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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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sen eine schmeichelhafte Stelle für ihren Kö-
nig, und die neuern die erste republikanische
Tirade hat berasen hören.

Die vornehmen Polen und Polinnen haben
selbst eine trefliche Anlage zur Schauspielkunst,
die sie von jeher auf gesellschaftlichen Bühnen
mit Glück zeigten und ausbildeten. Doch wa-
ren letztere ehedem mehr Mode, als jetzt, und
man fand in vielen Pallästen in Warschau
kleine, gut eingerichtete Theater, auf welchen
theils freundschaftliche Cirkel, theils Familien
unter einander, Schauspiele und Operetten,
meist französische, gaben. Während meines
ersten Aufenthalts in Warschau, sah ich nur
Eine Vorstellung dieser Art bey dem Grafen
Thomatis. Die Schauspieler und Schauspie-
lerinnen waren in allen Stücken schon der
Neid und das Muster der feinen Welt, und
wurden es auch in diesem. Was man an Leich-
tigkeit, Anstand und Feinheit in der Darstel-
lung, an Geschmack in der Kleidung, und an
Reinheit und Richtigkeit in der Aussprache

ſen eine ſchmeichelhafte Stelle fuͤr ihren Koͤ-
nig, und die neuern die erſte republikaniſche
Tirade hat beraſen hoͤren.

Die vornehmen Polen und Polinnen haben
ſelbſt eine trefliche Anlage zur Schauſpielkunſt,
die ſie von jeher auf geſellſchaftlichen Buͤhnen
mit Gluͤck zeigten und ausbildeten. Doch wa-
ren letztere ehedem mehr Mode, als jetzt, und
man fand in vielen Pallaͤſten in Warſchau
kleine, gut eingerichtete Theater, auf welchen
theils freundſchaftliche Cirkel, theils Familien
unter einander, Schauſpiele und Operetten,
meiſt franzoͤſiſche, gaben. Waͤhrend meines
erſten Aufenthalts in Warſchau, ſah ich nur
Eine Vorſtellung dieſer Art bey dem Grafen
Thomatis. Die Schauſpieler und Schauſpie-
lerinnen waren in allen Stuͤcken ſchon der
Neid und das Muſter der feinen Welt, und
wurden es auch in dieſem. Was man an Leich-
tigkeit, Anſtand und Feinheit in der Darſtel-
lung, an Geſchmack in der Kleidung, und an
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[7/0017] ſen eine ſchmeichelhafte Stelle fuͤr ihren Koͤ- nig, und die neuern die erſte republikaniſche Tirade hat beraſen hoͤren. Die vornehmen Polen und Polinnen haben ſelbſt eine trefliche Anlage zur Schauſpielkunſt, die ſie von jeher auf geſellſchaftlichen Buͤhnen mit Gluͤck zeigten und ausbildeten. Doch wa- ren letztere ehedem mehr Mode, als jetzt, und man fand in vielen Pallaͤſten in Warſchau kleine, gut eingerichtete Theater, auf welchen theils freundſchaftliche Cirkel, theils Familien unter einander, Schauſpiele und Operetten, meiſt franzoͤſiſche, gaben. Waͤhrend meines erſten Aufenthalts in Warſchau, ſah ich nur Eine Vorſtellung dieſer Art bey dem Grafen Thomatis. Die Schauſpieler und Schauſpie- lerinnen waren in allen Stuͤcken ſchon der Neid und das Muſter der feinen Welt, und wurden es auch in dieſem. Was man an Leich- tigkeit, Anſtand und Feinheit in der Darſtel- lung, an Geſchmack in der Kleidung, und an Reinheit und Richtigkeit in der Ausſprache

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/17>, abgerufen am 28.03.2024.