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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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Degengefäßen und Schnallen, mehr wie be-
täubt und trunken, als frey und heiter, von
Loge zu Loge trippelten und sich tiefer bückten
und noch lauter und wortreicher waren, als
sonst: diese Erscheinung zeigte, daß die Feen
in den Logen mit ihrem Einfluß auf das Par-
terre zufrieden seyn konnten und daß ihr Zweck
erreicht war, wenn sie sich, und nicht das
Schauspiel und die Schauspieler, zur Haupt-
sache in dem von Menschen starrenden Hause
machen wollten. Kam dann eine politisch-an-
wendbare Stelle im Stücke vor, und eine die-
ser Zauberinnen streckte ein paar runde Hände
über den Rand der Loge heraus und schlug
sie sanft-patschend zusammen: so war die pa-
triotische Trunkenheit, die durch jene -- Stelle
erweckt wurde, vollends allgemein und stür-
mend, und tausend Hände fuhren wild und
hohl zusammen, während eben so viele Stim-
men "bravo" und "fora" mehr brüllten, als
riefen. Es gab ein Geräusch, das sich nur
derjenige denken kann, der die ältern Franzo-

Degengefaͤßen und Schnallen, mehr wie be-
taͤubt und trunken, als frey und heiter, von
Loge zu Loge trippelten und ſich tiefer buͤckten
und noch lauter und wortreicher waren, als
ſonſt: dieſe Erſcheinung zeigte, daß die Feen
in den Logen mit ihrem Einfluß auf das Par-
terre zufrieden ſeyn konnten und daß ihr Zweck
erreicht war, wenn ſie ſich, und nicht das
Schauſpiel und die Schauſpieler, zur Haupt-
ſache in dem von Menſchen ſtarrenden Hauſe
machen wollten. Kam dann eine politiſch-an-
wendbare Stelle im Stuͤcke vor, und eine die-
ſer Zauberinnen ſtreckte ein paar runde Haͤnde
uͤber den Rand der Loge heraus und ſchlug
ſie ſanft-patſchend zuſammen: ſo war die pa-
triotiſche Trunkenheit, die durch jene — Stelle
erweckt wurde, vollends allgemein und ſtuͤr-
mend, und tauſend Haͤnde fuhren wild und
hohl zuſammen, waͤhrend eben ſo viele Stim-
men „bravo“ und „fora“ mehr bruͤllten, als
riefen. Es gab ein Geraͤuſch, das ſich nur
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[6/0016] Degengefaͤßen und Schnallen, mehr wie be- taͤubt und trunken, als frey und heiter, von Loge zu Loge trippelten und ſich tiefer buͤckten und noch lauter und wortreicher waren, als ſonſt: dieſe Erſcheinung zeigte, daß die Feen in den Logen mit ihrem Einfluß auf das Par- terre zufrieden ſeyn konnten und daß ihr Zweck erreicht war, wenn ſie ſich, und nicht das Schauſpiel und die Schauſpieler, zur Haupt- ſache in dem von Menſchen ſtarrenden Hauſe machen wollten. Kam dann eine politiſch-an- wendbare Stelle im Stuͤcke vor, und eine die- ſer Zauberinnen ſtreckte ein paar runde Haͤnde uͤber den Rand der Loge heraus und ſchlug ſie ſanft-patſchend zuſammen: ſo war die pa- triotiſche Trunkenheit, die durch jene — Stelle erweckt wurde, vollends allgemein und ſtuͤr- mend, und tauſend Haͤnde fuhren wild und hohl zuſammen, waͤhrend eben ſo viele Stim- men „bravo“ und „fora“ mehr bruͤllten, als riefen. Es gab ein Geraͤuſch, das ſich nur derjenige denken kann, der die aͤltern Franzo-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/16>, abgerufen am 24.04.2024.