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Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795.

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läßlich in Fülle zur Hand seyn mußten. So
schäumte denn die Vaterlandsliebe in großen
Deckelgläsern, wie sie in Dukaten glänzte und
wie sie in dem Blute eines Mitbürgers an ei-
nem Säbel herabfloß. Polen von Gefühl er-
innern sich selbst mit Schmerz solcher Auftritte,
die bis in die neuesten Zeiten herauf dauerten,
und nur erst bey der Berufung des Revolu-
tions Reichstages, bey dessen Verlängerung
und Verdoppelung im December 1790 und bey
der Bestätigung der neuen Konstitution im Fe-
bruar 1792, nicht mehr vorfielen. Ein pa-
triotischer Pole versicherte mit bey der letztern
Gelegenheit, daß nur zwey Landtage sich
noch betrunken und sich Heftigkeiten überlassen
hätten. Diese nicht ganz ernsthaft klingende
Aeußerung zeugte allerdings von einer Eintracht,
die den Muth der Mehrheit, die damals am
Reichstage herrschte, stärken mußte. Jndessen
ist es auch gewiß, daß sie von Warschau aus,
in alle die Bezirke, die sie nicht ganz für sicher
hielt, Abgeordnete gesandt hatte, die ihr erge

laͤßlich in Fuͤlle zur Hand ſeyn mußten. So
ſchaͤumte denn die Vaterlandsliebe in großen
Deckelglaͤſern, wie ſie in Dukaten glaͤnzte und
wie ſie in dem Blute eines Mitbuͤrgers an ei-
nem Saͤbel herabfloß. Polen von Gefuͤhl er-
innern ſich ſelbſt mit Schmerz ſolcher Auftritte,
die bis in die neueſten Zeiten herauf dauerten,
und nur erſt bey der Berufung des Revolu-
tions Reichstages, bey deſſen Verlaͤngerung
und Verdoppelung im December 1790 und bey
der Beſtaͤtigung der neuen Konſtitution im Fe-
bruar 1792, nicht mehr vorfielen. Ein pa-
triotiſcher Pole verſicherte mit bey der letztern
Gelegenheit, daß nur zwey Landtage ſich
noch betrunken und ſich Heftigkeiten uͤberlaſſen
haͤtten. Dieſe nicht ganz ernſthaft klingende
Aeußerung zeugte allerdings von einer Eintracht,
die den Muth der Mehrheit, die damals am
Reichstage herrſchte, ſtaͤrken mußte. Jndeſſen
iſt es auch gewiß, daß ſie von Warſchau aus,
in alle die Bezirke, die ſie nicht ganz fuͤr ſicher
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[136/0146] laͤßlich in Fuͤlle zur Hand ſeyn mußten. So ſchaͤumte denn die Vaterlandsliebe in großen Deckelglaͤſern, wie ſie in Dukaten glaͤnzte und wie ſie in dem Blute eines Mitbuͤrgers an ei- nem Saͤbel herabfloß. Polen von Gefuͤhl er- innern ſich ſelbſt mit Schmerz ſolcher Auftritte, die bis in die neueſten Zeiten herauf dauerten, und nur erſt bey der Berufung des Revolu- tions Reichstages, bey deſſen Verlaͤngerung und Verdoppelung im December 1790 und bey der Beſtaͤtigung der neuen Konſtitution im Fe- bruar 1792, nicht mehr vorfielen. Ein pa- triotiſcher Pole verſicherte mit bey der letztern Gelegenheit, daß nur zwey Landtage ſich noch betrunken und ſich Heftigkeiten uͤberlaſſen haͤtten. Dieſe nicht ganz ernſthaft klingende Aeußerung zeugte allerdings von einer Eintracht, die den Muth der Mehrheit, die damals am Reichstage herrſchte, ſtaͤrken mußte. Jndeſſen iſt es auch gewiß, daß ſie von Warſchau aus, in alle die Bezirke, die ſie nicht ganz fuͤr ſicher hielt, Abgeordnete geſandt hatte, die ihr erge

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Zitationshilfe: Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 2, [H. 3]. Berlin, 1795, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0201_1795/146>, abgerufen am 25.11.2024.