warten konnte. Das Siegesgeschrey jener und ihre mehr glänzenden als gründlichen Unter- nehmungen, hatten besonders den jüngern Theil der Nation in Feuer gesetzt, und fingen jetzt an, auch den König zu blenden. Hauptsäch- lich wirkte das Bündniß mit Preußen auf ihn. Auch er glaubte endlich, daß diese Macht, die damals die bedeutendsten europäischen Höfe auf ihrer Seite hatte, sich für das umschaffen- de Polen ernstlich verwenden wollte; auch er sah in ihr eine Stütze für sich und seine Na- tion, und auch er schloß für einen erfahrnen Staatskundigen, in diesem Punkt, zu vorei- lig und zu jugendlich. Sobald er sich aber in diesem Jrrthume befestigt hatte, legte er seine bisherigen Grundsätze in Absicht seines Be- nehmens gegen Rußland desto schneller ab. Seine alte Hofnung, Land und Nation zu verbessern, erwachte wieder sehr lebhaft; der Ruhm, der ihm als Staatsweisen, als Ge- setzgeber daraus erwachsen würde, glänzte ihm aus der Ferne, und er war nie gleichgültig
warten konnte. Das Siegesgeſchrey jener und ihre mehr glaͤnzenden als gruͤndlichen Unter- nehmungen, hatten beſonders den juͤngern Theil der Nation in Feuer geſetzt, und fingen jetzt an, auch den Koͤnig zu blenden. Hauptſaͤch- lich wirkte das Buͤndniß mit Preußen auf ihn. Auch er glaubte endlich, daß dieſe Macht, die damals die bedeutendſten europaͤiſchen Hoͤfe auf ihrer Seite hatte, ſich fuͤr das umſchaffen- de Polen ernſtlich verwenden wollte; auch er ſah in ihr eine Stuͤtze fuͤr ſich und ſeine Na- tion, und auch er ſchloß fuͤr einen erfahrnen Staatskundigen, in dieſem Punkt, zu vorei- lig und zu jugendlich. Sobald er ſich aber in dieſem Jrrthume befeſtigt hatte, legte er ſeine bisherigen Grundſaͤtze in Abſicht ſeines Be- nehmens gegen Rußland deſto ſchneller ab. Seine alte Hofnung, Land und Nation zu verbeſſern, erwachte wieder ſehr lebhaft; der Ruhm, der ihm als Staatsweiſen, als Ge- ſetzgeber daraus erwachſen wuͤrde, glaͤnzte ihm aus der Ferne, und er war nie gleichguͤltig
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0172"n="162"/>
warten konnte. Das Siegesgeſchrey jener und<lb/>
ihre mehr glaͤnzenden als gruͤndlichen Unter-<lb/>
nehmungen, hatten beſonders den juͤngern Theil<lb/>
der Nation in Feuer geſetzt, und fingen jetzt<lb/>
an, auch den Koͤnig zu blenden. Hauptſaͤch-<lb/>
lich wirkte das Buͤndniß mit Preußen auf ihn.<lb/>
Auch er glaubte endlich, daß dieſe Macht, die<lb/>
damals die bedeutendſten europaͤiſchen Hoͤfe<lb/>
auf ihrer Seite hatte, ſich fuͤr das umſchaffen-<lb/>
de Polen ernſtlich verwenden wollte; auch er<lb/>ſah in ihr eine Stuͤtze fuͤr ſich und ſeine Na-<lb/>
tion, und auch er ſchloß fuͤr einen erfahrnen<lb/>
Staatskundigen, in dieſem Punkt, zu vorei-<lb/>
lig und zu jugendlich. Sobald er ſich aber in<lb/>
dieſem Jrrthume befeſtigt hatte, legte er ſeine<lb/>
bisherigen Grundſaͤtze in Abſicht ſeines Be-<lb/>
nehmens gegen Rußland deſto ſchneller ab.<lb/>
Seine alte Hofnung, Land und Nation zu<lb/>
verbeſſern, erwachte wieder ſehr lebhaft; der<lb/>
Ruhm, der ihm als Staatsweiſen, als Ge-<lb/>ſetzgeber daraus erwachſen wuͤrde, glaͤnzte ihm<lb/>
aus der Ferne, und er war nie gleichguͤltig<lb/></p></div></body></text></TEI>
[162/0172]
warten konnte. Das Siegesgeſchrey jener und
ihre mehr glaͤnzenden als gruͤndlichen Unter-
nehmungen, hatten beſonders den juͤngern Theil
der Nation in Feuer geſetzt, und fingen jetzt
an, auch den Koͤnig zu blenden. Hauptſaͤch-
lich wirkte das Buͤndniß mit Preußen auf ihn.
Auch er glaubte endlich, daß dieſe Macht, die
damals die bedeutendſten europaͤiſchen Hoͤfe
auf ihrer Seite hatte, ſich fuͤr das umſchaffen-
de Polen ernſtlich verwenden wollte; auch er
ſah in ihr eine Stuͤtze fuͤr ſich und ſeine Na-
tion, und auch er ſchloß fuͤr einen erfahrnen
Staatskundigen, in dieſem Punkt, zu vorei-
lig und zu jugendlich. Sobald er ſich aber in
dieſem Jrrthume befeſtigt hatte, legte er ſeine
bisherigen Grundſaͤtze in Abſicht ſeines Be-
nehmens gegen Rußland deſto ſchneller ab.
Seine alte Hofnung, Land und Nation zu
verbeſſern, erwachte wieder ſehr lebhaft; der
Ruhm, der ihm als Staatsweiſen, als Ge-
ſetzgeber daraus erwachſen wuͤrde, glaͤnzte ihm
aus der Ferne, und er war nie gleichguͤltig
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/172>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.