Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.Solche Beweise von Treue geben indessen Solche Beweiſe von Treue geben indeſſen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0067" n="57"/> <p>Solche Beweiſe von Treue geben indeſſen<lb/> der Unterhaltende und die Unterhaltene ſelten.<lb/> Jener behandelt dieſe als ein Eigenthum ohne<lb/> freyen Willen, und ſie behandelt ihn als einen<lb/> Herrn, dem ſie zwar Dank ſchuldig iſt, und<lb/> der gewiſſe Gefaͤlligkeiten von ihr verlangen<lb/> kann, dem ſie aber ihr Jch nicht verkauft ha-<lb/> ben will. Wenn er Anhaͤnglichkeit fuͤr ſie<lb/> fuͤhlt, ſo iſt es bey den Anwandlungen des<lb/> Naturtriebes oder der Eiferſucht, bey dem Ge-<lb/> nuſſe, den ihr Beſitz ſeiner Eitelkeit verſchaft,<lb/> oder bey dem Gedanken an das, was ſie ihm<lb/> koſtet; uͤbrigens glaubt er ſich ihrentwegen nicht<lb/> binden zu muͤſſen; und ſie, ihm nur in ſo<lb/> fern ergeben, als er ihre Beduͤrfniſſe, ihre<lb/> Launen, und ihr Begehr befriedigt, als er ſie<lb/> ſchaͤtzt und ihr ausſchließend Beweiſe ſeiner<lb/> Neigung darbringt, glaubt, ſobald ſie dieſe<lb/> Dinge vermißt, ihm auch keinen Dank weiter<lb/> ſchuldig zu ſeyn. Aus dieſem Verhaͤltniſſe<lb/> fließt das Benehmen beyder gegen einander.<lb/> Eins traut dem andern nie. Er giebt, um<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [57/0067]
Solche Beweiſe von Treue geben indeſſen
der Unterhaltende und die Unterhaltene ſelten.
Jener behandelt dieſe als ein Eigenthum ohne
freyen Willen, und ſie behandelt ihn als einen
Herrn, dem ſie zwar Dank ſchuldig iſt, und
der gewiſſe Gefaͤlligkeiten von ihr verlangen
kann, dem ſie aber ihr Jch nicht verkauft ha-
ben will. Wenn er Anhaͤnglichkeit fuͤr ſie
fuͤhlt, ſo iſt es bey den Anwandlungen des
Naturtriebes oder der Eiferſucht, bey dem Ge-
nuſſe, den ihr Beſitz ſeiner Eitelkeit verſchaft,
oder bey dem Gedanken an das, was ſie ihm
koſtet; uͤbrigens glaubt er ſich ihrentwegen nicht
binden zu muͤſſen; und ſie, ihm nur in ſo
fern ergeben, als er ihre Beduͤrfniſſe, ihre
Launen, und ihr Begehr befriedigt, als er ſie
ſchaͤtzt und ihr ausſchließend Beweiſe ſeiner
Neigung darbringt, glaubt, ſobald ſie dieſe
Dinge vermißt, ihm auch keinen Dank weiter
ſchuldig zu ſeyn. Aus dieſem Verhaͤltniſſe
fließt das Benehmen beyder gegen einander.
Eins traut dem andern nie. Er giebt, um
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