Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

nen; im Jahr 1658 wollte der König einen
arianischen Landboten nicht zum Handkusse zu-
lassen, und die Landbotenstube beschloß, keinen
Arianer in ihrer Mitte zu dulden. Darauf
erfolgte das Gesetz, welches die Arianer einer
Verordnung des Königs Wladislaus Jagello
unterwarf, vermöge deren sie und ihre Begün-
stiger den Kopf verlieren sollten; doch wurde
die Vollstreckung derselben noch auf drey Jah-
re hinausgesetzt, während welcher sie sich be-
kehren, oder ihre Geschäfte in Ordnung brin-
gen und auswandern könnten. Zugleich wur-
de ihnen, bey Verlust ihres Kopfes, verboten,
nach ihrer Weise Gottesdienst zu halten und
an öffentlichen Geschäften Theil zu nehmen.
Diese dreyjährige Frist ward bald nachher in
eine zweyjährige verwandelt, und nun verlie-
ßen die Arianer, als Verbannte, ihr Vater-
land und begaben sich in andre Länder. Die
Gerichtshöfe hatten Befehl, die Zögernden auf-
zuheben und nach den Gesetzen zu bestra-
fen; und dieser Befehl wurde ein Jahr
nachher (1662) dahin verschärft, daß selbst die-

nen; im Jahr 1658 wollte der Koͤnig einen
arianiſchen Landboten nicht zum Handkuſſe zu-
laſſen, und die Landbotenſtube beſchloß, keinen
Arianer in ihrer Mitte zu dulden. Darauf
erfolgte das Geſetz, welches die Arianer einer
Verordnung des Koͤnigs Wladislaus Jagello
unterwarf, vermoͤge deren ſie und ihre Beguͤn-
ſtiger den Kopf verlieren ſollten; doch wurde
die Vollſtreckung derſelben noch auf drey Jah-
re hinausgeſetzt, waͤhrend welcher ſie ſich be-
kehren, oder ihre Geſchaͤfte in Ordnung brin-
gen und auswandern koͤnnten. Zugleich wur-
de ihnen, bey Verluſt ihres Kopfes, verboten,
nach ihrer Weiſe Gottesdienſt zu halten und
an oͤffentlichen Geſchaͤften Theil zu nehmen.
Dieſe dreyjaͤhrige Friſt ward bald nachher in
eine zweyjaͤhrige verwandelt, und nun verlie-
ßen die Arianer, als Verbannte, ihr Vater-
land und begaben ſich in andre Laͤnder. Die
Gerichtshoͤfe hatten Befehl, die Zoͤgernden auf-
zuheben und nach den Geſetzen zu beſtra-
fen; und dieſer Befehl wurde ein Jahr
nachher (1662) dahin verſchaͤrft, daß ſelbſt die-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0111" n="101"/>
nen; im Jahr 1658 wollte der Ko&#x0364;nig einen<lb/>
ariani&#x017F;chen Landboten nicht zum Handku&#x017F;&#x017F;e zu-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, und die Landboten&#x017F;tube be&#x017F;chloß, keinen<lb/>
Arianer in ihrer Mitte zu dulden. Darauf<lb/>
erfolgte das Ge&#x017F;etz, welches die Arianer einer<lb/>
Verordnung des Ko&#x0364;nigs Wladislaus Jagello<lb/>
unterwarf, vermo&#x0364;ge deren &#x017F;ie und ihre Begu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;tiger den Kopf verlieren &#x017F;ollten; doch wurde<lb/>
die Voll&#x017F;treckung der&#x017F;elben noch auf drey Jah-<lb/>
re hinausge&#x017F;etzt, wa&#x0364;hrend welcher &#x017F;ie &#x017F;ich be-<lb/>
kehren, oder ihre Ge&#x017F;cha&#x0364;fte in Ordnung brin-<lb/>
gen und auswandern ko&#x0364;nnten. Zugleich wur-<lb/>
de ihnen, bey Verlu&#x017F;t ihres Kopfes, verboten,<lb/>
nach ihrer Wei&#x017F;e Gottesdien&#x017F;t zu halten und<lb/>
an o&#x0364;ffentlichen Ge&#x017F;cha&#x0364;ften Theil zu nehmen.<lb/>
Die&#x017F;e dreyja&#x0364;hrige Fri&#x017F;t ward bald nachher in<lb/>
eine zweyja&#x0364;hrige verwandelt, und nun verlie-<lb/>
ßen die Arianer, als Verbannte, ihr Vater-<lb/>
land und begaben &#x017F;ich in andre La&#x0364;nder. Die<lb/>
Gerichtsho&#x0364;fe hatten Befehl, die Zo&#x0364;gernden auf-<lb/>
zuheben und nach den Ge&#x017F;etzen zu be&#x017F;tra-<lb/>
fen; und die&#x017F;er Befehl wurde ein Jahr<lb/>
nachher (1662) dahin ver&#x017F;cha&#x0364;rft, daß &#x017F;elb&#x017F;t die-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0111] nen; im Jahr 1658 wollte der Koͤnig einen arianiſchen Landboten nicht zum Handkuſſe zu- laſſen, und die Landbotenſtube beſchloß, keinen Arianer in ihrer Mitte zu dulden. Darauf erfolgte das Geſetz, welches die Arianer einer Verordnung des Koͤnigs Wladislaus Jagello unterwarf, vermoͤge deren ſie und ihre Beguͤn- ſtiger den Kopf verlieren ſollten; doch wurde die Vollſtreckung derſelben noch auf drey Jah- re hinausgeſetzt, waͤhrend welcher ſie ſich be- kehren, oder ihre Geſchaͤfte in Ordnung brin- gen und auswandern koͤnnten. Zugleich wur- de ihnen, bey Verluſt ihres Kopfes, verboten, nach ihrer Weiſe Gottesdienſt zu halten und an oͤffentlichen Geſchaͤften Theil zu nehmen. Dieſe dreyjaͤhrige Friſt ward bald nachher in eine zweyjaͤhrige verwandelt, und nun verlie- ßen die Arianer, als Verbannte, ihr Vater- land und begaben ſich in andre Laͤnder. Die Gerichtshoͤfe hatten Befehl, die Zoͤgernden auf- zuheben und nach den Geſetzen zu beſtra- fen; und dieſer Befehl wurde ein Jahr nachher (1662) dahin verſchaͤrft, daß ſelbſt die-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/111
Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, H. 4. Berlin, 1795, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0202_1795/111>, abgerufen am 21.11.2024.