Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.stände und ihre Verhältnisse zu den übrigen ſtaͤnde und ihre Verhaͤltniſſe zu den uͤbrigen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0201" n="191"/> ſtaͤnde und ihre Verhaͤltniſſe zu den uͤbrigen<lb/> verlangen. Liebe, Treue, wechſelſeitige Auf-<lb/> opferungen ihrer Liebhabereyen und Launen,<lb/> haͤusliches Leben und Sorge fuͤr die Erziehung<lb/> ihrer Kinder, ſind Dinge, die ſie kaum ah-<lb/> nen, vielweniger als Hauptpflichten des eheli-<lb/> chen Bundes ausuͤben. Hierin liegt der Grund,<lb/> daß Eiferſucht in Polen ſo ſelten iſt. Wer wird<lb/> eiferſuͤchtig auf einen Mann ſeyn, den man nicht<lb/> liebt, von dem man nie geliebt wurde? Wer<lb/> wird es auf eine Frau unter aͤhnlichen Umſtaͤn-<lb/> den ſeyn? Wer wird, wenn er wirklich eifer-<lb/> ſuͤchtig iſt, es lange ſeyn, da er taͤglich Gele-<lb/> genheit findet, ſeinerſeits eiferſuͤchtig zu ma-<lb/> chen. Da aber zuweilen den Gemal nicht ſein<lb/> Herz, ſondern ſeine Ehre dringt, nicht etwa<lb/> eiferſuͤchtig, ſondern buͤrgerlich beleidigt zu ſeyn<lb/> und ſeine Gemalin dem gemaͤß zu behandeln,<lb/> ſo braucht dieſe nur die Kunſt der Decenz<lb/> oder des bewahrten Scheins zu verſtehen, um<lb/> ſich gegen alle Verdrießlichkeiten von Seiten<lb/> ihres Gemals voͤllig ſicher zu ſtellen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [191/0201]
ſtaͤnde und ihre Verhaͤltniſſe zu den uͤbrigen
verlangen. Liebe, Treue, wechſelſeitige Auf-
opferungen ihrer Liebhabereyen und Launen,
haͤusliches Leben und Sorge fuͤr die Erziehung
ihrer Kinder, ſind Dinge, die ſie kaum ah-
nen, vielweniger als Hauptpflichten des eheli-
chen Bundes ausuͤben. Hierin liegt der Grund,
daß Eiferſucht in Polen ſo ſelten iſt. Wer wird
eiferſuͤchtig auf einen Mann ſeyn, den man nicht
liebt, von dem man nie geliebt wurde? Wer
wird es auf eine Frau unter aͤhnlichen Umſtaͤn-
den ſeyn? Wer wird, wenn er wirklich eifer-
ſuͤchtig iſt, es lange ſeyn, da er taͤglich Gele-
genheit findet, ſeinerſeits eiferſuͤchtig zu ma-
chen. Da aber zuweilen den Gemal nicht ſein
Herz, ſondern ſeine Ehre dringt, nicht etwa
eiferſuͤchtig, ſondern buͤrgerlich beleidigt zu ſeyn
und ſeine Gemalin dem gemaͤß zu behandeln,
ſo braucht dieſe nur die Kunſt der Decenz
oder des bewahrten Scheins zu verſtehen, um
ſich gegen alle Verdrießlichkeiten von Seiten
ihres Gemals voͤllig ſicher zu ſtellen.
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