hends waldigt und zeigt keine andere Abwechs- lung, als jene Thäler, worin man jedesmal, der Länge nach, ein mehr oder weniger be- trächtliches Dorf antrifft. Rawa selbst, wo die nächste Post ist, (21/2 M.) findet man in solch einem Thale gelagert. Diese Stadt zeigt sich aus der Ferne alt und räuchrig, und wenn man hineinkömmt, ist sie es auch in der That. Kurz vor derselben geht die Gränze von Süd- preußen an, und in dem Thore daselbst stan- den schon preußische Soldaten. Am Wacht- hause wurde ich schon eben so umständlich und regelmäßig, nach Stand, Charakter, (wie man es nennt) und Ort, woher und wohin, befragt, wie in den altbrandenburgischen Städ- ten. Ein sonderbares Gefühl von wiederer- langter Sicherheit und Ordnung lebte in mir auf und möchte wohl in einem ähnlichen Falle Jedem natürlich seyn, der Polen und seine chaotische Verfassung kennt. Auch eine preu- ßische Post fand ich schon hier niedergesetzt, die aber vor der Hand nur noch die Briefe
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hends waldigt und zeigt keine andere Abwechs- lung, als jene Thaͤler, worin man jedesmal, der Laͤnge nach, ein mehr oder weniger be- traͤchtliches Dorf antrifft. Rawa ſelbſt, wo die naͤchſte Poſt iſt, (2½ M.) findet man in ſolch einem Thale gelagert. Dieſe Stadt zeigt ſich aus der Ferne alt und raͤuchrig, und wenn man hineinkoͤmmt, iſt ſie es auch in der That. Kurz vor derſelben geht die Graͤnze von Suͤd- preußen an, und in dem Thore daſelbſt ſtan- den ſchon preußiſche Soldaten. Am Wacht- hauſe wurde ich ſchon eben ſo umſtaͤndlich und regelmaͤßig, nach Stand, Charakter, (wie man es nennt) und Ort, woher und wohin, befragt, wie in den altbrandenburgiſchen Staͤd- ten. Ein ſonderbares Gefuͤhl von wiederer- langter Sicherheit und Ordnung lebte in mir auf und moͤchte wohl in einem aͤhnlichen Falle Jedem natuͤrlich ſeyn, der Polen und ſeine chaotiſche Verfaſſung kennt. Auch eine preu- ßiſche Poſt fand ich ſchon hier niedergeſetzt, die aber vor der Hand nur noch die Briefe
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[195/0205]
hends waldigt und zeigt keine andere Abwechs-
lung, als jene Thaͤler, worin man jedesmal,
der Laͤnge nach, ein mehr oder weniger be-
traͤchtliches Dorf antrifft. Rawa ſelbſt, wo
die naͤchſte Poſt iſt, (2½ M.) findet man in
ſolch einem Thale gelagert. Dieſe Stadt zeigt
ſich aus der Ferne alt und raͤuchrig, und wenn
man hineinkoͤmmt, iſt ſie es auch in der That.
Kurz vor derſelben geht die Graͤnze von Suͤd-
preußen an, und in dem Thore daſelbſt ſtan-
den ſchon preußiſche Soldaten. Am Wacht-
hauſe wurde ich ſchon eben ſo umſtaͤndlich und
regelmaͤßig, nach Stand, Charakter, (wie
man es nennt) und Ort, woher und wohin,
befragt, wie in den altbrandenburgiſchen Staͤd-
ten. Ein ſonderbares Gefuͤhl von wiederer-
langter Sicherheit und Ordnung lebte in mir
auf und moͤchte wohl in einem aͤhnlichen Falle
Jedem natuͤrlich ſeyn, der Polen und ſeine
chaotiſche Verfaſſung kennt. Auch eine preu-
ßiſche Poſt fand ich ſchon hier niedergeſetzt,
die aber vor der Hand nur noch die Briefe
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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/205>, abgerufen am 16.02.2025.
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