, Heckenſtuͤcken und Lauben
verziert. Jm Hintergrunde hat er einen laͤng-
lichten, klaren Teich, an welchen ein anſehn-
licher Park ſtoͤßt. Der Biſchof befand ſich nicht
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[201/0211] haltene Allee fuͤhrt. Es iſt in einem guten, einfachen Geſchmack erbauet, hat drey Haupt- und mehrere Wirthsſchaftsgebaͤude, die inner- halb einen geraͤumigen, mit Raſenſtuͤcken ver- zierten Hof bilden. Jn einem Medaillon uͤber der Thuͤr des Hauptgebaͤudes ſteht: Amiciſ et Genio; und der Beſitzer kann, wenn man bloß dieſe Jnſchrift erwaͤgt, unmoͤglich ein ge- woͤhnlicher Biſchof ſcheinen. Er iſt es auch in der That nicht, ſondern einer der geiſtreichſten und witzigſten Maͤnner, der viel angenehme Kenntniſſe beſitzt und ein guter Dichter iſt. Sein Familienname iſt Kraſinski. Der an das Luſtſchloß ſtoßende, anſehnliche Garten, iſt im franzoͤſiſchen Geſchmack angelegt und auf beyden Seiten, der Laͤnge nach, mit den ſchoͤn- ſten Lindenalleen, Heckenſtuͤcken und Lauben verziert. Jm Hintergrunde hat er einen laͤng- lichten, klaren Teich, an welchen ein anſehn- licher Park ſtoͤßt. Der Biſchof befand ſich nicht dort, und das Ganze gab einen gewiſſen, ver- laſſenen, obgleich man nicht ſagen kann, ver-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/211>, abgerufen am 02.05.2024.