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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

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Vertrauen auf ihn gesetzt, die Erfüllung ihrer
angelegensten Wünsche von ihm erwartet. Er
schien ihr der einzige, der Polen wieder zur
Blüthe erheben könnte, und er war auch der
einzige, der es gekonnt hätte, wenn es über-
haupt noch politisch möglich gewesen wäre.
Einige Winke über seine damalige Lage wer-
den dieß anschaulich machen und zugleich be-
weisen, daß vielleicht Vorzüge und Kräfte über-
menschlicher Art hier gescheitert seyn würden.

Er war vorzüglich durch die Unterstützung
Rußlands und durch die Mitwirkung Preußens
auf den Thron gehoben worden. Wer darf
nach den Grundsätzen der Politik erwarten und
verlangen, daß diese Unterstützung und Mit-
wirkung ohne Plan und Zweck gewesen seyn
sollte. Seine Person entsprach den politischen
Berechnungen dieser beyden Mächte am mei-
sten, mithin ward er allen übrigen Suchenden
vorgezogen. Beyde, äußerlich verbunden, in
nerlich eifersüchtig auf einander, verlangten sei
nen Dank, das heißt, nicht nur Billigung ih

J 2

Vertrauen auf ihn geſetzt, die Erfuͤllung ihrer
angelegenſten Wuͤnſche von ihm erwartet. Er
ſchien ihr der einzige, der Polen wieder zur
Bluͤthe erheben koͤnnte, und er war auch der
einzige, der es gekonnt haͤtte, wenn es uͤber-
haupt noch politiſch moͤglich geweſen waͤre.
Einige Winke uͤber ſeine damalige Lage wer-
den dieß anſchaulich machen und zugleich be-
weiſen, daß vielleicht Vorzuͤge und Kraͤfte uͤber-
menſchlicher Art hier geſcheitert ſeyn wuͤrden.

Er war vorzuͤglich durch die Unterſtuͤtzung
Rußlands und durch die Mitwirkung Preußens
auf den Thron gehoben worden. Wer darf
nach den Grundſaͤtzen der Politik erwarten und
verlangen, daß dieſe Unterſtuͤtzung und Mit-
wirkung ohne Plan und Zweck geweſen ſeyn
ſollte. Seine Perſon entſprach den politiſchen
Berechnungen dieſer beyden Maͤchte am mei-
ſten, mithin ward er allen uͤbrigen Suchenden
vorgezogen. Beyde, aͤußerlich verbunden, in
nerlich eiferſuͤchtig auf einander, verlangten ſei
nen Dank, das heißt, nicht nur Billigung ih

J 2
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[131/0141] Vertrauen auf ihn geſetzt, die Erfuͤllung ihrer angelegenſten Wuͤnſche von ihm erwartet. Er ſchien ihr der einzige, der Polen wieder zur Bluͤthe erheben koͤnnte, und er war auch der einzige, der es gekonnt haͤtte, wenn es uͤber- haupt noch politiſch moͤglich geweſen waͤre. Einige Winke uͤber ſeine damalige Lage wer- den dieß anſchaulich machen und zugleich be- weiſen, daß vielleicht Vorzuͤge und Kraͤfte uͤber- menſchlicher Art hier geſcheitert ſeyn wuͤrden. Er war vorzuͤglich durch die Unterſtuͤtzung Rußlands und durch die Mitwirkung Preußens auf den Thron gehoben worden. Wer darf nach den Grundſaͤtzen der Politik erwarten und verlangen, daß dieſe Unterſtuͤtzung und Mit- wirkung ohne Plan und Zweck geweſen ſeyn ſollte. Seine Perſon entſprach den politiſchen Berechnungen dieſer beyden Maͤchte am mei- ſten, mithin ward er allen uͤbrigen Suchenden vorgezogen. Beyde, aͤußerlich verbunden, in nerlich eiferſuͤchtig auf einander, verlangten ſei nen Dank, das heißt, nicht nur Billigung ih J 2

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/141>, abgerufen am 24.11.2024.