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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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Seitengebäude des Pallastes, wo sich ein
Schweitzerbäcker niedergelassen hat.

Dieser Garten war, während des Revolu-
tionsreichstages, bey schönem Wetter, vorzüg-
lich glänzend, und man fand dort zu gewissen
Stunden Alles beysammen, was damals Ho-
hes, Reiches, Schönes und Politisch-bedeu-
tendes in den Mauern von Warschau sich be-
fand. Jch erinnere mich keines Punktes in
irgend einer andern großen Stadt, die ich ge-
sehen habe, der solche zahlreiche Gruppen von
Menschen beyderley Geschlechts, die sich durch
irgend etwas auszeichneten, umfaßt hätte.
Dazu war alles gewöhnlich in einer rauschen-
den Bewegung. Vaterlandsliebe und Egois-
mus waren damals hier in gleich-starker Thä-
tigkeit, Liebe und Galanterie, Zufriedenheit
und Mißvergnügen äußerten sich unverholen
und, bey dem lebhaften Wesen der Polen,
sehr laut und sichtbar. Zuweilen kam es zu
beunruhigenden Auftritten zwischen den Par-
teyen, zuweilen wurden Personen, die sich

Seitengebaͤude des Pallaſtes, wo ſich ein
Schweitzerbaͤcker niedergelaſſen hat.

Dieſer Garten war, waͤhrend des Revolu-
tionsreichstages, bey ſchoͤnem Wetter, vorzuͤg-
lich glaͤnzend, und man fand dort zu gewiſſen
Stunden Alles beyſammen, was damals Ho-
hes, Reiches, Schoͤnes und Politiſch-bedeu-
tendes in den Mauern von Warſchau ſich be-
fand. Jch erinnere mich keines Punktes in
irgend einer andern großen Stadt, die ich ge-
ſehen habe, der ſolche zahlreiche Gruppen von
Menſchen beyderley Geſchlechts, die ſich durch
irgend etwas auszeichneten, umfaßt haͤtte.
Dazu war alles gewoͤhnlich in einer rauſchen-
den Bewegung. Vaterlandsliebe und Egois-
mus waren damals hier in gleich-ſtarker Thaͤ-
tigkeit, Liebe und Galanterie, Zufriedenheit
und Mißvergnuͤgen aͤußerten ſich unverholen
und, bey dem lebhaften Weſen der Polen,
ſehr laut und ſichtbar. Zuweilen kam es zu
beunruhigenden Auftritten zwiſchen den Par-
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[78/0088] Seitengebaͤude des Pallaſtes, wo ſich ein Schweitzerbaͤcker niedergelaſſen hat. Dieſer Garten war, waͤhrend des Revolu- tionsreichstages, bey ſchoͤnem Wetter, vorzuͤg- lich glaͤnzend, und man fand dort zu gewiſſen Stunden Alles beyſammen, was damals Ho- hes, Reiches, Schoͤnes und Politiſch-bedeu- tendes in den Mauern von Warſchau ſich be- fand. Jch erinnere mich keines Punktes in irgend einer andern großen Stadt, die ich ge- ſehen habe, der ſolche zahlreiche Gruppen von Menſchen beyderley Geſchlechts, die ſich durch irgend etwas auszeichneten, umfaßt haͤtte. Dazu war alles gewoͤhnlich in einer rauſchen- den Bewegung. Vaterlandsliebe und Egois- mus waren damals hier in gleich-ſtarker Thaͤ- tigkeit, Liebe und Galanterie, Zufriedenheit und Mißvergnuͤgen aͤußerten ſich unverholen und, bey dem lebhaften Weſen der Polen, ſehr laut und ſichtbar. Zuweilen kam es zu beunruhigenden Auftritten zwiſchen den Par- teyen, zuweilen wurden Perſonen, die ſich

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/88>, abgerufen am 22.11.2024.