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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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Fürst Kasimir Sapieha, Konfödera-
tions- Reichstags-Marschall von Seiten Li-
thauens, ein junger Mann von vorzüglichen
natürlichen Anlagen, aber von großer Sinn-
lichkeit, deren Lockungen er sich an der Tafel,
beym Glase, in der Galanterie und hinter den
Vorhängen, mit Unmäßigkeit überließ. Er
hatte alle Fehler und Vorzüge brennender Ge-
müther; Leichtsinn und Begeisterung, Stär-
ke und Abspannung der Seele, Gutmüthigkeit
und wilde Anwandlungen von Haß, übereilte
Thätigkeit und Trägheit, wechselten bey ihm
mit großer Schnelligkeit ab. Seine Talente
wandte er nicht nach Grundsätzen, sondern
nach den Stößen an, die er abwechselnd von
seiner Eigenliebe, Einbildungskraft, und Leb-
haftigkeit, oder von den Vorstellungen, Bit-
ten und Rathschlägen Anderer, die er schätzte,
erhielt. Es war ihm ganz gewöhnlich, eine
Nacht zu durchschwärmen und den andern Mor-
gen eine Rede von großer Wirkung am Reichs-
tage zu halten. Er bedurfte dazu nur eines

Fuͤrſt Kaſimir Sapieha, Konfoͤdera-
tions- Reichstags-Marſchall von Seiten Li-
thauens, ein junger Mann von vorzuͤglichen
natuͤrlichen Anlagen, aber von großer Sinn-
lichkeit, deren Lockungen er ſich an der Tafel,
beym Glaſe, in der Galanterie und hinter den
Vorhaͤngen, mit Unmaͤßigkeit uͤberließ. Er
hatte alle Fehler und Vorzuͤge brennender Ge-
muͤther; Leichtſinn und Begeiſterung, Staͤr-
ke und Abſpannung der Seele, Gutmuͤthigkeit
und wilde Anwandlungen von Haß, uͤbereilte
Thaͤtigkeit und Traͤgheit, wechſelten bey ihm
mit großer Schnelligkeit ab. Seine Talente
wandte er nicht nach Grundſaͤtzen, ſondern
nach den Stoͤßen an, die er abwechſelnd von
ſeiner Eigenliebe, Einbildungskraft, und Leb-
haftigkeit, oder von den Vorſtellungen, Bit-
ten und Rathſchlaͤgen Anderer, die er ſchaͤtzte,
erhielt. Es war ihm ganz gewoͤhnlich, eine
Nacht zu durchſchwaͤrmen und den andern Mor-
gen eine Rede von großer Wirkung am Reichs-
tage zu halten. Er bedurfte dazu nur eines

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[182/0192] Fuͤrſt Kaſimir Sapieha, Konfoͤdera- tions- Reichstags-Marſchall von Seiten Li- thauens, ein junger Mann von vorzuͤglichen natuͤrlichen Anlagen, aber von großer Sinn- lichkeit, deren Lockungen er ſich an der Tafel, beym Glaſe, in der Galanterie und hinter den Vorhaͤngen, mit Unmaͤßigkeit uͤberließ. Er hatte alle Fehler und Vorzuͤge brennender Ge- muͤther; Leichtſinn und Begeiſterung, Staͤr- ke und Abſpannung der Seele, Gutmuͤthigkeit und wilde Anwandlungen von Haß, uͤbereilte Thaͤtigkeit und Traͤgheit, wechſelten bey ihm mit großer Schnelligkeit ab. Seine Talente wandte er nicht nach Grundſaͤtzen, ſondern nach den Stoͤßen an, die er abwechſelnd von ſeiner Eigenliebe, Einbildungskraft, und Leb- haftigkeit, oder von den Vorſtellungen, Bit- ten und Rathſchlaͤgen Anderer, die er ſchaͤtzte, erhielt. Es war ihm ganz gewoͤhnlich, eine Nacht zu durchſchwaͤrmen und den andern Mor- gen eine Rede von großer Wirkung am Reichs- tage zu halten. Er bedurfte dazu nur eines

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/192>, abgerufen am 21.11.2024.