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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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Da auf diesen Landtagen mehr als Eine
Partey ihre Plane hat und durchzutreiben
sucht, so ist die Vertreterschaft der Nation,
schon in dem ersten Augenblick ihrer Bildung,
zerstückelt, und sie bleibt es gewöhnlich bis zum
letzten ihrer Wirksamkeit. Ehedem gingen die
Landtage selten ohne gewaltthätige, auch wohl
blutige, Auftritte ab. An mehr als einem
wurden Edelleute zu Schanden gehauen, oder
mit Schlägen gemißhandelt, oder duuch Ueber-
macht aus demselben verstoßen; an mehr als
einem hielten zwey Parteyen einander das
Gleichgewicht, wählten beyde ihre eigenen Bo-
ten, und jede erklärte die ihrigen für die recht-
mäßig gewählten, bis etwa eine stärkere Hand
für noch andere entschied. Das Geräusch, die
Erbitterung und thätliche Heftigkeit, die solche
Spaltungen verursachten, waren um so stür-
mischer, da die Theilnehmer gewöhnlich noch
durch starke Getränke außer sich gesetzt waren,
die bey den übrigen Mitteln, welche man zur
Ausführung gewisser Plane anwandte, unnach-

Da auf dieſen Landtagen mehr als Eine
Partey ihre Plane hat und durchzutreiben
ſucht, ſo iſt die Vertreterſchaft der Nation,
ſchon in dem erſten Augenblick ihrer Bildung,
zerſtuͤckelt, und ſie bleibt es gewoͤhnlich bis zum
letzten ihrer Wirkſamkeit. Ehedem gingen die
Landtage ſelten ohne gewaltthaͤtige, auch wohl
blutige, Auftritte ab. An mehr als einem
wurden Edelleute zu Schanden gehauen, oder
mit Schlaͤgen gemißhandelt, oder duuch Ueber-
macht aus demſelben verſtoßen; an mehr als
einem hielten zwey Parteyen einander das
Gleichgewicht, waͤhlten beyde ihre eigenen Bo-
ten, und jede erklaͤrte die ihrigen fuͤr die recht-
maͤßig gewaͤhlten, bis etwa eine ſtaͤrkere Hand
fuͤr noch andere entſchied. Das Geraͤuſch, die
Erbitterung und thaͤtliche Heftigkeit, die ſolche
Spaltungen verurſachten, waren um ſo ſtuͤr-
miſcher, da die Theilnehmer gewoͤhnlich noch
durch ſtarke Getraͤnke außer ſich geſetzt waren,
die bey den uͤbrigen Mitteln, welche man zur
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[135/0145] Da auf dieſen Landtagen mehr als Eine Partey ihre Plane hat und durchzutreiben ſucht, ſo iſt die Vertreterſchaft der Nation, ſchon in dem erſten Augenblick ihrer Bildung, zerſtuͤckelt, und ſie bleibt es gewoͤhnlich bis zum letzten ihrer Wirkſamkeit. Ehedem gingen die Landtage ſelten ohne gewaltthaͤtige, auch wohl blutige, Auftritte ab. An mehr als einem wurden Edelleute zu Schanden gehauen, oder mit Schlaͤgen gemißhandelt, oder duuch Ueber- macht aus demſelben verſtoßen; an mehr als einem hielten zwey Parteyen einander das Gleichgewicht, waͤhlten beyde ihre eigenen Bo- ten, und jede erklaͤrte die ihrigen fuͤr die recht- maͤßig gewaͤhlten, bis etwa eine ſtaͤrkere Hand fuͤr noch andere entſchied. Das Geraͤuſch, die Erbitterung und thaͤtliche Heftigkeit, die ſolche Spaltungen verurſachten, waren um ſo ſtuͤr- miſcher, da die Theilnehmer gewoͤhnlich noch durch ſtarke Getraͤnke außer ſich geſetzt waren, die bey den uͤbrigen Mitteln, welche man zur Ausfuͤhrung gewiſſer Plane anwandte, unnach-

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/145>, abgerufen am 22.11.2024.