Die eigentlichste Bestimmung der Woi- woden, die ihr Name anzeigt, ist, bei einem allgemeinen Aufsitze, den Adel ihrer Woiwod- schaft anzuführen; da aber solche Aufsitze in neuern Zeiten nicht mehr üblich und -- mög- lich sind, so ist auch der Name Woiwode nichts, als ein Titel, um welchen sich aber der polnische Adel so angelegentlich drängt, als ob noch die Gelegenheit, Thaten zu thun, damit verbunden wäre.
Auf die Woiwoden folgen die Kastel- lane. Sie haben ihren Namen von dem Worte Castellum, welches von festen Schlös- sern, allerley befestigten Oertern, auch von Lagern gebraucht wurde. Die Befehlshaber solcher Plätze nannte man also Kastellane, und sie waren nicht bloß den Kastellen, son- dern auch einem gewissen Bezirke vorgesetzt, der dazu gehörte und der die Benennung Ka- stellaney trug. Aus ältern Geschichtschreibern erhellt, daß Polen vormals in solche Kastel- laneyen eingetheilt war; jetzt aber wird dieses
Die eigentlichſte Beſtimmung der Woi- woden, die ihr Name anzeigt, iſt, bei einem allgemeinen Aufſitze, den Adel ihrer Woiwod- ſchaft anzufuͤhren; da aber ſolche Aufſitze in neuern Zeiten nicht mehr uͤblich und — moͤg- lich ſind, ſo iſt auch der Name Woiwode nichts, als ein Titel, um welchen ſich aber der polniſche Adel ſo angelegentlich draͤngt, als ob noch die Gelegenheit, Thaten zu thun, damit verbunden waͤre.
Auf die Woiwoden folgen die Kaſtel- lane. Sie haben ihren Namen von dem Worte Castellum, welches von feſten Schloͤſ- ſern, allerley befeſtigten Oertern, auch von Lagern gebraucht wurde. Die Befehlshaber ſolcher Plaͤtze nannte man alſo Kaſtellane, und ſie waren nicht bloß den Kaſtellen, ſon- dern auch einem gewiſſen Bezirke vorgeſetzt, der dazu gehoͤrte und der die Benennung Ka- ſtellaney trug. Aus aͤltern Geſchichtſchreibern erhellt, daß Polen vormals in ſolche Kaſtel- laneyen eingetheilt war; jetzt aber wird dieſes
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0055"n="45"/><p>Die eigentlichſte Beſtimmung der Woi-<lb/>
woden, die ihr Name anzeigt, iſt, bei einem<lb/>
allgemeinen Aufſitze, den Adel ihrer Woiwod-<lb/>ſchaft anzufuͤhren; da aber ſolche Aufſitze in<lb/>
neuern Zeiten nicht mehr uͤblich und — moͤg-<lb/>
lich ſind, ſo iſt auch der Name Woiwode<lb/>
nichts, als ein Titel, um welchen ſich aber<lb/>
der polniſche Adel ſo angelegentlich draͤngt,<lb/>
als ob noch die Gelegenheit, Thaten zu thun,<lb/>
damit verbunden waͤre.</p><lb/><p>Auf die Woiwoden folgen die <hirendition="#g">Kaſtel-<lb/>
lane</hi>. Sie haben ihren Namen von dem<lb/>
Worte <hirendition="#aq">Castellum</hi>, welches von feſten Schloͤſ-<lb/>ſern, allerley befeſtigten Oertern, auch von<lb/>
Lagern gebraucht wurde. Die Befehlshaber<lb/>ſolcher Plaͤtze nannte man alſo Kaſtellane,<lb/>
und ſie waren nicht bloß den Kaſtellen, ſon-<lb/>
dern auch einem gewiſſen Bezirke vorgeſetzt,<lb/>
der dazu gehoͤrte und der die Benennung Ka-<lb/>ſtellaney trug. Aus aͤltern Geſchichtſchreibern<lb/>
erhellt, daß Polen vormals in ſolche Kaſtel-<lb/>
laneyen eingetheilt war; jetzt aber wird dieſes<lb/></p></div></body></text></TEI>
[45/0055]
Die eigentlichſte Beſtimmung der Woi-
woden, die ihr Name anzeigt, iſt, bei einem
allgemeinen Aufſitze, den Adel ihrer Woiwod-
ſchaft anzufuͤhren; da aber ſolche Aufſitze in
neuern Zeiten nicht mehr uͤblich und — moͤg-
lich ſind, ſo iſt auch der Name Woiwode
nichts, als ein Titel, um welchen ſich aber
der polniſche Adel ſo angelegentlich draͤngt,
als ob noch die Gelegenheit, Thaten zu thun,
damit verbunden waͤre.
Auf die Woiwoden folgen die Kaſtel-
lane. Sie haben ihren Namen von dem
Worte Castellum, welches von feſten Schloͤſ-
ſern, allerley befeſtigten Oertern, auch von
Lagern gebraucht wurde. Die Befehlshaber
ſolcher Plaͤtze nannte man alſo Kaſtellane,
und ſie waren nicht bloß den Kaſtellen, ſon-
dern auch einem gewiſſen Bezirke vorgeſetzt,
der dazu gehoͤrte und der die Benennung Ka-
ſtellaney trug. Aus aͤltern Geſchichtſchreibern
erhellt, daß Polen vormals in ſolche Kaſtel-
laneyen eingetheilt war; jetzt aber wird dieſes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schulz, Friedrich: Reise eines Liefländers. Bd. 1, H. 2. Berlin, 1795, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schulz_reise0102_1795/55>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.