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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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einwaden mußte, erschien hier mit Letten stark
vermengt und deshalb zu einem gewissen Gra-
de von Festigkeit gebracht, die der Regen ver-
mehrte. Der Weg ward dadurch um so besser
und das Fortkommen desto schneller, obgleich
nicht so schnell, wie es, unter diesen Umstän-
den, in Lithauen gewesen seyn würde. Die
Postpferde sind hier besser, man schont sie al-
so mehr; die Postknechte sind minder arm,
mithin buhlen sie nicht durch übertriebenes Ja-
gen nach einem paar Groschen.

Raszyn, den ersten Postwechsel, (2 M.)
hatte ich dennoch in zwey Stunden erreicht.
Es ist eine kleine Stadt, mit einer sorgfältig
unterhaltenen Mauer umfaßt, mit einer neuen
artigen Kirche und mehreren anständigen Pri-
vathäusern verziert. Dadurch bekömmt sie ei-
nen Anblick von Reinlichkeit, der einem wohl
thut, wenn man sich der lithauischen Städte
erinnert. Doch dieß hatte sie mit jenen ge-
mein, daß ihr kleiner aber sauberer Markt
mit jüdischen Buden besetzt war, so daß auch

einwaden mußte, erſchien hier mit Letten ſtark
vermengt und deshalb zu einem gewiſſen Gra-
de von Feſtigkeit gebracht, die der Regen ver-
mehrte. Der Weg ward dadurch um ſo beſſer
und das Fortkommen deſto ſchneller, obgleich
nicht ſo ſchnell, wie es, unter dieſen Umſtaͤn-
den, in Lithauen geweſen ſeyn wuͤrde. Die
Poſtpferde ſind hier beſſer, man ſchont ſie al-
ſo mehr; die Poſtknechte ſind minder arm,
mithin buhlen ſie nicht durch uͤbertriebenes Ja-
gen nach einem paar Groſchen.

Raszyn, den erſten Poſtwechſel, (2 M.)
hatte ich dennoch in zwey Stunden erreicht.
Es iſt eine kleine Stadt, mit einer ſorgfaͤltig
unterhaltenen Mauer umfaßt, mit einer neuen
artigen Kirche und mehreren anſtaͤndigen Pri-
vathaͤuſern verziert. Dadurch bekoͤmmt ſie ei-
nen Anblick von Reinlichkeit, der einem wohl
thut, wenn man ſich der lithauiſchen Staͤdte
erinnert. Doch dieß hatte ſie mit jenen ge-
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[191/0201] einwaden mußte, erſchien hier mit Letten ſtark vermengt und deshalb zu einem gewiſſen Gra- de von Feſtigkeit gebracht, die der Regen ver- mehrte. Der Weg ward dadurch um ſo beſſer und das Fortkommen deſto ſchneller, obgleich nicht ſo ſchnell, wie es, unter dieſen Umſtaͤn- den, in Lithauen geweſen ſeyn wuͤrde. Die Poſtpferde ſind hier beſſer, man ſchont ſie al- ſo mehr; die Poſtknechte ſind minder arm, mithin buhlen ſie nicht durch uͤbertriebenes Ja- gen nach einem paar Groſchen. Raszyn, den erſten Poſtwechſel, (2 M.) hatte ich dennoch in zwey Stunden erreicht. Es iſt eine kleine Stadt, mit einer ſorgfaͤltig unterhaltenen Mauer umfaßt, mit einer neuen artigen Kirche und mehreren anſtaͤndigen Pri- vathaͤuſern verziert. Dadurch bekoͤmmt ſie ei- nen Anblick von Reinlichkeit, der einem wohl thut, wenn man ſich der lithauiſchen Staͤdte erinnert. Doch dieß hatte ſie mit jenen ge- mein, daß ihr kleiner aber ſauberer Markt mit juͤdiſchen Buden beſetzt war, ſo daß auch

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/201>, abgerufen am 03.05.2024.